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Antwort auf die mündliche Anfrage zum IPCC-Bericht

HANNOVER. Umweltminister Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage des Abgeordneten Volker Bajus (Grüne) zum IPCC-Bericht und zum Klimaschutz für Niedersachsen geantwortet.


Der Abgeordnete hatte gefragt:

Ende September hat der Weltklimarat der UNO, das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), den ersten Teil des fünften Sachstandsbericht zur Lage des Weltklimas veröffentlicht. Dieser Berichtsteil behandelt die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels.

Der Bericht zeigt verschiedene Szenarien zur zukünftigen Entwicklung der Treibhausgasemissionen auf, die unterschiedliche Auswirkungen auf das Klima haben. Bei einer Fortschreibung des gegenwärtigen Umfangs der Treibhausgasemissionen ist bis zum Ende des Jahrhunderts mit einem Anstieg der Erdtemperatur von deutlich mehr als 2° C zu rechnen. Auch die in den Weltmeeren gebundene Wärmeenergie ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich angestiegen und steigt weiter.

Deutlich erhöht haben sich auch die Prognosewerte für den Anstieg des Meeresspiegels. Bis zum Jahr 2100 sollen die Ozeane demnach - je nach Szenario - um bis zu 98 cm steigen. Der vorherige vierte Bericht ging noch von einem Anstieg von 18 bis 59 cm aus. Weiterhin sind erhebliche regionale Veränderungen der Niederschlagsmengen und die Zunahme von Extremwetterereignissen zu befürchten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Aussagen des aktuellen IPCC-Berichts?

2. Welche Anforderungen für den Küstenschutz, den Hochwasserschutz im Binnenland und die Landwirtschaft in Niedersachsen resultieren aus den zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels wie dem Anstieg des Meeresspiegels und der Veränderung der Niederschlagssituation?

3. Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung in Folge des IPCC-Berichts für Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel?




Stefan Wenzel, der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz, beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Vorbemerkungen:

Der 5. Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) gliedert sich in drei Teilberichte, wobei der erste Teilbericht die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels behandelt. Der zweite Teilbericht beschäftigt sich mit der Verwundbarkeit sozioökonomischer und natürlicher Systeme durch den Klimawandel und dessen Auswirkungen. Zudem werden Wege für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels beschrieben. Der dritte Teilbericht schließlich zeigt politische und technologische Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels auf.

Der erste Teilbericht des 5. Sachstandsberichtes (IPCC) wurde Ende September diesen Jahres in Stockholm veröffentlicht. Allem voran sagt dieser Teilbericht aus, dass der menschliche Einfluss auf das Klimasystem klar und offensichtlich und der damit verbundene Klimawandel eindeutig zu beobachten ist. Jedes der letzten drei Jahrzehnte war an der Erdoberfläche wärmer als alle vorangehenden Jahrzehnte seit 1850. Während der letzten beiden Jahrzehnte haben die Eisschilde in Grönland und der Antarktis an Masse verloren, die Gletscher sind fast überall in der Welt weiter abgeschmolzen und die Ausdehnung des arktischen Meereises sowie der Schneebedeckung in der Nordhemisphäre im Frühjahr haben weiter abgenommen. Die Konzentration von Kohlendioxid, Methan und Lachgas haben Werte erreicht, die seit mindestens den letzten 800.000 Jahren nicht vorgekommen sind. Die CO2-Konzentrationen sind seit der vorindustriellen Zeit um 40 % angestiegen, primär durch die Emissionen aus fossilen Brennstoffen sowie durch Emissionszunahmen aufgrund von Landnutzungsänderungen. Der Ozean hat ungefähr 30 % des emittierten anthropogenen Kohlendioxids aufgenommen und dadurch eine Versauerung erfahren.

