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Antwort auf die mündliche Anfrage: Wie kann die Belastung des Grundwassers mit Pflanzenschutzmitteln reduziert werden?

Vorbemerkung der Abgeordneten

In 529 der insgesamt 1 180 untersuchten Grundwassermessstellen hat der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) Rückstände von Pflanzenschutzmitteln oder deren Metaboliten festgestellt. Das geht aus dem im Juni 2015 veröffentlichten „Themenbericht Pflanzenschutzmittel - Wirkstoffe und Metabolite im Grundwasser“ hervor, in den Grundwassermessdaten aus den Jahren 1989 bis 2013 eingeflossen sind.

Damit wird das Ziel der Wasserrahmenrichtlinie, bis Ende 2015 einen guten chemischen Zustand aller Grundwasserkörper zu erreichen, auch hinsichtlich der Belastung mit Pflanzenschutzmitteln auf 45 % der Landesfläche nicht erreicht. Das es sich dabei nicht nur um ein Problem der Vergangenheit handelt, beweist die Tatsache, dass sich unter den sechs am häufigsten vorgefundenen Wirkstoffen drei nach wie vor zugelassene Wirkstoffe befinden.

Rund 44 000 t Pflanzenschutzmittelwirkstoffe wurden im Jahre 2013 in Deutschland abgesetzt. Obgleich die Absatzmengen aufgrund der unterschiedlichen Witterungsverläufe von Jahr zu Jahr deutlich schwanken, ist dennoch in den letzten zehn Jahren eine Steigerung des Pflanzenschutzmittelabsatzes erkennbar. Dieses betrifft vor allem die Wirkstoffgruppe der Herbizide und der Fungizide; bei den Insektiziden und Akariziden ist dagegen eine leicht rückläufige Tendenz erkennbar.

Minister Wenzel beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Vorbemerkung der Landesregierung

Mit dem im Juni veröffentlichten „Themenbericht Pflanzenschutzmittel“ des NLWKN liegt jetzt erstmalig für Niedersachsen das Ergebnis der Untersuchung von Grundwasser auf Pflanzenschutzmittelrückstände aus 25 Jahren vor.

Mit der Auswertung der Daten des landeseigenen Grundwassermessnetzes mit fast 1.200 Messstellen wird ein repräsentatives Bild zur Grundwasserqualität Niedersachsens ermöglicht.

Bei den Pflanzenschutzmittelrückständen ist fachlich und rechtlich in Wirkstoffe, relevante Metaboliten und in so genannte „nicht relevante Metaboliten“ (Reste beziehungsweise Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln (PSM), die keine Pestizidwirkung oder Toxizität aufweisen) zu unterscheiden.

So wurden im Betrachtungszeitraum der Jahre 2008 bis 2013 an 135 Messstellen (11 Prozent) Pflanzenschutzmittelwirkstoffe nachgewiesen.50 genannte „Nicht relevante Metaboliten“ wurden an 498 Messstellen (42 Prozent) gefunden.

In zehn der betroffenen Messstellen wurden Wirkstoffe oberhalb der Qualitätsnorm von 0,5 µg/L in der höchsten Jahressumme überschritten. Bei den nicht relevanten Metaboliten sind die Nachweisdichte und die Konzentrationen deutlich höher. Der gesundheitliche Orientierungswert (GOW) von 1,0 bzw. 3,0 µg/L wurde an 113 Messstellen, entsprechend 10 Prozent, überschritten.

Die Bewertung des chemischen Zustands gemäß Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) erfolgt nur auf Basis festgelegter Grenzwerte und daher aufgrund von Wirkstoffbefunden und Befunden von relevanten Metaboliten. Die nicht relevanten Metaboliten wurden gemäß dem bundesweit einheitlichen Vorgehen nicht mit in die Bewertung einbezogen.
Im Ergebnis der Bewertung PSM 2015 sind 10 Grundwasserkörper mit einer Fläche von 8.117 km², entsprechend 17% der Landesfläche im schlechten Zustand. Gegenüber der vorausgehenden Bewertung 2009 ergibt sich bei diesem Maßstab eine geringfügige Verbesserung (bisher 20% im schlechten Zustand).

Die im Themenbericht genannte Inlandsabgabe von Wirkstoffmengen in Pflanzenschutzmitteln (ohne inerte Gase) betrug laut Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 32.551 Tonnen(t) (BVL, 2014 b: Absatz an Pflanzenschutzmitteln in der Bundesrepublik Deutschland, Ergebnisse der Meldungen gemäß § 64 Pflanzenschutzgesetz für das Jahr 2013, Juli 2014).

1. Wie bewertet die Landesregierung den Bericht des NLWKN?

Der fortgesetzte Eintrag von bestimmten Spurenstoffen wie PSM sowie deren Abbauprodukte (Metaboliten) stellt eine Herausforderung für den Grundwasserschutz und somit eine potentielle Gefährdung der Trinkwasserqualität einzelner Brunnen dar. Dieser lässt sich auch nicht mit dem in der WRRL und der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) verankerten Vorsorgeprinzip (Minimierungsgebots für chemische Stoffe) in Einklang bringen.

Für die Trinkwasserversorgung gibt es keine akute Gefährdung. Durch eine gezielte und regelmäßige Prüfung der Trinkwasserqualität seitens der Wasserversorgungsunternehmen, aber auch der kommunalen Gesundheitsämter wird am Ende die gesundheitliche Unbedenklichkeit auch vom Staat amtlich überwacht. Selbst für den Fall von Grenzwertüberschreitungen einzelner Stoffe ist in der TrinkwV geregelt, dass Trinkwasser nur dann abgegeben werden darf, wenn es ohne gesundheitliche Bedenken getrunken werden kann.

