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„Lex Asse“

Rede des Niedersächsischen Ministers für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel zum Gesetz zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung der Schachtanlage Asse II in der 908. Sitzung des Bundesrates in Berlin


(Es gilt das gesprochene Wort.)


Anrede,

die Asse war das erste Atommüllendlager der Welt. Der Standort wurde genauso willkürlich ausgewählt, wie der Standort Gorleben. Die Asse wurde als Forschungsbergwerk, als Versuchsendlager und als Endlager bezeichnet. Sie war Teil des Entsorgungsvorsorgenachweises der Atomkraftwerke und sie war der Prototyp für ein in Gorleben geplantes Atommüllendlager. Die Asse galt als "sicher für alle Zeiten". Das erklärten damals das zuständige Bundesministerium und die Betreiber. Die Sicherheit währte aber nur etwa 20 Jahre. Dann trat eine Situation ein, die die Verantwortlichen zuvor kategorisch ausgeschlossen hatten und als größten anzunehmenden Unfall in einem Atommüllendlager bezeichnet hatten: Der Wassereinbruch aus dem Deckgebirge, der sich bis heute nicht stoppen ließ.

Der niedersächsische Landtag hat sich drei Jahre in einem Untersuchungsausschuss mit dem Fall beschäftigt und kam am Ende zu einem erstaunlich einmütigen Urteil. Alle Fraktionen forderten im Sommer letzten Jahres die vollständige Rückholung des Atommülls aus der Asse. Das marode Atommülllager Asse II im Landkreis Wolfenbüttel gilt heute als eines der drängendsten Umweltprobleme in Deutschland. Das Bundesamt für Strahlenschutz, das seit dem Jahr 2009 Betreiber des Endlagers Asse ist, und das Bundesumweltministerium haben nach einem Vergleich der denkbaren Stilllegungsoptionen entschieden, die Abfälle aus der Asse rückzuholen, soweit dies technisch machbar und radiologisch vertretbar ist.

Mit der Gesetzesnovelle, die wir heute zur Entscheidung vorliegen haben wird aus der Option Rückholung nun endlich auch ein gesetzlich verbriefter Anspruch.

Die auf niedersächsische Initiative hin eingebrachte Gesetzesvorlage „zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung der Schachtanlage Asse II“, kurz „Lex Asse“, wurde in geänderter Form am 28. Februar 2013 vom Deutschen Bundestag beschlossen.

Anrede,

der gebirgsmechanische Zustand der Grube und das Risiko eines nicht beherrschbaren Lösungszutritts erfordern eine Beschleunigung der Arbeiten in der Schachtanlage für die Rückholung. Gleichwohl wird die Rückholung einen sehr langen Zeitraum in Anspruch nehmen. Ich begrüße daher ausdrücklich, dass die Fraktionen im Bundestag den Entwurf des Asse-Gesetzes beschlossen haben.

Anrede,

das Gesetz erfüllt die immer wieder gestellten Erwartungen der betroffenen Menschen in der Region, dass die Rückholung der radioaktiven Abfälle die durchzuführende Stilllegungsoption sein muss. Die Niedersächsische Landesregierung unterstützt dieses Anliegen seiner Bürgerinnen und Bürger. Mit dem Bekenntnis zur Rückholung übernimmt nun der Bundesgesetzgeber Verantwortung. Ich hoffe, dass diese Entscheidung dazu beitragen wird, das verlorene Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort wiederzugewinnen.

Voraussetzung für eine sichere Rückholung ist ein Zwei-Schachtbetrieb. Dafür müssen die notwendigen Vorraussetzungen geschaffen werden. Der nunmehr geregelte Verzicht auf ein atomrechtliches Planfeststellungsverfahren für das Niederbringen eines weiteren Schachtes wird dabei ganz sicher einen beschleunigenden Effekt haben.

Durch die neu geschaffenen Regelungen im §57 b Absatz 9 Atomgesetz ist zudem sichergestellt, dass eine umfassende Unterrichtung der Öffentlichkeit über alle Vorgänge und Abläufe der Asse erfolgt und somit die Transparenz wie auch der bereits bestehende Beteiligungsprozess nochmals verbessert wird. Dies stärkt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das gesamte Stilllegungsverfahren. Die Arbeit der Begleitgruppe zeigt einen neuen Weg für Bürgerbeteiligung in hochkomplexen öffentlich-rechtlichen Planungsverfahren. Deshalb möchte ich gern denjenigen danken, die hier viel ehrenamtliches Engagement und viel Know-how eingebracht haben.

Anrede,

die Rückholung setzt voraus, dass sie technisch machbar und für die Bevölkerung und die Beschäftigten aus radiologischen und sonstigen sicherheitsrelevanten Gründen vertretbar ist. Eine zusätzliche grundsätzliche Rechtfertigung der Rückholung sieht das Asse-Gesetz aber nicht mehr vor. Dies ist angesichts des ausdrücklichen Bekenntnisses zur Rückholung konsequent.

Anrede,

das Asse-Gesetz enthält zahlreiche Regelungen zur Beschleunigung des Rückholungsprozesses in verfahrensrechtlicher Hinsicht. Das begrüße ich ausdrücklich. Das Land Niedersachsen wird etwaige Genehmigungsanträge so schnell wie möglich bearbeiten. Die technischen Abläufe des Rückholungsprozesses liegen dagegen in der Hand des Betreibers. Ob und inwieweit das „Lex Asse“ auch hier zu einer Beschleunigung führt, wird die weitere Gestaltung des Prozesses zeigen.

Anrede,

die Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Asse ist eine gewaltige technische Herausforderung. Sie wird nur gelingen, wenn alle Verantwortlichen konstruktiv zusammenarbeiten. Ich möchte mich deshalb bei allen bedanken, die an die am Gesetzgebungsprozess kritisch, konstruktiv und engagiert mitgewirkt und dazu beigetragen haben, dass dieses Gesetzgebungsverfahren in relativ kurzer Zeit zum Abschluss gebracht werden konnte.

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.03.2013
zuletzt aktualisiert am:
08.02.2024

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