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Nach Einschätzung der internationalen Krebsagentur krebsverdächtige Stoffe - Welche Stoffe müssen noch verboten werden?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe, Jörg Bode und Dr. Stefan Birkner (FDP) geantwortet.

Vorbemerkung der Abgeordneten

In einer Pressemitteilung des Umweltministeriums vom 12. Juli 2017 heißt es zum Widerzulassungsprozess für den Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat: „Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hält die Verlängerung der Zulassung des Pflanzengifts Glyphosat für nicht zu verantworten. Die Befürworter einer Neuzulassung hätten die massiven Zweifel an der Unbedenklichkeit des Totalherbizids nicht ausräumen können.“ Minister Wenzel hoffe, dass die Mitgliedstaaten der EU eine Entscheidung gegen die erneute Zulassung treffen. Zur Begründung heißt es: „Seitens der internationalen Krebsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation steht Glyphosat im Verdacht, Krebs auszulösen.“ (https://www.umwelt.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/umweltminister-stefan-wenzel-verlaengerung-der-zulassung-von-glyphosat-nicht-zu-verantworten-155585.html, Abrufdatum: 20. Juli 2017)

Vorbemerkung der Landesregierung

Eine Aufgabe der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation ist die Prävention von Krebserkrankungen und damit die Identifikation der Ursachen der Krebsentstehung. Dazu legt sie regelmäßig Berichte (Monographien) über Krebsrisiken vor. Nach Auswertung veröffentlichter Studien bewerten interdisziplinäre Arbeitsgruppen von Expertenwissenschaftlern die Beweise dafür, ob ein Stoff das Krebsrisiko erhöhen kann oder nicht.

Zudem besteht die Besorgnis, dass Glyphosat teratogene Wirkung hat und Dysbiose auslösend wirken kann. Das Totalherbizid hat zudem negative Folgen für die Artenvielfalt.

1.Welche Stoffe außer Glyphosat stehen seitens der internationalen Krebsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation noch im Verdacht, Krebs auszulösen?

Bisher wurden seit 1971 von der IARC mehr als 1000 Agenzien ausgewertet, von denen mindestens 116 als krebserzeugend (wie z.B. Tabak und UV-Strahlung) und über 400 als wahrscheinlich krebserzeugend (wie z.B. Glyphosat und Acrylamid) oder möglicherweise karzinogen (wie z.B. Hexachlorethan) für den Menschen identifiziert wurden.

2.Hält es die Landesregierung für verantwortbar, wenn einer oder mehrere der Stoffe, die seitens der internationalen Krebsagentur IARC noch im Verdacht stehen, Krebs auszulösen, weiterhin verwendet werden, oder ist aufgrund des Vorsorgeprinzips ein Verbot all dieser Stoffe notwendig?

Das Vorsorgeprinzip wird von der Landesregierung sehr ernst genommen.

Gemäß der Mitteilung der Europäischen Kommission über die Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips (siehe: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2000:0001:FIN:de:PDF) ist dieses anzuwenden, wenn nach einerumfassenden wissenschaftlichen Bewertung und soweit möglich, der Ermittlung des Ausmaßes der wissenschaftlichen Unsicherheit, einer Risikobewertung und einer Bewertung der möglichen Folgen einer Untätigkeit die Besorgnis besteht, dass die möglichen Gefahren für die Umwelt und die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen nicht mit dem hohen Schutzniveau der Gemeinschaft vereinbar sein könnten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, d. h., dass die getroffenen Maßnahmen im Verhältnis zum angestrebten Schutzniveau stehen müssen, das Verbot von Diskriminierungen bei der Anwendung der Maßnahmen und das Kohärenzgebot, d. h. dass die Maßnahmen auf in ähnlichen Fällen getroffene Maßnahmen abgestimmt sein oder auf ähnlichen Ansätzen beruhen sollten, sind dabei zu beachten.

Muss bei einem Stoff durch dessen vorgesehene Verwendung mit dem Eintritt gefährlicher Folgen gerechnet werden und kann dieses Risiko nicht durch eine wissenschaftliche Bewertung mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden, sind zur Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus präventive Entscheidungen, wie z.B. Stoffverbote oder -einschränkungen, erforderlich.

3.Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung Stoffe, bei denen eine krebserregende Wirkung definitiv ausgeschlossen werden kann, wenn ja, welche?

In der EU erfolgt die Einstufung von Stoffen hinsichtlich ihrer Gefährdungsmerkmale auf der Grundlage der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (Einstufung, Kennzeichnung und Lagerung von Stoffen und Gemischen). In Anhang VI Teil 3 dieser EG-VO sind die Stoffe mit Gefährdungsmerkmalen aufgeführt, die seit Januar 2009 in einem EU-weit harmonisierten Verfahren eingestuft wurden. Diese Stoffliste beinhaltet bisher mehrere tausend Stoffe einschließlich ihrer Gefahrenkategorien. Liegen keine Nachweise zur Kanzerogenität des Stoffes vor, kommt es hinsichtlich einer krebserregenden Wirkung zu keiner Einstufung.

Eine Liste von Stoffen, bei denen eine krebserregende Wirkung definitiv ausgeschlossen werden kann, existiert nicht.

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.08.2017

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