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Rede von Umweltminister Stefan Wenzel im Landtag zur Wasserversorgung

Im Niedersächsischen Landtag in Hannover forderte Umweltminister Stefan Wenzel am Mittwoch: "Die Wasserversorgung muss Teil der kommunalen Daseinsvorsorge bleiben."



- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

am 24.01.2013 hat der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments einem Kompromissvorschlag für eine Richtlinie zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen zugestimmt. Sollte es bei diesem Beschluss nach den Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament bleiben, dann müssten grundsätzlich zukünftig die Konzessionsvergaben europaweit ausgeschrieben werden. Der Wassersektor ist trotz vielfacher Bemühungen vom Anwendungsbereich der Richtlinie nicht ausgenommen.

Der Beschluss sieht zwar vor, dass öffentlich-rechtlich organisierte Betriebe, auch kommunale Eigenbetriebe und Zweckverbände, vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind, Betriebe in privater Rechtsform und Kommunalunternehmen jedoch nur, sofern 80% des Unternehmensumsatzes der vergangenen drei Jahre für den kommunalen Auftraggeber erbracht wurden. Das ist bei Verbundunternehmen, die neben Wasser auch mit Strom und Gas versorgen und somit bei typisch organisierten Stadtwerken gerade nicht der Fall. Dies wäre - entgegen den Beteuerungen der EU-Kommission - eine nicht hinnehmbare Beschneidung der kommunalen Entscheidungshoheit bei der Wasserversorgung!


Wir gehen mit dem Verband kommunaler Unternehmen davon aus, dass mit dem Kompromissvorschlag bundesweit rund 400 und in Niedersachsen allein etwa 100 Stadtwerke nicht den neuen Ausnahmekriterien der Richtlinie entsprechen könnten.

Gleichwohl sehen Europaabgeordnete der FDP und der CDU in dem Vorschlag jetzt keine Bedrohung mehr. Die Bundesregierung verfolgt offenbar eine Doppelstrategie. Einerseits kritisiert sie den Privatisierungsdruck auf die Wasserversorgung. Andererseits hat sie jedoch grundsätzlich Unterstützung für die Richtlinie signalisiert.

Ein Grund dafür, dass viele Stadtwerke in Deutschland die 80-Prozent-Regel nicht erfüllen werden, liegt darin, dass es sich um Mehrspartenunternehmen handelt, also neben Wasser auch Gas und Strom angeboten wird. Die Strom- und Gasmärkte sind bereits liberalisiert. Eine europaweite Ausschreibung wird unvermeidlich werden, Stadtwerke werden hierbei womöglich schlechter abschneiden als private Großkonzerne. Auch Kommunen, deren Stadtwerke bereits private Anteilseigner haben, müssten die Vergabe neu ausschreiben.

Nur wenige Kommunen werden derzeit finanziell in der Lage sein, diese Teilprivatisierungen rückgängig zu machen.
Mittlerweile kennen wir in Deutschland ja schon das langjährige Bemühen der Kommunen um den Rückkauf privatisierter Wasserversorgungsunternehmen, der zudem kaum finanzierbar ist. Die Berliner Wasserversorgung ist hier das prominenteste Beispiel.

Es ist eine klare Positionierung der deutschen Bundesregierung gegen die Einbeziehung des Wassersektors in die Richtlinie vonnöten! Nur so können die Verhandlungen in die richtige Richtung gehen.

Dies sehen europaweit mittlerweile mehr als 1,2 Mio. Menschen so und haben durch ihre Unterschrift bei der Europäischen Bürgerinitiative right2water auch die bisherigen Erfolge mit ermöglicht.

Anrede,

ganz aktuell liegt mir eine Entschließung des Kreistages des Landkreises Lüchow-Dannenberg vor. Der Tenor: Wasserversorgung - und auch Abwasserreinigung - gehören in die öffentliche Hand!

Im Bundestag sowie im niedersächsischen Landtag, bei den kommunalen Gremien, im Bundesrat: Überall gab es und gibt es weiter eine breite Mehrheit für den Erhalt einer kommunalen Entscheidungshoheit für die Wasserversorgung. Die EU-Kommission dagegen vermittelt immer wieder den Eindruck, die Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen wäre förderlich für die Gesellschaft.


Anrede,

ich kann Initiativen auf kommunaler Basis, wie hier im Landtag nur unterstützen: Die Wasserversorgung muss Teil der kommunalen Daseinsvorsorge bleiben und darf nicht auf eine rein ökonomische und wirtschafts-liberale Sichtweise reduziert werden.


Artikel-Informationen

erstellt am:
13.03.2013
zuletzt aktualisiert am:
08.02.2024

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