Auf Basis dieser und einer Vielzahl weiterer festzustellender Veränderungen des Klimasystems zeigt der erste Teilbericht mit Hilfe von insgesamt 4 Szenarien mögliche zukünftige Entwicklungen auf. Diese Szenarien gehen deduktiv von sogenannten repräsentativen Konzentrationspfaden aus und berücksichtigen neben einer Reihe von anderen Faktoren erstmals auch die Effekte etwaiger Klimaschutzmaßnahmen. Dabei zeigt das günstigste sogenannte RCP 2.6-Szenario, dass der mittlere Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts unter 2 Grad bleiben kann, wenn eine sehr ambitionierte Klimapolitik umgesetzt wird. Bei dem ungünstigsten, unter der Annahme fast ungebremster Emissionen ermittelten sogenannten RCP 8.5-Szenario hingegen ist ein Temperaturanstieg von 5, 4 Grad gegen Ende dieses Jahrhunderts möglich. Die Gletscher könnten je nach Szenario bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bis zu 55 % oder sogar bis zu 85 % ihres derzeitigen Volumens verlieren. Zudem ist davon auszugehen, dass in jedem Fall das arktische Meereis weiter zurückgeht, wobei nach dem Hochemissionsszenario die Arktis schon vor Mitte dieses Jahrhunderts im Sommer eisfrei sein könnte. Beim Meeresspiegel ist selbst im günstigsten Szenario ein Anstieg bis zu 54 cm möglich. Ohne nennenswerte Emissionsvermeidungen hingegen wird der Meeresspiegel bis 2100 auf bis zu 98 cm ansteigen können. Für den Meeresspiegelanstieg liegen die Projektionen deshalb insgesamt höher als noch im 4. Sachstandsbericht, weil der Beitrag der polaren Eisschilde besser einbezogen werden konnte.

Die im ersten Teilbericht eingeführten Szenarien werden aus Gründen der Methodenkonsistenz jeweils auch im zweiten und dritten Teilbericht verwendet. Der die Aspekte Folgen des Klimawandels, Verwundbarkeit und Anpassung behandelnde zweite Teilbericht wird im März 2014 in Yokohama, der den Klimaschutz bearbeitende Teilbericht im April 2014 in Berlin vorgelegt. Im Oktober 2014 schließlich wird mit einem sogenannten Synthesebericht der 5. Sachstandsbericht des IPCC komplettiert.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Aus Sicht der Landesregierung sind für die Bewertung des ersten Teilberichts des 5. Sachstandsberichtes des Intergovernmental Panel on Climate Change drei Punkte von zentraler Bedeutung.

Zum Ersten bestätigt und erweitert der Teilbericht nachdrücklich die bisherigen Erkenntnisse über die Wirkung der Treibhausgase in der Atmosphäre aus früheren Berichten. Er zeigt erneut eindringlich, wie sehr unsere industrielle Lebensweise das Klima verändert. Der zivilisationsbedingte Klimawandel ist eine Tatsache, für die der IPCC-Bericht eindeutige Belege liefert. Zum Zweiten zeigt der Bericht, dass trotz der bereits zu beobachtenden Veränderungen im Klimasystem sogar das 2 Grad-Ziel noch zu erreichen ist. Gelingen kann das allerdings nur, wenn die vorhandenen Lösungen für Klimaschutz und nachhaltige Transformation global zügig umgesetzt werden. Und zum Dritten macht der Bericht deutlich, dass der Klimawandel tatsächlich noch drastischer ausfallen kann, als bisher angenommen. Das wird der Fall sein, wenn sich an den derzeitigen weltweiten Emissionsverläufen nichts Entscheidendes ändert.

Zu 2:

Die vom IPCC vorgelegten Szenarien sind Beschreibungen möglicher Zukunftszustände. Welches Szenario eintritt, hängt daher von unserem eigenen Handeln ab. Dagegen liegen die Ursachen der bereits heute festzustellenden Klimaänderungen in der Vergangenheit. Und auf Grund der Komplexität und Trägheit des Klimasystems ist damit zu rechnen, dass sich der Klimawandel in Folge der schon freigesetzten Treibhausgase auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter verstärkt. Das bedeutet: Wir müssen uns in jedem Fall auf die Auswirkungen des Klimawandels auch in Niedersachsen einstellen.

Nach gegenwärtigem Stand werden dabei für Norddeutschland in den kommenden Jahrzehnten feuchtere Winter, heißere und trockenere Sommer sowie häufigere Extremwetterereignisse in Folge des Klimawandels erwartet. Mit dem nun vorliegenden ersten Teil des 5. Berichts des Weltklimarates stellen sich auch neue Fragen nach den Auswirkungen für unsere Küste und die Maßnahmen zum Küstenschutz. Im Bericht ist nachzulesen, dass die Experten in ihren Emissionsszenarien von einem Anstieg des Meeresspiegels zwischen 26 und 98 Zentimetern bis zum Ende dieses Jahrhunderts ausgehen. Insofern verweise ich auf meine Vorbemerkung.

