Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Niedersachsen klar Logo

Antwort auf die mündliche Anfrage: Ist der Erlass zur Stallmistlagerung kontraproduktiv für den Wasserschutz?

Antwort auf die mündliche Anfrage: Ist der Erlass zur Stallmistlagerung kontraproduktiv für den Wasserschutz?


Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage des Abgeordneten Hans-Heinrich Ehlen (CDU) geantwortet.

Vorbemerkung des Abgeordneten

Das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz hat gemeinsam mit dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Anforderungen an die Zwischenlagerung von Stallmist und Geflügelkot auf landwirtschaftlich genutzten Flächen neu geregelt. Der Erlass ist mit Wirkung vom 30. September 2015 in Kraft getreten. Es wird darin klargestellt, dass die Zwischenlagerung von Stallmist und Geflügelkot mit Trockensubstanzgehalten von mindestens 25 % auf landwirtschaftlich genutzten Flächen für eine Dauer von maximal sechs Monaten begrenzt ist. Sie darf nur die Menge umfassen, die bedarfsgerecht auf der Fläche der Lagerung und auf Flächen in unmittelbarer Nähe zur Zwischenlagerstätte aufgebracht werden soll. Eine Zwischenlagerung von sonstigen festen organischen Düngemitteln - darunter fällt z. B. separierter oder getrockneter Gärrest - ist nicht mehr zulässig.

Für einige Betriebe in Niedersachsen war es bisher gängige Praxis, ihren getrockneten und damit transportwürdigen Gärrest aus viehstarken Regionen in die niedersächsischen Ackerbaugebiete zu transportieren und dort als Rückfracht Getreide zu laden. So ergab sich eine wirtschaftlich tragfähige Möglichkeit zur Entzerrung von Nährstoffkreisläufen. Voraussetzung war aber, dass die aufnehmenden Betriebe den Gärrest bis zur Ausbringung auf den Ackerflächen lagern konnten.

Nach Ansicht von Experten ist nicht erkennbar, welche Unterschiede bezüglich einer Wassergefährdung zwischen getrockneten Gärresten mit einem Trockensubstanzgehalt von mindestens 25 % und Stallmist oder Geflügelkot mit Trockensubstanzgehalten von mindestens 25 % bestehen.

Vorbemerkung der Landesregierung

Niedersachsen liegt mit durchschnittlich 1,2 Großvieheinheiten je ha deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 0,8 GVE/ha und erreicht regional mehr als 3 GVE/ha. Hinzu kommen mehr als 1500 Biogasanlagen. Der Nährstoffbericht der Landwirtschaftskammer weist einen Überschuss für Stickstoff in Höhe von 67.000 Tonnen Stickstoff aus, der über dem Pflanzenbedarf gedüngt wird. Die ordnungsrechtliche Vorgabe, die Düngung so vorzunehmen, dass ein Gleichgewicht zwischen dem voraussichtlichen Nährstoffbedarf und der Nährstoffversorgung gewährleistet ist, wird damit nicht eingehalten.

Von 90 Grundwasserkörpern mussten nach Wasserrahmenrichtlinie 42 als „im schlechten Zustand“ eingestuft werden. An 86 % der Fließgewässermessstellen wird der aus Sicht des Meeresschutzes einzuhaltende Grenzwert von 2,8 mg Gesamtstickstoff pro Liter überschritten. Selbst in Trinkwassergewinnungsgebieten weisen noch immer 33% der Erfolgskontrollmessstellen Nitratgehalte größer 50 mg Nitrat pro Liter auf. Der Handlungsbedarf in Bezug auf die Verringerung von Nitrateinträgen aus landwirtschaftlichen Quellen ist nach wie vor sehr hoch.

Um die Stickstoffeffizienz zu erhöhen und Mineraldünger einsparen zu können, sind neben einer besseren Verteilung der Wirtschaftsdünger auch höhere Lagerkapazitäten für eine mengenmäßig und zeitlich an den Pflanzenbedarf angepasste Düngung erforderlich. Dieses ist eine zwingend erforderliche Grundmaßnahme zu Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie. Die europäische Kommission zeigt sich in einer Pilotanfrage als erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens besorgt, dass Deutschland den Belastungen durch diffuse Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft nicht in gebotenem Maße Rechnung trägt und sich insofern den Verpflichtungen der Wasserrahmenrichtlinie entzieht.

  1. Welche unterschiedlichen Wassergefährdungen bestehen zwischen getrockneten Gärresten mit Trockensubstanzgehalten von mindestens 25 % und Stallmist oder Geflügelkot mit Trockensubstanzgehalten von mindestens 25 %?

Stallmist, Hühnertrockenkot wie auch getrocknete Gärreste sind in ihrer Nährstoffzusammensetzung, Struktur und Beschaffenheit keine einheitlichen Substrate. Sie sind als allgemein wassergefährdende Stoffe eingestuft und dürfen grundsätzlich nur so gelagert werden, dass eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist.

