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Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)

Rede des Niedersächsischen Ministers für Umwelt, Energie und Klimaschutz
Stefan Wenzel beim Bundesrat zu TOP 49: Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts (BR-Drs. 293/14)


- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Deutschland hat sich auf einen langen Weg begeben. Der Umbau der Energieversorgung eines Industrielandes auf regenerative Energiequellen ist historisch beispiellos.

Deutschland hat sich international verpflichtet, das 2 Grad Ziel zu erreichen. Ein Ziel, dass weitreichende Folgen für unser Leben, Arbeiten und Wirtschaften hat, aber in Bezug auf die Erderwärmung gerade noch als beherrschbar gilt.

Eine gewaltige Herausforderung, weil viele alte Geschäftsmodelle in Frage gestellt werden oder gestellt werden müssen. Aber auch der Aufbau von neuen tragfähigen Geschäftsmodellen für die Produktion von Strom aus regenerativen Quellen hat viele Brüche erlebt. Deshalb ist der Wunsch nach Planungssicherheit und verlässlichen Rahmenbedingungen quer durch alle Branchen zu hören.

Jetzt liegt eine neue Novelle des EEG auf dem Tisch. Hinter uns liegt eine lange Debatte. Dabei ging es lange nur um Strompreise für Privatkunden und die Höhe der EEG Umlage. Das EEG hat sich als äußerst wirkungsvolles Instrument erwiesen, um den Ausbau der Erneuerbaren im Strombereich voranzutreiben. In Deutschland kann rechnerisch bereits gut ein Viertel des Stromverbrauchs aus regenerativ erzeugtem Strom gedeckt werden.
Mit dem jährlich wiederkehrenden Anstieg der EEG-Umlage ist aber auch deutlich geworden, dass die Förderung der Erneuerbaren Energien kosteneffizienter erfolgen muss.
Gewerbe und Industrie sind auf eine bezahlbare und gesicherte Energieversorgung angewiesen. Aber auch im privaten Bereich müssen wir darauf achten, dass die Kosten für die Energieversorgung angemessen bleiben.
Niedersachsen begrüßt im Grundsatz den vom Bundestag verabschiedeten Entwurf eines Gesetzes zur grundlegenden Novelle des EEG.

Anrede,

als Bundesumweltminister Röttgen vor drei Jahren Studien von renommierten Instituten zur maximal möglichen Höhe der EEG Umlage vorlegte, lag die Prognose des BMU bei höchstens 4,2 Cent/kWh. Das es anders kam, hing insbesondere mit dem Versagen des Emissionshandels und dem dadurch bedingten Rückgang der Strompreise an der Börse zusammen. Die beiden Koalitionspartner der alten Bundesregierung hatten eine Reform des Emissionshandels lange Zeit bewusst blockiert und den Preisverfall provoziert.

Bis heute wird vielfach verkannt, wo die eigentlichen Preistreiber der EEG - Umlage liegen. Nicht überbordender Zubau war die Ursache, sondern ein Verfall der Preise für CO2-Verschmutzungsrechte, ausufernde Ausnahmen und ein neuer Wälzungsmechanismus am Strommarkt. Keiner dieser Gründe wird mit dieser Reform ernsthaft angepackt. Deshalb wird von diesem Gesetz auch nur eine moderate Dämpfung der Umlage erwartet.

Wichtige Baustellen bleiben offen. Ein Fanal ist der Anstieg der CO2-Emissionen bei mehr als 25 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien. Braunkohlekraftwerke verdienen Geld während diejenigen, die in moderne Gaskraftwerke investiert haben, in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. So liegt ein Kardinalfehler der Energiepolitik in den vergangenen drei Jahren in der Missachtung der Steuerungselemente, die mühselig geschaffen wurden.

Klimaschutzziele definieren heute die Menge der handelbaren Zertifikate und haben damit durchschlagende Wirkung auf den Preis von Verschmutzungsrechten und damit auf die Geschäftsmodelle, die zukunftsfähig sind. Um Energiewende und Klimaschutz zum Erfolg zu führen führt kein Weg an höheren CO2-Preisen und auch ordnungspolitischen Leitplanken für mehr Energieeffizienz vorbei.