Damit bewegt sich die Anstiegsrate in einem Korridor, den das Land Niedersachsen grundsätzlich antizipiert hat. Bereits nach Vorlage des 4. Weltklimaberichts im Jahre 2007 hat die Landesregierung auf Grundlage eines Expertenworkshops entschieden, die Deiche vorsorglich einen halben Meter höher zu verstärken als heute eigentlich notwendig. Massivbauwerke wie Sperrwerke, Siele und Schutzmauern werden heute schon so gegründet, dass sie nachträglich kostengünstig nachgerüstet werden können. Wir müssen uns aber klar machen, dass wir es mit potentiellen Meeresspiegelanstiegen zu tun haben, die sehr lange anhalten können. Nach Vorlage des gesamten Berichtes werden wir prüfen, ob die Vorgaben des Generalplans Küstenschutz angepasst werden müssen.

Noch kann ein beschleunigter Anstieg des Meeresspiegels zumindest an unserer Nordseeküste mit den verfügbaren Daten nicht nachgewiesen werden. Bekanntlich sind gegen Ende des 18. Jahrhunderts im deutschen Küstengebiet erste Pegel errichtet und betrieben worden, um die Wasserstandsentwicklung zu dokumentieren. Dazu gehört auch der Pegel Norderney. Die Auswertung langer Pegelaufzeichnungen ergibt einen säkularen Anstieg des mittleren Tidehochwassers von bislang ca. 25 cm in 100 Jahren.

Neben dem Küstenschutz haben auch andere Bereiche der Wasserwirtschaft den Klimawandel zu berücksichtigen. Noch vor der Veröffentlichung des ersten Teils des 5. IPCC-Berichtes hat eine Sonder-Umweltministerkonferenz, die am 2. September 2013 vor dem Hintergrund der jüngeren Hochwasserereignisse einberufen wurde, beginnende Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft gesehen. Anpassungsstrategien im Bereich der Wasserwirtschaft gewinnen damit an volkswirtschaftlicher Bedeutung. Zukünftige Hochwasserschutzkonzepte sollen die prognostizierten klimatischen Veränderungen berücksichtigen.

Wie viele andere Umwelt-, Wirtschafts-, und Gesellschaftssektoren wird auch die Wasserwirtschaft auf die Herausforderungen, die sich im Zusammenhang mit den Auswirkungen und Anpassungen an den Klimawandel ergeben, entsprechende Antworten geben müssen. Dies betrifft - neben dem bereits erwähnten Küstenschutz - Aspekte des Hochwasserschutzes, des Niedrigwassermanagements, des Grundwasserschutzes und auch der Siedlungswasserwirtschaft. Um hierbei zu effizienten und nachhaltigen Lösungen zu gelangen, ist es erforderlich, über belastbare Forschungsergebnisse als Grundlage für Entscheidungen zu verfügen.

Die bisherigen Projektionen zu möglichen Klimaänderungen mit Hilfe von Klimamodellen reichen jedoch für die Berücksichtigung in konkreten Planungen in der Regel noch nicht aus. Belastbarere Datengrundlagen sind durch die Untersuchung der regionalen und lokalen Folgen erst noch zu schaffen.

Allerdings liefern erste Untersuchungen schon wertvolle Hinweise. Bisherige Ergebnisse im Rahmen des Projektes Klimafolgenforschung in Niedersachsen (Kliff) der Universität Hannover und des KLIWA-Projektes der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bayern zeigen, dass signifikante Trends in den Niederschlagindizes der vergangenen Jahre eine Entwicklung zu feuchten Wintern und trockenen Sommern erwarten lassen.

Im Rahmen eines weiteren von der Landesregierung initiierten Projektes zu Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft - speziell auf die Hochwasser- und Niedrigwasserverhältnisse - wird derzeit das Aller-Leine-Oker-Gebiet betrachtet. Dabei sind folgende Ergebnisse zu verzeichnen. Nach Auswertungen von Trenduntersuchungen in Niedersachsen ist die Abnahme der Sommerabflüsse wesentlich deutlicher als die Zunahme von Hochwasserabflüssen im Winter. Signifikante Trends müssen sich zwar nicht notwendigerweise in der Zukunft fortsetzen, sind aber ein deutlicher Indikator von Veränderungen. Auch hier sind somit weitere Untersuchungen erforderlich, insbesondere müssen auch die Erkenntnisse des aktuellen IPCC-Berichtes regionalisiert werden. Eine allgemeine Anpassung von Hochwasser-Bemessungswerten ist auf Basis der vorliegenden Untersuchungen für das niedersächsische Binnenland derzeit allerdings nicht begründet. Um zu noch verlässlicheren, landesweiten Aussagen zu kommen, soll das Projekt ab 2015 auch auf andere Regionen Niedersachsens ausgedehnt werden.

Bei der Landwirtschaft schließlich ist der Handlungsbedarf der öffentlichen Hand zumindest in den kommenden zwei bis drei Jahrzehnten vergleichsweise gering. Denn die Landwirtschaft ist grundsätzlich sehr anpassungsfähig. Die landwirtschaftlichen Betriebe können relativ schnell und aus eigener Kraft auf Klimaänderungen reagieren. In vielen Bereichen können sie es sogar von einem Jahr zum anderen, in anderen Bereichen benötigen sie deutlich mehr Zeit. In anderen Regionen der Welt sind bereits Veränderungen spürbar, die die Landwirtschaft vor große Herausforderungen und Probleme stellen.

Zwei Ausnahmen sind dazu hervorzuheben:

Der Rückgang an Niederschlägen während der Vegetationszeit und die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Dürre insbesondere in solchen Regionen Niedersachsens, in denen die Landwirtschaft heute schon auf die Feldberegnung angewiesen ist, stellt eine größere Herausforderung für die Landwirtschaft dar, die sie nicht ohne Unterstützung der öffentlichen Hand meistern kann. Der Nordosten Niedersachsens ist hier besonders betroffen. Den Anforderungen kann auf verschiedene Weise begegnet werden. Die Datenlage zur Grundwassernutzung ist flächendeckend zu verbessern. Die Landesregierung unterstützt daher Forschungsaktivitäten zur Verbesserung der Datenlage zur Grundwasserneubildung und zum Beregnungsbedarf. Seitens der Landwirtschaft kann zum Beispiel durch Optimierung der Beregnungssteuerung, der Fruchtartenwahl oder Maßnahmen wie der Zwischenspeicherung von Hochwässern oder der Nutzung von gereinigtem Abwasser, auf den Klimawandel reagiert werden.

Ein zweiter besonderer Handlungsbedarf für die Landesregierung entsteht im Bereich der Landwirtschaft durch die Zunahme der Wahrscheinlichkeit von Starkregenereignissen. Auf landwirtschaftlichen Ackerflächen sind deshalb höhere Anforderungen hinsichtlich des Erosionsschutzes zu stellen. In Zukunft kommt deshalb den entsprechenden Qualifikations-, Beratungs-, oder Fördermaßnahmen eine größere Bedeutung zu. Auch ordnungsrechtlichen Regelungen zur Eindämmung der Wind- und Wassererosion sind vor diesem Hintergründ zu überprüfen.

Zu 3:

Die aktuellen und im nächsten Jahr vorliegenden Erkenntnisse des IPCC-Berichts werden bei den Verhandlungen zum Abschluss eines neuen Weltklimavertrages im Jahr 2015 in Paris von essentieller Bedeutung sein. In wenigen Wochen beginnt die 19. Vertragsstaatenkonferenz in Warschau, die auf diesem Weg ein entscheidender Zwischenschritt ist.

Die Landesregierung hält es für unerlässlich, dass sich in diesem Prozess die Bundesrepublik Deutschland verstärkt für einen wirkungsvollen Klimaschutz auf internationaler Ebene einsetzen und gemeinsam mit der EU als gutes Beispiel vorangehen muss.

Die zwingend notwendige Unterstützung der Industrienationen, aber auch der Schwellen- und Entwicklungsländer bei der Ausarbeitung des Weltklimavertrages kann nur eingeworben werden, wenn die EU und Deutschland beim Klimaschutz auch weiterhin eine Vorreiterrolle einnehmen.

Die Landesregierung sieht sich auf Grund der Erkenntnisse des IPCC-Berichtes insofern in Ihrer Haltung bestätigt, zielstrebig und wirksam Klimaschutz zu betreiben. Mit den Niedersachsen auszeichnenden Innovationspotentialen und Transformationskräften können Technologien und Verfahren vorgezeichnet werden, die dann weltweit als Klimaschutzlösungen zum Einsatz kommen. Diese Stärken unseres Landes für den globalen Klimaschutz noch besser zu stimulieren und zu mobilisieren ist der Leitgedanke unserer Klimaschutzpolitik.

Im Einzelnen beruht die Klimaschutzpolitik der Niedersächsischen Landesregierung dabei auf den folgenden fünf Punkten

- Neuausrichtung der Energiepolitik,

- Umsetzung der Maßnahmen der Regierungskommission Klimaschutz,

- Aufbau einer Klimaschutz- und Energieagentur,

- Klimaschutz durch Moorentwicklung sowie

- die Verabschiedung eines Klimaschutzgesetzes.

Die Regierungskommission Klimaschutz bestand aus 42 Vertreterinnen und Vertretern aller gesellschaftlichen Gruppen und hat im Februar 2012 einvernehmlich eine Empfehlung für eine niedersächsische Klimaschutzstrategiebeschlossen und dem Land zur Verfügung gestellt. Insgesamt enthält die Strategie 74 konkrete Landesklimaschutzmaßnahmen für die sechs wichtigsten Emissionssektoren in Niedersachsen. Die neue Landesregierung hat entschieden, dass diese Maßnahmenvorschläge grundsätzlich umgesetzt werden sollen und hierfür einen Interministeriellen Arbeitkreis eingerichtet, der das weitere Vorgehen koordiniert und steuert.

Die Regierungskommission hat u. a. auch die Einrichtung einer Klimaschutzinstitution in Niedersachsen empfohlen. Die Intention dabei war, die Arbeit und Kooperation der bereits bestehenden regionalen Klimaschutz- und Energieagenturen, Initiativen und Institutionen zu unterstützen.

Anders als die Mehrzahl der anderen Bundesländern verfügt das Land Niedersachsen über keine Institution, die bereits existierende Netzwerke koordiniert, deren Erkenntnisse und Anregungen aufgreift und an die verantwortlichen Gremien weitergibt. Bisher fehlt dieser Transmissionsriemen auf Landesebene.

Die Landesregierung hat daher diesen Vorschlag der Regierungskommission Klimaschutz aufgegriffen und wird im kommenden Jahr eine Klimaschutz- und Energieagentur einrichten. Diese soll als unabhängiges Kompetenzzentrum des Landes zu praktischen Fragestellungen bei der Umsetzung der Klimaschutz- und Energieeffizienzziele zur Verfügung stehen. Darüber hinaus soll sie Kompetenzen bündeln sowie strategische und innovative Programme entwickeln. Sie soll unabhängige Beratung auf den für den Klimaschutz und die Energiewende wichtigen Aufgabenfeldern leisten. Sie wird Kommunen und den in diesen Bereichen bereits tätigen Einrichtungen, die Wirtschafts- und Sozialpartner sowie gemeinnützige Organisationen vernetzen. Die Agentur soll damit einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Energie- und Ressourceneffizienz, die Erneuerbaren Energien, den Klimaschutz und die Klimafolgenanpassungsstrategie im Land voranzutreiben.

Die Regierungskommission Klimaschutz hat außerdem die besondere Bedeutung der Landnutzung für den Klimaschutz hervorgehoben. Im Zusammenhang mit einem wirksamen Klimaschutz in Niedersachsen werden daher künftig Fragen des Moorschutzes und der Moorentwicklungeine sehr viel größere große Rolle spielen als bisher.

Hoch- und Niedermoore sind deutschlandweit die größten Quellen von Treibhaus-gasen außerhalb des Energiesektors. Die Klimaschutzwirkung liegt hier in der Bindung von CO2-Emissionen aus Böden mit hohen Kohlenstoffgehalten.

Eine von Niedersachsen und dem Bund in Auftrag gegebene Studie des von-Thünen-Institutes hat gezeigt, dass die Nutzung von Hoch- und Niedermooren den größten Anteil der Treibhausgasemissionen der niedersächsischen Landwirtschaft einnehmen.

Niedersachsen hat hier durch spezifische regionale Begebenheiten eine besondere Verantwortung, denn rund 38 Prozent der gesamtdeutschen Moorfläche liegt in unserer Region – bei den Hochmooren allein sind es sogar 70 Prozent.

Dabei sind die Emissionsminderungskosten vergleichsweise gering. Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen aus Moorböden lässt sich schon durch eine Anhebung des Wasserstandes erreichen. Das heißt, dass wir mit technisch einfachen und zugleich kostengünstigen Lösungen bedeutende Effekte erzielen können. Nach aktuellen Berechnungen können in Niedersachsen durch Vernässungsmaßnahmen in Mooren Einsparungen in Höhe von 30 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Hektar und Jahr erreicht werden.

