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Antwort auf die mündliche Anfrage zur Entwicklung von Overlay-Netzen

Pressemitteilung 92/2014

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine zweiteilige mündliche Anfrage der Abgeordneten Almut von Below-Neufeldt, Dr. Stefan Birkner, Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) geantwortet.Teil 1:

Die Abgeordneten hatten gefragt:

1. Wie bewertet die Landesregierung fachlich und politisch die Errichtung eines deutschen Hochspannungsgleichstromübertragung-(HGÜ)-Overlay-Netzes im Rahmen des Netzausbaus?

2. Wie bewertet die Landesregierung fachlich und politisch die Integration eines deutschen HGÜ-Overlay-Netzes in ein noch zu errichtendes europäisches HGÜ-Overlay-Netz?

3. Wird sich die Landesregierung bei der Erstellung des neuen Netzentwicklungsplans für die Errichtung eines deutschen bzw. europäischen HGÜ-Overlay-Netzes einsetzen?

Minister Wenzel beantwortete Teil 1 der Anfrage namens der Landesregierung:

Die kleine Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Der Netzentwicklungsplan sieht keine Errichtung eines Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung(HGÜ)-Overlay-Netzes vor, es ist vielmehr die Errichtung einzelner Punkt zu Punkt Verbindungen in Gleichstromtechnik in Ergänzung zum vermaschten Drehstromnetz geplant. Dieses erscheint aus Sicht der Landesregierung auch zweckmäßig, da die Vorteile des deutschen Drehstromnetzes mit einer Vielzahl von Ein- und Ausspeisepunkten, ergänzt durch einzelne HGÜ-Stichleitungen, beibehalten werden können.

Zu 2:

Derzeit planen weder die europäische Netzwirtschaft noch die Bundesrepublik Deutschland ein vollständiges paralleles HGÜ-Netz. Auch im europäischen Netzverbund wird über die ergänzende Errichtung einzelner HGÜ-Stichleitungen versucht, die Leistungsfähigkeit des Europäischen Verbundnetzes zu erhöhen. Ob es zukünftig vereinzelt zu Querverbindungen zwischen einzelnen HGÜ-Stichleitungen kommen wird, ist derzeit noch offen. Überlegungen dazu existieren zum Beispiel bei der Prüfung der Frage ob ein europäischer Nordsee-Stromnetzverbund auf der Basis von HGÜ-Technik errichtet werden soll. Die Landesregierung wirkt im Rahmen der Netzplattform des Bundes an diesen Prüfprozess mit. Es ist gegenwärtig noch nicht erkennbar, dass HGÜ-Netze zu einer technisch wirksamen und auch wirtschaftlich verantwortbaren Ergänzung des Netzausbaus führen können. Die Kostenvorteile von Gleichstromsystemen kommen dann zum Tragen, wenn diese als Punkt zu Punkt Leitungen abzweigfrei über mehrere hundert Kilometer errichtet werden.

Mit den im Netzentwicklungsplan vorgesehenen ersten Gleichstromleitungen sollen auch Erfahrungen im Einsatz dieser Technik gewonnen werden, auf deren Grundlage weitergehende Einsatzmöglichkeiten für diese Technologie geprüft werden sollen. Eine Aufnahme weiterer HGÜ-Projekte in den Netzentwicklungsplan ist gegenwärtig mit dem erforderlichen Netzausbaubedarf nicht zu begründen.

Zu 3:

Siehe Antwort zu den Fragen 1 und 2


Teil 2:

Die Abgeordneten hatten gefragt:

1. Wie bewertet die Landesregierung fachlich und politisch den Einsatz der Voltage Source Converter (VSC)-Technologie im Vergleich zur Line Commutated Converter (LCC)-Technologie im Rahmen der Errichtung eines deutschen bzw. europäischen HGÜ-Overlay-Netzes?

2. Welche technischen Herausforderungen (z. B. DC-Leistungsschalter) bestehen aus Sicht der Landesregierung bei der Konzeptionierung und Errichtung eines deutschen bzw. europäischen HGÜ-Overlay-Netzes, und wie beurteilt die Landesregierung jeweils die technische Beherrschbarkeit dieser Herausforderungen?

3. Wird sich die Landesregierung bei der Erstellung des neuen Netzentwicklungsplans sowie des nächsten Bundesbedarfsplans für eine Pilotierung einer ersten HGÜ-Masche (inkl. DC-Leistungsschalter) innerhalb eines zu konzeptionierenden HGÜ-Overlay-Netzes einsetzen, sodass für alle eingesetzten neuen Technologien Standards zum zügigen Aufbau eines HGÜ-Overlay-Netzes geschaffen werden können?

