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Antwort auf die mündliche Anfrage zu: Bundesamt warnt wegen Klimawandels vor steigendem Meeresspiegel: Wie steht es um den Küstenschutz in Niedersachsen?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage des Abgeordneten Volker Bajus (Grüne) geantwortet.

Vorbemerkung des Abgeordneten

Im letzten Monat berichteten Medien bundesweit über ein internes Schreiben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) mit dem Titel „Aktualisierung von Informationen zum Meeresspiegelanstieg“. Darin warnt das BSH davor, dass der Meeresspiegel in den kommenden Jahrzehnten deutlich stärker steigen könnte, als bislang angenommen.

Hintergrund seien aktuelle Klimastudien, die das Amt zu der Aussage kommen lassen, dass ein weiter steigender Meeresspiegel an den Küsten von Nord- und Ostsee zu Problemen führen könnte. Die norddeutschen Küstenländer orientierten sich derzeit an einem Maximalanstieg von knapp einem Meter bis zum Ende dieses Jahrhunderts. Gemäß BSH könnte das jedoch nicht ausreichen. Das BSH befürchte einen Anstieg von weit über einen Meter hinaus bis hin zu 1,70 Metern. Dies könne zumindest nicht mehr ausgeschlossen werden.

Vorbemerkung der Landesregierung

Bei seinen Planungen im Küstenschutz orientiert sich das Land Niedersachsen wie auch die übrigen Küstenländer Deutschlands an den Aussagen des letzten IPCC-Reports. Dieser geht in seinem Maximalszenario von einem Anstieg des globalen Meeresspiegels von bis zu einem Meter bis zum Ende des Jahrhunderts aus, sofern sich der globale CO2-Ausstoß unverändert fortentwickelt. Nachhaltige langfristige Planungen wie die Küstenschutzstrategie, die gegenwärtig einen Meeresspiegelanstieg von 0,5 Metern berücksichtigt, müssen sich hingegen schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht an Extremwerten sondern an der gesamte Spannbreite möglicher Entwicklungen orientieren. Vorrangiges Ziel der Landesregierung ist es daher, heute noch bestehende Defizite in den Hauptdeichlinien schnellstmöglich zu beheben und dabei in angemessenem Umfang zukünftige Entwicklungen zu berücksichtigen.

1. Welche aktuellen Untersuchungen zum Anstieg des Meeresspiegels sind von Bedeutung für die Einschätzung des Meeresspiegelanstiegs, die Wassertemperaturen und die Salinität?

Es existiert eine große Zahl von Veröffentlichungen zu den genannten drei Themen. Eine umfangreiche und weiterhin aktuelle Zusammenstellung stellt der fünfte Sachstandsbericht des IPCC aus dem Jahre 2014 dar. Bisher orientieren sich die norddeutschen Küstenländer gemäß diesem Bericht an einem Maximalszenario, dass von einem Anstieg des Meeresspiegels zwischen 52 bis 98 Zentimetern bis zum Ende des Jahrhunderts ausgeht, und dem die Annahme zugrunde liegt, dass sich der globale CO2-Ausstoß unverändert fortentwickelt.

Das in jüngster Zeit als Folge einer nach außen gedrungenen internen Berichterstattung im Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie der Medienöffentlichkeit bekannt gewordene Papier basiert dem Vernehmen nach ebenfalls auf den im Zuge des Fünften Sachstandberichts veröffentlichten Modelldaten und aktuelleren Veröffentlichungen aus wissenschaftlichen Journalen. Aufgrund abweichender sog. expert judgements (zu treffender Abschätzungen) kommt es zu Ergebnissen, welche über die des IPCC-Sachstandsberichts hinausgehen, allerdings mit regionalen Abweichungen und geringerer Eintrittswahrscheinlichkeit. In Kürze sollten die Berechnungen veröffentlicht werden.

Eine aktuelle Beschleunigung des Meeresspiegelanstieges kann durch den vergleichsweise ungestörten Pegel Norderney, für den eine lange Messreihe von über 100 Jahren vorliegt, bislang noch nicht festgestellt werden. Seit 2007 wird in Niedersachsen bei allen anstehenden Deichverstärkungen ein von 25 auf 50 cm verdoppeltes Vorsorgemaß für den Meeresspiegelanstieg berücksichtigt. Die neu ausgeführten Gründungsbauwerke erlauben zudem eine spätere Nacherhöhung von Massivbauwerken in der Deichlinie. Sollte es tatsächlich zu einer deutlich beschleunigten Anstiegsrate kommen, geschieht dies nicht von heute auf morgen, und es bleibt hinreichend Zeit, sich dieser Herausforderung zu stellen. Fakt ist jedoch, dass Küstenschutz und Klimaschutz zwei Seiten einer Medaille sind. Um bedrohliche Anstiege des Meeresspiegels noch zu begrenzen oder zu verhindern ist konsequenter Klimaschutz notwendig.