Klimaschutz durch Moorentwicklung hat für die Landesregierung daher eine besondere Priorität. Die Erhaltung naturnaher Moore und die klimaverträgliche Bewirtschaftung kultivierter Moorböden gehören zu den großen klimapolitischen Zukunftsaufgaben unseres Landes. Die Landesregierung greift dieses auf und verfolgt mit ihrer Moorschutzstrategie das Ziel, die Treibhausgasemissionen aus Mooren zu reduzieren und die Hochmoore als Kohlenstoffsenken zu reaktivieren.

Kern der niedersächsischen Klimaschutzpolitik ist die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Klimaschutzstrategie ist daher eine nachhaltige Energiepolitik des Landes.

Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien möchten wir ein neues nachhaltiges System erreichen, das völlig auf Atomkraft und schrittweise auch auf fossile Energieträger verzichtet. Wir streben dabei eine Energieversorgung aus 100 Prozent erneuerbaren Energiequellen an.

Niedersachsen als Energieland kommt hierbei eine besondere Verantwortung zu. Die Niedersächsische Landesregierung ist sich dieser Verantwortung bewusst und stellt sich dieser Herausforderung.

Auch die Teilnehmer der auf Einladung von Ministerpräsident Stephan Weil und Umweltminister Stefan Wenzel zusammen gekommenen „Kleinen Energierunde“ halten eine zeitnahe Korrektur der energiepolitischen Rahmenbedingungen für erforderlich. Das am 16. Oktober 2013 vorgestellte Positionspapier „Energiewende 2.0“ enthält zahlreiche Empfehlungen für eine erfolgreiche Gestaltung der Energiewende. Dabei haben sich die Teilnehmer der Kleinen Energierunde auf folgende grundlegende Eckpfeiler für die Erarbeitung von Umsetzungsoptionen der Energiewende verständigt:

§ Das heutige Produktivitätsniveau von Industrie und Wirtschaft soll auch zukünftig beibehalten werden.

§ Die Versorgungssicherheit soll weiterhin auf dem bestehenden hohen Niveau sichergestellt werden.

§ Die Wege der Energiewende zur Erreichung der gesetzten Ziele sollen volkswirtschaftlich optimal ausgestaltet werden.

Die Runde gibt darauf aufbauend konkrete Empfehlungen unter anderem zur zukünftigen Förderung Erneuerbarer Energien, zum Emissionshandel und zum Strommarktdesign.

Die Verabschiedung eines Landesklimaschutzgesetzes schließlichist ein zentrales Vorhaben, das die bisher genannten Punkte einbettet und ergänzt. Es soll im Rahmen eines gesellschaftlichen Dialogs entwickelt werden und konkrete energie- und klimaschutzpolitische Ziele sowie Verfahrensvorschläge zur Durchführung von Maßnahmen des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel enthalten. Diese Maßnahmen sollen mit den Handlungsempfehlungen der Regierungskommission Klimaschutz in einem verbindlichen „Integriertes Klimaschutz- und Energieprogramm des Landes Niedersachsen“ zusammengeführt werden, dass alle fünf Jahre evaluiert und fortgeschrieben werden soll. Um die Handlungserfordernisse und Umsetzungsoptionen konkret und pragmatisch zu beschreiben, sollen Ziele und Maßnahmen zeitlich differenziert bewertet werden, mit einer Fokussierung auf die nächsten ca. zehn Jahre und unter gleichzeitiger Beachtung der langfristigen Zielperspektive bis 2050. Damit der Klimawandel auf eine Erwärmung von weniger als 2 °C beschränkt bleibt, hat der Europäische Rat im Februar 2011 für die EU das Ziel bestätigt, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 zu verringern.

Der Schutz des Klimas und seine Auswirkungen auf künftige Generationen sind von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Für die Landesregierung ergibt sich daraus, Energiewende, Klimaschutz und Klimawandel als gesellschaftliche Aufgabe wahrzunehmen. Nur gemeinsam können Staat und Gesellschaft, Land und Kommunen den klimapolitischen Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft begegnen. Dafür brauchen wir neue Formen des koordinierten Vorgehens und mehr Dialog, um Bürgerinnen und Bürger und Interessengruppen stärker in die Diskussion klimapolitischer Lösungen und deren Umsetzung einzubinden.

Artikel-Informationen

erstellt am:
01.11.2013

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