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Welchen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele kann die energetische Gebäudesanierung tatsächlich leisten?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Volker Meyer, Petra Joumaah, Gudrun Pieper, Annette Schwarz und Reinhold Hilbers (CDU) geantwortet.

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Die WELT berichtet in ihrer Ausgabe vom 27. Dezember 2014 unter der Überschrift „Aus deutschen Hausbesitzern werden Dämmmuffel“, dass viele Deutsche auf Dämmstoffe verzichteten, weil sie Brände und Geldverschwendung fürchteten: „Inzwischen ist vielen Bürgern klar, dass sie sich nicht unbedingt einen Gefallen tun, wenn sie ihr Haus in Platten aus Polystyrol einpacken. In offiziellen Gutachten wird auf die erhöhte Brandgefahr des Stoffes hingewiesen. Und das weltweit verbotene, aber in Deutschland noch verwendete Flammschutzmittel HBCD hat toxische Eigenschaften. Es kann ins Grundwasser eindringen und bereitet später bei der Entsorgung große Probleme. Dabei wurden die Problem-Platten bereits massenweise an Hauswände geklebt. 900 Millionen Quadratmeter Wärmeverbundsysteme haben die Deutschen in den vergangenen 35 Jahren verbaut – und 80 Prozent davon bestehen aus Polystyrol“, so die WELT.

In der HAZ vom 8. November 2014 hat sich Ministerpräsident Weil dagegen öffentlichkeitswirksam für eine steuerliche Förderung von Gebäudesanierung eingesetzt.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die bisher mit der energetischen Gebäudesanierung erzielten Erfolge zum Erreichen der Klimaschutzziele?

2. Wie beurteilt die Landesregierung die Gefahren durch Dämmstoffe bei einem Häuserbrand?

3. Wie sollte nach Auffassung der Landesregierung eine steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen ausgestaltet werden, damit die Sanierungsrate bei Häusern und Wohnungen deutlich ansteigt und die Länder keine Steuerausfälle zu befürchten haben?

Minister Wenzel beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Vorbemerkungen:

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase zu emittieren als im Jahr 1990. Mit dem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 hat die Bundesregierung am 03. Dezember 2014 zusätzliche Maßnahmen beschlossen, um dieses Ziel zu erreichen. Projektionen zufolge wäre das 2020-Ziel ohne diese Maßnahmen um ca. 5 bis 8 Prozentpunkte verfehlt worden. Das Aktionsprogramm baut dabei auf bereits vorgelegte Strategien und Beschlüsse auf und ergänzt diese dort, wo es notwendig ist.

Die Erstellung des Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 ist insgesamt zu begrüßen, da es einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele 2020 liefert. Das Aktionsprogramm bleibt an einigen Stellen jedoch noch vage. Es enthält z. T. Prüfaufträge statt konkreter Maßnahmen und enthält kaum Angaben zu Kosten und zur Finanzierung der Maßnahmen.

Mit dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) hat die Bundesregierung am 3. Dezember 2014 einen Entwurf für Politik und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz im Verbrauch und zur Einsparung von Energie vorgelegt. Auch der NAPE enthält Maßnahmen, mit denen die festgestellte Lücke bei der Erreichung des Effizienzziels bzw. auch des Klimaschutzziels geschlossen werden sollen, sowie Angaben zu deren Finanzierung. Es werden aber lediglich Eckpunkte zu den einzelnen Maßnahmen aufgestellt und verabschiedet, die im weiteren Verfahren als Grundlage für die konkrete Ausgestaltung der genannten Maßnahmen dienen werden. Die bestehenden Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz müssen vor allem im Gebäudebereich deutlich gestärkt werden.

Das Bundeskabinett hat im Rahmen des NAPE auch die Eckpunkte einer Energieeffizienzstrategie Gebäude beschlossen. 2015 wird die Strategie erarbeitet. Sie soll auf der Makroebene den gesamten Gebäudebestand in Deutschland in den Blick nehmen und die grundlegenden energiepolitischen Weichenstellungen beinhalten.

Der Energieeffizienzstrategie Gebäude liegt das Ziel des Energiekonzepts zugrunde, den Gebäudebestand bis 2050 nahezu klimaneutral zu gestalten. Die Bundesregierung setzt weiterhin auf die bestehenden Maßnahmen für Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Wärmebereich und will diese verbessern und ausbauen. Grundlage bleibt Freiwilligkeit, Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen und ein ausgewogener Mix aus politisch und gesellschaftlich akzeptierten Anreizsystemen, Vorgaben und Informationen. Denn die energetische Modernisierung des Gebäudebestands kann nur gelingen, wenn sie von allen Beteiligten als Chance gesehen wird.

Bisher haben die Maßnahmen der Bundesregierung nicht zu einer deutlichen Steigerung der Gebäudesanierungsrate von rd. 1 % geführt. Im Gegenteil haben die zahlreichen Änderungen im Ordnungsrecht (EnEV, EEWärmeG) und der Förderbedingungen Sanierungswillige eher verunsichert und zu einer abwartenden Haltung geführt. Verlässliche Rahmenbedingungen und auskömmliche Förderungen könnten jetzt neue Anreize für Investitionen in die Gebäudesanierung auslösen. Um das deutsche Klimaschutzziel nicht zu gefährden, braucht der NAPE aber mehr Substanz und Konkretisierung und ist daher mit wirkungsvolleren Maßnahmen auszustatten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Dem Gebäudebereich kommt für die Verbesserung der Energieeffizienz der privaten Haushalte eine besondere Rolle zu. Die bestehenden Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz müssen vor allem im Gebäudebereich deutlich gestärkt werden. Zusätzliche Fördermittel - insbesondere für die energetische Sanierung des Gebäudebestandes - sind ebenso erforderlich wie verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen zum Erreichen der ehrgeizigen Sanierungsziele.

Der Gebäudebestand in Niedersachsen besteht zu zwei Dritteln aus Gebäuden, die bereits vor dem Inkrafttreten der 1. Wärmeschutzverordnung im Jahre 1979 errichtet und bislang nicht oder nur unzureichend energetisch saniert worden sind. In diesem Beständen kann mit der energetischen Sanierung eine Einsparung an Primärenergie von ca. 80 % erreicht werden.

Die Förderung der energetischen Wohngebäudesanierung ist daher seit 2009 ein Schwerpunkt der Wohnraumförderprogramme des Landes. Seit 2009 sind 30,7 Mio. Euro für die Förderung von 1.600 Wohnungen, davon 1.333 Mietwohnungen bewilligt worden. Darüber hinaus hat die NBank mit dem Energieeffizienzdarlehen Niedersachsen von rd. 60 Mio. Euro über 2.500 Wohnungen, davon rd. 1.950 Mietwohnungen gefördert. Der Förderung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen kommt zum Erreichen der Klimaschutzziele auch weiterhin eine große Bedeutung zu.

Zu 2:

Nach § 28 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) müssen Außenwände und Außenwandteile wie Brüstungen und Schürzen so ausgebildet sein, dass eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist. Diese Vorschrift wird in § 6 der Allgemeinen Durchführungsverordnung zur Niedersächsischen Bauordnung (DVO-NBauO) konkretisiert. Danach müssen Dämmstoffe von Außenwänden bei Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5 schwerentflammbar sein, bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1, 2 und 3 genügen hingegen normalentflammbare Baustoffe.

Ob die Dämmstoffe diese geforderten Brandverhaltensklassen erfüllen, ergibt sich entweder aus dem technischen Regelwerk oder aus Ver- bzw. Anwendbarkeitsnachweisen, wie allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) des Deutschen Instituts für Bautechnik; Wärmedämmsysteme mit Polystyroldämmstoffen bedürfen einer abZ.

Die Landesregierung geht davon aus, dass bei Wärmedämmsystemen, die den genannten materiellen und formellen Voraussetzungen entsprechen, die Gefahrenabwehr im Sinne des § 3 Abs. 1 NBauO ausreichend berücksichtigt und damit insoweit das geltende Bauordnungsrecht eingehalten ist.

Um (nach weiteren Brandversuchen) über das nach den derzeitigen abZ für Wärmedämmverbundsysteme mit Polystyroldämmstoffen bestehende Sicherheitsniveau hinaus doch noch weitere Vorsorge zu treffen, hat die Bauministerkonferenz mit der Stimme Niedersachsens beschlossen, dass in die abZ ergänzende Regelungen zur Berücksichtigung von Außenbrandszenarien aufgenommen werden. Zudem werden für bereits mit Polystyrol gedämmte bestehende Gebäude von den Fachgremien der Bauministerkonferenz gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Bautechnik Empfehlungen wie beispielsweise Außenwandabstände für Müllcontainer oder deren Einhausung erarbeitet. Weiterer Maßnahmen darüber hinaus bedarf es nach Ansicht der Landesregierung nicht.

Zu 3:

Die Frage der Ausgestaltung der steuerlichen Förderung ist derzeit Gegen-stand einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, an der auch Niedersachsen teilnimmt. Dort werden verschiedene Modelle diskutiert und sollen konsensual abgestimmt werden. Eine endgültige Stellungnahme der Landesregierung ist von diesen Gesprächen abhängig. Deshalb kann hier noch keine Festlegung getroffen werden.

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.01.2015
zuletzt aktualisiert am:
26.01.2015

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