Minister Wenzel beantwortete Teil 2 der Anfrage namens der Landesregierung:

Die kleine Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Die Landesregierung schließt sich der fachlichen Bewertung der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs(HGÜ)-Technologien im bestätigten Netzentwicklungsplan (NEP) Strom 2012 an. Dort erfolgte ein Vergleich der netzgeführten HGÜ((LCC)-Technologie) mit der selbstgeführten HGÜ((VSC)-Technologie).

Bei der (LCC)-Technologie(Line Communitated Converter) handelt es sich um netzgeführte Stromrichter mit Gleichstromzwischenkreis. Damit eine Gleich- bzw. Wechselrichtung erfolgen kann, ist ein stabiles Drehstromnetz auf der Wechselstromseite erforderlich. Bei der (VSC)-Technologie(Voltage Source Converter) handelt es sich um selbstgeführte Stromrichter mit Gleichspannungszwischenkreis. Damit hier eine Gleich- bzw. Wechselrichtung erfolgen kann, werden diese über Steuersignale betrieben.

Die (LCC)-Technologie weist im Netzbetrieb trotz sehr hoher Übertragungsleistungen deutlich ungünstigere Systemeigenschaften auf und ist für den Multiterminalbetrieb weniger geeignet. Im Gegensatz dazu hat die (VSC)-Technologie deutlich erweiterte Steuerungs- und Regelungsmöglichkeiten und ist schwarzstartfähig. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen und der absehbaren Weiterentwicklungen hin zu höheren Systemleistungen wurde die (VSC)-Technologie auch für den Ausbau der vier HGÜ-Gleichstromkorridore vorgesehen, die im Netzentwicklungsplan vorgesehen sind. Welche Rolle diese bisher geplanten Gleichstromleitungen in einem eventuellen europäischen Overlay-Netz spielen können, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht absehbar. Die netztechnische Begründung für diese Leitungen ist nicht auf solche zusätzlichen Aufgaben abgestellt.

Zu 2:

Die vorgesehenen HGÜ-Systeme werden bisher weltweit noch nicht im vermaschten Übertragungsnetz eingesetzt. Aufgrund des derzeitigen Entwicklungsstandes der VSC-HGÜ-Technik handelt es sich um reine Punkt zu Punkt Verbindungen, die auch aufgrund noch nicht erprobter und nicht dem Stand der Technik entsprechenden Gleichstromleistungsschalter noch nicht mehrpunktfähig sind und somit kein weiteres Ein- und Auskoppeln von zusätzlichen Erzeugungskapazitäten zwischen den Endpunkten erlauben. Es liegen keine Erfahrungen zum Systemverhalten dieser Technologie vor. Die Landesregierung hält es aber für sinnvoll, die von der Industrie entwickelten und bisher nicht eingesetzten neuen Leistungsschalter für die Gleichstromtechnik bei einem der vier im NEP vorgesehenen Gleichstromkorridore zu erproben. Ziel der Erprobung könnte neben der Überprüfung der technischen Leistungsfähigkeit der Systeme, auch der Gewinn von Erkenntnissen über die wirtschaftlichen Aspekte des Einsatzes sein.

Zu 3:

Bereits im Konsultationsverfahren zum Netzentwicklungsplan 2013 hat die Landesregierung die Erprobung von Leistungsschaltern auf einem der vorgesehenen Gleichstromkorridore vorgeschlagen. Dieser Vorschlag wurde bisher weder von den Übertragungsnetzbetreibern noch der Bundesnetzagentur aufgegriffen.

Eine Erprobung von Leistungsschaltern auf Teilstrecken von Netzlückenschlüssen im Drehstromnetz wäre dagegen weder technisch noch wirtschaftlich sinnvoll, da diese Netzteilstrecken dann mit erheblichen Mehrkosten und einer Vielzahl technischer und betriebstechnischer Nachteile in Gleichstromtechnik errichtet und betrieben werden müssten. Die Landesregierung beabsichtigt daher nicht vorzuschlagen, dass einzelne in Drehstromtechnik geplante Netzausbaumaßnahmen auf Gleichstromtechnik umgeplant werden. Dies wäre weder wirtschaftlich noch technisch sinnvoll und würde zudem die Errichtung dieser dringend benötigten Teilstrecken um mehrere Jahre verzögern.

Artikel-Informationen

erstellt am:
27.06.2014

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