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Rede des Niedersächsischen Ministers für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel zu TOP 16b:Wie bewertet die Landesregierung den Gesetzentwurf für einen Entsorgungsfonds für atomare Altlasten?

(Dringliche Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Lt.-Drs. 17/6828))


-Es gilt das gesprochene Wort-

Anrede,

lassen Sie mich zunächst einige Vorbemerkung zum Zustandekommen der gesetzlichen Regelung machen.

Die Bundesregierung hat am 14.10.2015 die Einsetzung einer Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KfK) beschlossen. Nach dem Auftrag sollte die KfK prüfen, „wie die Sicherstellung der Finanzierung der Stilllegung und des Rückbaus der Kernkraftwerke sowie der Entsorgung der radioaktiven Abfälle so ausgestaltet werden kann, dass die Unternehmen auch langfristig wirtschaftlich in der Lage sind, ihre Verpflichtungen aus dem Atombereich zu erfüllen“.

Die KfK hat im 27. April 2016 ihren Abschlussbericht vorgelegt. Ziel der Handlungsempfehlungen ist es, das finanzielle Risiko für die Steuerzahler zu vermindern und das Verursacherprinzip durchzusetzen. Dazu soll die Finanzierung der Entsorgung des radioaktiven Abfalls besser als bisher gesichert und die finanzielle Sicherung der nuklearen Entsorgung vom wirtschaftlichen Schicksal der Betreiber abgekoppelt werden. In den Handlungsempfehlungen geht es um Risikominderung, eine völlige Risikovermeidung ist nicht möglich.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung sollen die Empfehlungen der KfK umgesetzt werden. Es handelt sich dabei um ein Artikelgesetz, das mehrere neue Gesetze sowie Änderungen bestehender Gesetze enthält.

Neu sind das Entsorgungsfondsgesetz, ein Entsorgungsübergangsgesetz, ein Transparenzgesetz und ein Nachhaftungsgesetz.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Der Gesetzentwurf stellt einen wichtigen Beitrag zur Verminderung der finanziellen Risiken der Atomkraft für die Steuerzahler dar. Er setzt die - auf einen Entsorgungskonsens gerichteten - Empfehlungen der KfK um.

Die Kosten für Zwischen- und Endlagerung werden künftig staatlich gesichert. Dafür werden die Mittel der Betreiber an den Staat - einen Fonds in Form einer rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts - übertragen. Positiv zu bewerten ist, dass damit die finanzielle Sicherung der nuklearen Entsorgung vom wirtschaftlichen Schicksal der Betreiber weitgehend abgekoppelt wird.

Mit der vollständigen Übertragung der Mittel sowie der erfolgten Zahlung des vollen Risikozuschlags endet aber auch die finanzielle Haftung der Betreiber für die Zwischen- und Endlagerung. Eine Nachschusspflicht ist auch nicht vorgesehen, wenn eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung vereinbart worden und die erste Rate gezahlt worden ist. Daher verbleiben Risiken, wenn höhere Kosten für die Entsorgung anfallen, als jetzt veranschlagt worden sind.

Die Höhe des Fondsvermögens orientiert sich an den Empfehlungen der KfK, die die Kostenabschätzung des sogenannten Stresstests (Gutachten Warth&Klein Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 09.10.2015) zur Grundlage macht. Insoweit bestehen Zweifel, ob die Höhe der abgeschätzten Kosten für alle Schritte der nuklearen Entsorgung, deren genaue technische Ausgestaltung und deren zeitlicher Ablauf derzeit noch nicht absehbar ist, ausreichend bemessen ist. Neben einer Steigerung der Kosten für die Entsorgung können insbesondere auch wegen des Zinsrisikos aus einer niedrigeren Verzinsung der eingezahlten Mittel erheblich höhere Kosten für die Entsorgung entstehen.

Zu 2.

Der Planfeststellungsbeschluss von Schacht Konrad sieht kein Eingangslager vor, sondern eine just in time Anlieferung. Die Landesregierung lehnt die Errichtung einer weiteren bislang nicht vorgesehenen Anlage in der Region Salzgitter ab und begrüßt insofern auch die Klarstellung des Bundesamtes in dieser Frage (siehe Website BfS).

Denkbar ist jedoch, dass die Bundesregierung im Rahmen der Lastenteilung eine solche Anlage an einem anderen Standort errichtet um die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene just in time Anlieferung zu gewährleisten.

Bereits zuvor hatte die Landesregierung deutlich gemacht, dass ein Eingangslager für hoch radioaktiven Müll keinen sinnvollen Beitrag leistet, sofern diese Entscheidung vor einer abschließenden Entscheidung über einen Standort durch Bundesbehörden, Bundestag, Bundesrat und Gerichte erfolgt.

Zu 3.

Die Verbrauchssteuer auf die Verwendung von Kernbrennstoffen ist im Rahmen eines umfassenden Sparpakets zur Haushaltskonsolidierung des Bundes zum 01.01.2011 eingeführt worden; sie läuft 2016 aus. Die letzten Kernkraftwerke laufen jedoch noch bis 2022.

Die Steuererträge könnten dazu beitragen, zukünftige Haushaltsbelastungen, die durch die Entsorgung radioaktiver Abfälle entstehen, zu reduzieren. Die Atomkraftwerkbetreiber können nach dem Entsorgungsfondsgesetz ihre Verpflichtung zum Nachschuss an den Fonds beenden, indem sie den Grundbetrag und den vollen Risikoaufschlag in Höhe von etwa 35 Prozent in den Fonds zahlen. Dann geht es zu Lasten des öffentlichen Haushalts und damit der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, wenn die tatsächlichen Entsorgungskosten - zum Beispiel aufgrund der Zinsentwicklung - die dem Gesetzentwurf zugrunde liegende Kostenabschätzung übersteigen.

Außerdem können die Steuererträge dazu beitragen, die erheblichen Kosten der gesetzlich vorgeschriebenen Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Schachtanlage Asse II, die zu einem erheblichen Teil von den heutigen Betreibern der Atomkraftwerke verursacht worden sind, mit abzudecken.

Daher hält die Landesregierung eine vertiefte Prüfung für notwendig, ob die Betreiber von Kernkraftwerken, die durch den Betrieb der Anlagen diese Kosten verursacht haben, bis zum Ende der Laufzeit der Anlagen weiterhin steuerrechtlich in der Verantwortung zu bleiben haben.

Artikel-Informationen

erstellt am:
27.10.2016
zuletzt aktualisiert am:
08.02.2024

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