Ziel der staatlichen Vorsorge muss jedoch sein, den Eintrag von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen und Metaboliten ins Grundwasser allgemein und besonders ins Rohwasser der Trinkwassergewinnungsanlagen zu verhindern.

2. Ist nach Auffassung der Landesregierung in den kommenden Jahren mit einer Zunahme der Pflanzenschutzmittelrückstände auch in den Grundwasserleitern zu rechnen, aus denen Trinkwasser gefördert wird?

Gemäß TrinkwV müssen solche Pflanzenschutzmittel- und Biozid-Wirkstoffe überwacht werden, deren Vorhandensein denkbar ist. Eine entsprechende Einschätzung erfolgt auch mittels der Erfahrungswerte z.B. aus dem PSM-Monitoring des NLWKN. Sie fließen in gesetzlich empfohlene bzw. vorgegebene Untersuchungslisten für Trink- und Rohwasser ein, wie z.B. der Niedersächsischen Landesliste zur Untersuchung von Trinkwasser auf PSM und Biozidprodukte des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA 2015) oder der Anlage 1 des Runderlasses vom 12.12.2012 zur Untersuchung von Rohwasser- und Vorfeldmessstellen (MU 2012). Hierbei sind der Untersuchungsumfang sowie regionale Schwerpunkte stetig den aktuellen Anforderungen anzupassen. Die aus diesen Vorgaben resultierenden Untersuchungsergebnisse des Trinkwassers oder der Rohwasser- und Vorfeldmessstellen sind nicht Gegenstand der vorliegenden Auswertung.

Es ist jedoch das Ziel, die umfangreichen Datengrundlagen der Wasserversorgungsunternehmen für zukünftige, weitergehende Auswertungen und Untersuchungen zu Nachweisen von PSM-Wirkstoffen, relevanten und nicht relevanten Metaboliten im Grundwasser in Niedersachsen, mit zu nutzen. Gerade die hohe Untersuchungsdichte in den Wassergewinnungsgebieten erschließt viele zusätzliche Grundwassermessstellen, die weitere wichtige Erkenntnisse zu Art und Höhe der Befunde liefern können.

Einige regional veröffentlichte Ergebnisse von Wasserversorgungsunternehmen kommen zu ähnlichen Ergebnissen wie der NLWKN Themenbericht. Zu unterscheiden ist jedoch zwischen oberflächennahen Vorfeldmessstellen und den in der Regel tief verfilterten Rohwasserbrunnen. Auch hier gilt wie bei den Landesmessstellen, dass die Funde in Filterlagen bis 20m unter Gelände am stärksten vertreten sind.

Da umfangreiche Untersuchungen in Trinkwassergewinnungsgebieten noch nicht als mehrjährige Zeitreihen vorliegen, ist eine Einschätzung zur weiteren Entwicklung noch nicht möglich. Auch hier gilt womöglich die Aussage aus dem Themenbericht, wonach aufgrund der Persistenz einerseits noch Wirkstoffe zu finden sind, die seit vielen Jahren nicht mehr zugelassen sind. Auf der anderen Seite häufen sich die Funde nicht relevanter Metaboliten, die mit jüngeren Anwendungen und bestimmten Kulturarten im Zusammenhang stehen.

3. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung für erforderlich, um die Belastung des Grundwassers mit Pflanzenschutzmitteln und deren Metaboliten in den kommenden Jahren zu reduzieren?

Der Eintrag von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen und Metaboliten hängt von vielen Faktoren ab. Nach einer Auswertung des Umweltbundesamtes bezeichnen die Wissenschaftler Fehler bei der Anwendung von PSM als eine Ursache für Gewässerbelastungen.

Darüber hinaus ist die Reduktion des Einsatzes von PSM dringend erforderlich, hier ist beispielhaft der integrierte Pflanzenschutz zu nennen, der in vielen Betrieben deutlich verbessert werden kann. Weiterhin führt auch die Ausdehnung des ökologischen Landbaus zu einer Verminderung der Einträge von PSM. Hier hat die Landesregierung die Förderung deutlich erhöht.

Entscheidend für die Vermeidung von Wirkstofffunden im Grundwasser scheint jedoch zu sein, dass bereits beim Zulassungsverfahren streng darauf zu achten ist, dass nur Mittel zur Zulassung kommen, die zu keiner Belastung für das Grundwasser führen. Das vorliegende PSM-Themenmodul, aber auch das Instrument der Fundaufklärung im Einzelfall sind Anlass, die Anwendung der Mittel einzuschränken und die Zulassungspraxis in der EU und in Deutschland zu überprüfen.

PSM-Nachweise im Grundwasser sind insbesondere in Trinkwassergewinnungsgebieten ein hochsensibles Thema in der öffentlichen Wahrnehmung. Wichtig sind der transparente Umgang mit Daten und deren objektive Beschreibung, um gemeinsam mit den Akteuren Lösungsansätze zu erarbeiten. Dafür gibt es insbesondere aus dem kooperativen Trinkwasserschutz in Niedersachsen gute Beispiele, in denen lokal und zielführend gearbeitet wird, um aus dem Monitoring im Grundwasser heraus mit Hilfe der Wasserschutzberatung die Betriebe zu erreichen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.07.2015

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