Untersuchungen der Universität Hohenheim gehen für separierte Feststoffe der Gärreste von einem durchschnittlichen Gesamtstickstoffgehalt von 6,5 kg N je Tonne aus bei einem Anteil von 40 % Ammonium-Stickstoff, andere Quellen (Leitfaden Biogasforum Bayern) nennen sogar 50%. Zudem werden bei separierten Gärresten i.d.R. sehr hohe pH-Werte festgestellt, die bereits im Lager das Risiko gasförmiger Stickstoffverluste erheblich erhöhen. Daher besteht das fachliche Erfordernis einer zeitnahen Ausbringung nach der Separierung, um erhebliche gasförmige Stickstoffverluste während der Lagerung zu vermindern, die nicht nur eine Beeinträchtigung der Luftqualität verursachen, sondern über Deposition auch Boden, Wasser und Organismen schädigen.

Aus diesen Gründen konnte der Erlass nicht über die bisher für eine Zwischenlagerung auf landwirtschaftlichen Flächen zugelassenen Wirtschaftsdünger hinausgehend, weitere Substrate zulassen, die die Gefahr zusätzlicher punktueller Grundwasserbelastungen bzw. diffuser Belastungen der Oberflächengewässer besorgen lassen.

2. Wie begründet die Landesregierung den Ausschluss von festen organischen Düngemitteln für die Zwischenlagerung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen?

Bei festen organischen Düngemitteln handelt es sich nicht um eine einheitliche Stoffgruppe mit definierter Qualität. Je nach Tierart, Produktionsrichtung, Fütterungsverfahren bzw. Inputstoffen und Aufbereitungsverfahren sind feste organische Düngemittel sehr heterogen hinsichtlich ihrer Qualität (Nährstoffgehalte, Struktur, Trockensubstanzgehalte, pH-Wert etc.).

Als allgemein wassergefährdende Stoffe dürfen sie grundsätzlich nur in dafür geeigneten Anlagen gelagert werden.

Landwirtschaftliche tierhaltende Betriebe, in denen Stallmist oder Geflügelkot anfällt, sind diesbezüglich insofern privilegiert, als dass eine Zwischenlagerung auf landwirtschaftlichen Nutzflächen für eine begrenzte Zeit und unter definierten fachlichen Randbedingungen zulässig ist.

Seit 1999 gibt es in Niedersachsen den Gem. RdErl. D. MU u.d. ML über „Anforderungen an die Zwischenlagerung von Stallmist und Geflügelkot“. Grundsätzlich ist die Zwischenlagerung von Wirtschaftsdüngern auf landwirtschaftlichen Nutzflächen keine Alternative zur ortsfesten Lagerung und entbindet nicht von der Verpflichtung, wasserundurchlässige befestigte Lageranlagen mit entsprechender Kapazität gemäß geltenden Vorschriften zu errichten.

Diese grundlegenden Anforderungen zum Schutz des Grundwassers und oberirdischen Gewässer ergeben sich aus dem allgemeinen Wasserrecht (§ 48 Abs. 2 sowie § 32 Abs. 2 WHG). Ein wasserrechtlich zulässiger Umgang mit diesen Stoffen darf deshalb grundsätzlich nur im Rahmen von geeigneten Anlagen erfolgen. Die konkreten Anforderungen an solche Anlagen ergeben sich aus der geltenden Anlagenverordnung (VAwS).

Anlagen zur Lagerung von festen Gärresten müssen über eine flüssigkeitsundurchlässige Lagerfläche verfügen. Insofern wäre es aus Gründen des Wasserschutzes kontraproduktiv, eine Ausweitung der Zwischenlagerung auf dem Feld für weitere als die im Erlass genannten Wirtschaftsdünger zuzulassen.

3. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass das Verbot einer Zwischenlagerung von festen organischen Düngemitteln nicht dazu führt, dass sinnvolle Aktivitäten zur gleichmäßigen Verteilung von Nährstoffen innerhalb Niedersachsens, wie sie bisher im oben geschilderten Fall stattfanden, künftig eingestellt werden und damit eine nachteilige Wirkung auf den Wasserschutz entsteht?

Eine Bereitstellung sonstiger organischer Düngemittel ist weiterhin möglich, wobei organisatorische und logistische Erfordernisse zu berücksichtigen sind, etwa bei Aufbringung großer Mengen zu geplanten Terminen, was eine Anlieferung und kurzzeitige Lagerung der Materialien auf dem Feld bedingt.

Wie eingangs ausgeführt, gibt es in Niedersachsen laut Nährstoffbericht nicht nur ein Verteilungs-, sondern auch ein Überschussproblem bezüglich Stickstoff. Wenn Nährstoffe aus Überschussregionen in sogenannte Bedarfsregionen exportiert werden sollen, ist dies nur unter bestimmten Rahmenbedingungen zielführend. Um eine bessere Effizienz beim Stickstoffeinsatz zu erreichen, sind z.B. genaue Nährstoffangaben des organischen Düngers erforderlich, um den Mineraldüngereinsatz entsprechend reduzieren zu können. Eine weitere wichtige Voraussetzung für eine mengenmäßig und zeitlich dem Pflanzenbedarf angepasste Düngung sind ausreichende Lagerkapazitäten, die noch nicht bei allen Tierhaltungsbetrieben und Biogasanlagen vorhanden sind. Gleiches gilt auch für die Nährstoff aufnehmenden Betriebe in den sogenannten Bedarfsregionen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
13.11.2015

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln