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Wie will die Landesregierung das Kernnetz der Bundeswasserstraßen ökologisch weiterentwickeln, ohne den Schiffsverkehr zu beeinträchtigen?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Hillgriet Eilers, Jörg Bode, Gabriela König und Horst Kortlang (FDP) geantwortet.

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Bedeutung von Fließgewässern als wertvoller Lebensraum auf der einen und als wichtiger Verkehrsträger auf der anderen Seite ist hinlänglich bekannt und oft beschrieben. Der Nutzungsdruck und damit die Anforderungen an die Verbindungsgewässer werden zusehends stärker. Auch die Regierungskoalition beschreibt in der Koalitionsvereinbarung, dass sie den „Verkehr verstärkt auf umweltfreundliche Träger“, wie die Wasserstraße, verlagern möchte (Seite 61/ 62).

Der Bund bemüht sich ebenfalls seit Jahren um die Verbindungsgewässer. Themen auf der Ebene des Bundes sind die Erarbeitung eines Spezialgesetzes für die Gebühren der Binnenschifffahrt, das Wassertourismuskonzept, die Struktur der Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter und -verwaltungen (Reviereinteilung), die Kategorisierung der Wasserstraßen,“ sowie die künftigen Planungen und Ausführungen von Instandhaltungsarbeiten und Neubauvorhaben im Rahmen der regulären Tätigkeiten und im Zusammenhang mit dem neuen Bundesverkehrswegeplan und dem Verkehrsinfrastrukturbericht.

Aktuell plant die Landesregierung ein Aktionsprogramm Niedersächsische Gewässerlandschaften. Geplant ist außerdem die Mitwirkung am Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“, das auch zum Ziel hat, Renaturierungsmaßnahmen an Bundeswasserstraßen durchzuführen. Nach Aussage der Landesregierung ist dieses Programm ausdrücklich auch für Projekte an großen Flüssen nutzbar. Dies betreffe auch das Kernnetz der Bundeswasserstraßen an der Weser, der Ems und eventuell auch der Elbe.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich die Absicht des Bundes, analog zum bestehenden "Grünen Band" ein "Blaues Band" an den Bundeswasserstraßen zu etablieren. Die damit verbundene Absicht, eine überregionale Verbesserung der gewässer- und auenbezogenen Lebensräume und eine Stärkung der Funktion als länderübergreifendes Element der Biotopvernetzung zu initiieren, stellt eine ausgezeichnete Ergänzung zu den Inhalten und Intentionen des kommenden Aktionsprogramms Niedersächsische Gewässerlandschaft dar.

Mit dem Aktionsprogramm „Niedersächsische Gewässerlandschaften“ sollen die bisherigen landesweiten Aktivitäten zur Gewässer- und Auenentwicklung gebündelt und verknüpft werden. Im Sinne eines integrierten Gewässer- und Auenmanagements werden zukünftig deutlich stärker auenbezogene Akzente gesetzt. Das Aktionsprogramm gibt Hinweise zur Konzeption, Umsetzung und Finanzierung möglicher Entwicklungsmaßnahmen für Gewässer und Auen und dient als Wegweiser zu den relevanten Förderinstrumenten.

Die Entwicklung des Bundesprogramms "Blaues Band" steht in engem Zusammenhang mit der Reform der Bundeswasserstraßen und deren Verwaltungsstruktur. Dabei ist grundlegend zwischen zwei verschiedenen Kategorien zu unterscheiden, nämlich den güterverkehrlich bedeutsamen Wasserstraßen des Kernnetzes und den sonstigen Wasserstraßen des Nebennetzes. Diesbezügliche Maßnahmen am Kernnetz sollen trittsteinartig an einzelnen Standorten durchgeführt werden. Die Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs werden dadurch nicht berührt, die Funktionsfähigkeit der Fahrrinne nicht beeinträchtigt. Demgegenüber sind umfänglichere Maßnahmen zur ökologischen Verbesserung an den sonstigen Wasserstraßen vorgesehen. Dies betrifft sowohl Maßnahmen an der Wasserstraße selbst als insbesondere auch in der Aue. Erstere werden in bundeseigener Zuständigkeit durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung durchgeführt werden, für auenbezogene Maßnahmen ist eine enge Kooperation und Federführung der Länder vorgesehen.

Ungeachtet der vorgenannten Inhalte liegen für alle wichtigen Wasserstraßen weitere Grundlagen zum koordinierten Vorgehen vor. Insbesondere sind hier die Integrierten Bewirtschaftungspläne sowie der Masterplan Ems zu nennen.

Für die Mittelelbe von der tschechischen Grenze bis zum Wehr Geesthacht arbeiten Bund und Länder unter Beteiligung von Wirtschafts-, Verkehrs- und Umweltverbänden am so genannten „Gesamtkonzept Elbe“, um die umweltverträgliche verkehrliche Nutzung sowie die wasserwirtschaftlichen Notwendigkeiten mit der Erhaltung, Verbesserung und Entwicklung des wertvollen Naturraums in Einklang zu bringen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die gestellten Fragen wie folgt:

1. Welche konkreten Maßnahmen sind im Rahmen des Programms „Blaues Band Deutschland“ und des Aktionsprogramms „Niedersächsische Gewässerlandschaften“ geplant?

Der Landesregierung sind bisher keine konkreten Maßnahmen aus dem Bundesprogramm "Blaues Band" bekannt. Nach hiesigem Kenntnisstand werden derzeit Defizitanalysen durchgeführt sowie darauf aufbauende Maßnahmenvorschläge entwickelt.

Konkrete Vorhaben im Kontext des Aktionsprogramms "Niedersächsische Gewässerlandschaften“ werden auf der Ebene einzelner örtlicher Projektträger entwickelt und umgesetzt. Dieser Prozess wird landesseitig mit einer ganzheitlichen „blau-grünen“ Beratungskomponente unterstützt. Dabei übernimmt der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz eine Lotsenfunktion hinsichtlich fachlicher Beratung und geeigneter Fördermöglichkeiten.

2. Vor dem Hintergrund der vielfältigen Aktivitäten des Bundes in Bezug auf die Wasserstraßen sowie der vielgestaltigen Ansprüche der Gesellschaft in Bezug auf die Fließ-/Verbindungsgewässer und des Anspruches der Regierungskoalition, den Verkehr verstärkt auf die Flüsse bringen zu wollen: Wie beurteilt die Landesregierung das Zusammenwirken der Akteure und Interessen, um alle Ziele der Verkehrs-, Tourismus- und Umwelt-/Naturschutzpolitik zu erreichen?

Die Landesregierung begrüßt den Ansatz, auf partizipativem Wege durch breite Beteiligung der jeweiligen Interessenvertreter eine umfassende Berücksichtigung der unterschiedlichen Belange und eine sachgerechte Güterabwägung zu erzielen. Inwieweit dabei alle o.a. Ziele erreicht werden können, kann erst am Ende des Prozesses beurteilt werden. Die Landesregierung wird im Rahmen der diesbezüglichen Möglichkeiten darauf hinwirken, eine ausgewogene Berücksichtigung der vielfältigen Interessen zu gewährleisten.

Als ein Beispiel für ein solches Vorgehen sei hier das Akteursforum Aller genannt. Die Landesregierung unterstützt diesen im Vorwege des Bundesprojekts "Blaues Band" angelaufenen Diskussionsprozess bzw. Dialog und sieht hierin ein zweckdienliches Instrument zur lösungsorientierten Maßnahmenentwicklung an der Bundeswasserstraße Untere Aller.

3. Wie beurteilt die Landesregierung den Stand und die Planungen für die einzelnen niedersächsischen Wasserwege und -straßen in Bezug auf ihre derzeitige Nutzung und ihr Potenzial für den Gütertransport, den Freizeitverkehr/Wassertourismus und für die naturnahe Entwicklung?

Bei den für den Gütertransport relevanten Wasserwegen handelt es sich durchweg um Bundeswasserstraßen. Niedersachsen hat seine Vorstellungen in den Aufstellungsprozess des Bundesverkehrswegeplans eingebracht. Die meisten Vorschläge wurden im Kabinettsbeschluss der Bundesregierung vom 03.08.2016 berücksichtigt.

Grundsätzlich bekennt sich das BMVI mit dem Wassertourismuskonzept (Mai 2016) zu seiner Verpflichtung als Eigentümer auch für den Erhalt der Wasserstraßen zu sorgen, die nur noch für Freizeitzwecke genutzt werden. Die Aussage ist grundsätzlich zu begrüßen. Offen bleibt allerdings die Frage, wie die Ressourcen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung zwischen Haupt- und Freizeitnetz aufgeteilt werden. Der Bund skizziert für den Bereich des Freizeitnetzes den Aufbau einer Sonderverwaltung unter dem Dach der WSV und beschreibt mehrere aus seiner Sicht in Betracht kommende Rechtsformen. Zur Refinanzierung denkt der Bund auch über eine anteilige Nutzerfinanzierung nach. Wie das konkret aussehen soll, ergibt sich aus dem Konzept allerdings nicht. Insgesamt bleibt das Konzept in vielen zentralen Bereichen sehr unscharf und benennt nur Diskussionsansätze. Eine konkrete Umsetzungsstrategie wird nicht beschrieben. Niedersachsen ist insbesondere mit den Nebenwasserstraßen betroffen, deren Unterhaltung seit Jahren vernachlässigt worden ist und die der Bund hinsichtlich ihrer Bedeutung für Freizeit und Tourismus als mittel bis sehr gering einstuft. Aus niedersächsischer Sicht muss aber weiter möglich sein, die Gewässer – wenn regional gewollt und aktiv betrieben – auch touristisch zu entwickeln. Der DTV hat sich gemeinsam mit den Verbänden aus Wassersport und Wassersportwirtschaft kritisch geäußert und die Einbindung der Betroffenen in die weiteren Gespräche angemahnt. Es ist zurzeit noch nicht klar erkennbar, wann und in welcher Weise der Bund die Länder in die diesbezügliche Diskussion einbeziehen wird.

Im Hinblick auf die naturnahe Entwicklung der Wasserstraßen sei hier auf die Vorbemerkung verwiesen. Vorbehaltlich der weiteren Ausgestaltung konkreter Maßnahmen geht die Landesregierung davon aus, dass das Nebennetz ökologisch deutlich aufgewertet werden kann.

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.08.2016

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