2. Wann erfolgt eine Fortschreibung des Generalplans Küstenschutz, und welche Daten werden dafür herangezogen?

Gegenstand der Generalpläne für das Festland und für die Ostfriesischen Inseln aus den Jahren 2007 bzw. 2010 ist eine Bestandsaufnahme der bestehenden Küstenschutzanlagen und des bisher Erreichten. Gleichzeitig bildet er die Grundlage für die weitere Arbeit der Küstenschützer und zeigt den Handlungsbedarf auf, der sich aus den zum Zeitpunkt der Bearbeitung aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und technischen Möglichkeiten ergab.

Eine Neuauflage dieser Generalpläne erfolgt spätestens, sobald die derzeit bekannten und in den Generalplänen aufgezeigten Handlungsbedarfe behoben sind. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird eine Neubewertung der den Plänen zugrundeliegenden Annahmen unter Berücksichtigung der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse der Klimaforschung vorgenommen. Für das kommende Jahr 2018 ist zunächst ein Bericht zu den seit 2007 erzielten Fortschritten im Festlandsbereich vorgesehen.

Vorab kann gesagt werden, dass die gemeinsamen Anstrengungen des Landes und der mit dem Küstenschutz befassten Verbände in den letzten Jahrzehnten zu einem Sicherheitsniveau geführt haben, dass so gut ist wie nie zuvor. Dennoch ist der Küstenschutz eine generationenübergreifende Aufgabe, die stetige Verbesserungen erfordert. Allerdings muss auch immer gesagt werden, dass es einen absoluten Schutz vor den Gefahren der See nie geben kann.

3. Welche Folgen hätte ein Austritt der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen?

Das Pariser Abkommen ist nach der Ratifikation durch 55 Staaten, auf die mindestens 55 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen entfallen am 4. November 2016 in Kraft getreten und damit völkerrechtlich verbindlich. Die USA haben das Abkommen am 03. September 2016 ratifiziert.

Nach Inkrafttreten können die USA erst nach Ablauf von drei Jahren austreten. Die Kündigung wird dann frühestens ein Jahr nach ihrer Einreichung wirksam. Für die USA würde dies bedeuten, dass der Austritt frühestens am 04.November 2020 wirksam würde – das wäre direkt nach den nächsten Präsidentschaftswahlen in den USA. An der völkerrechtlichen Verbindlichkeit ändert sich durch den Austritt nichts. Das Abkommen bleibt auch nach einem Austritt in Kraft.

Andere Fristen würden bei einem Austritt aus der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) gelten – das ist das internationale Klimaschutzabkommen der Vereinten Nationen. Innerhalb dieses Vertragswerks finden die jährlichen Klimaverhandlungen statt. Ein Austritt aus der Klimarahmenkonvention wäre bereits ein Jahr nach Eingang wirksam. Eine Vertragspartei, die aus der Klimarahmenkonvention austritt, gilt automatisch als von dem Pariser Abkommen zurückgetreten. Damit wären die USA im Falle eines UNFCCC-Austritts keine Vertragspartei des Pariser Abkommens mehr. Dann betrüge die Frist also nur ein Jahr.

Aber auch wenn die USA, wie vom Präsidenten der USA angekündigt, aus dem Abkommen aussteigen, gilt: Die Umsetzung der Pariser Klimaziele wird nicht vorrangig in Washington gesteuert, sondern vor allem in den einzelnen Bundesstaaten. Kalifornien hat zum Beispiel angekündigt, seinen Klimaschutz-Kurs weiter zu verfolgen und hat, Pressemeldungen zufolge, hierzu bereits eine Kooperation mit China geschlossen. Eine Reihe anderer US-Bundesstaaten hat ehrgeizige Ausbauziele für erneuerbare Energien. Auf der Ebene der Städte gibt es ambitionierte Klimaschutz-Programme. Es ist bekannt, dass die Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Abkommen steht.

Auch viele große Unternehmen wollen Dekarbonisierung, erneuerbare Energie und eine klimafreundliche Entwicklung. Sie werden diesen Weg weiter verfolgen.

Denn Klimaschutz und der Umbau der Energieversorgung auf erneuerbare Energien schafft nachhaltige Entwicklung und Arbeitsplätze. Das Beratungsinstitut Roland Berger hat kürzlich das weltweite Marktvolumen im Bereich Klimaschutz, Energiewende und nachhaltige Mobilität analysiert. Danach betrug das weltweite Marktvolumen im Jahr 2015 bereits 3 Billionen Euro. Und bis zum Jahr 2025 prognostiziert Roland Berger einen Anstieg auf über 7,5 Billionen Euro. Dies verdeutlicht die gewaltigen wirtschaftlichen Potentiale einer ambitionierten Klimaschutzpolitik. Positive Effekte für Umwelt und Klimaschutz treten jedoch nur ein, wenn eine Abkopplung von Wachstum und Ressourcen-und Energieverbrauch erfolgt.

Nicht zuletzt hat sich eine Vielzahl großer amerikanischer Unternehmen und Investoren, darunter Apple und Google, aber auch der Ölriese Shell für einen Verbleib im Pariser Klimaschutzabkommen ausgesprochen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.06.2017

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