Überfällig ist auch ein Mechanismus für Leistungsbereitstellung. Wer Kraftwerksleistung bereitstellt, um innerhalb kürzester Frist einzuspeisen, erbringt eine geldwerte Leistung. Die notwendige Netzreserve sollte daher von der Bundesnetzagentur in einem transparenten Verfahren ausgeschrieben werden.

Anrede,

als die Beratungen zu diesem Gesetz begannen hatte ich die Hoffnung, dass eine möglichst breite gesellschaftliche Koalition sich zu einer Reform durchringt, um längerfristig Planungssicherheit zu gewinnen.

Diese Hoffnung wurde leider enttäuscht. Zuletzt gab der noch amtierende deutsche Energiekommissar zu Protokoll, dass er das ganze Gesetz abschaffen wolle. Derweil packte der Wettbewerbskommissar ganz neue Bedenken aus und legte Forderungen nach, die das Gesamtprojekt in Frage stellen würden. Das geschieht nach den Europawahlen und kurz vor Berufung der neuen Kommission.

Anrede,

über das Vorgehen der beiden Kommissare bin ich gelinde gesagt entsetzt. So geht man nicht mit gewählten Parlamenten um.

Um richtig verstanden zu werden: Ich bin der Auffassung, dass wir für Klimaschutz und Energiewende stringente europäische Lösungen brauchen. Ich kann aber nicht akzeptieren, dass man Privilegien und Subventionen der fossilen und atomaren Techniken unangetastet lässt, Wettbewerbsverzerrungen und externe Kosten ignoriert und gleichzeitig Mechanismen zur Förderung der Erneuerbaren Energien in Frage stellt. Das gilt auch für die Umweltbeihilfeleitlinien, die eine Kompetenzüberschreitung der Kommission darstellen.

Das neue EEG enthält Licht und Schatten. Im Verbund der Länder ist es gelungen einige entscheidende Veränderungen durchzusetzen. In die vom Bundestag am 27. Juni verabschiedete Fassung sind wesentliche Forderungen der Länder aufgenommen worden, die diese gegenüber der Bundesregierung geltend gemacht und durchgesetzt haben.
Von besonderer Bedeutung nicht nur für Niedersachsen sind die Verbesserungen bei der Windenergie onshore. Mit dem Abstellen des Zubaukorridors auf einen Nettozubauwert wird der weitere Zubau von Windenergieanlagen ermöglicht, ohne dass der Ersatz von alten Anlagen durch leistungsstärkere Neuanlagen vollständig auf den Zubauwert angerechnet wird.
Die Länder haben ferner erreicht, dass die im Referenzertragsmodell zunächst vorgesehene unverhältnismäßige Vergütungskürzung an mittleren Standorten durch die vom Bundestag beschlossene Fassung des Gesetzentwurfs gegenüber einem Vorgängerentwurf abgemildert wurde.
Im Bereich Windenergie offshore begrüßen wir, dass der Gesetzentwurf nunmehr stringentere Vorgaben betreffend den Entzug nicht genutzter Netzanbindungszusagen enthält. Ebenso wie die Neuregelung zur Degression bei verzögerter Netzanbindung kann dies einen Beitrag dazu leisten, die angestrebten Ausbauziele für diese Technologieart auch tatsächlich zu erreichen. Bei der Photovoltaik wurde die Degression ein Stück zurückgenommen.

Der grundsätzliche Erhalt von Ausnahmen für stromintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, ist erfolgt. Wir wollten nicht, dass stromintensive Unternehmen samt Arbeitsplätzen in Regionen auf der Welt verdrängt werden, wo die Umweltstandards niedriger sind als in Deutschland. Da es um globale Emissionsminderung geht, wäre die Wirkung negativ. Konzentration auf das tatsächlich notwendige ist allerdings nicht gelungen. Die Gesamthöhe der Ausnahmen bleibt fast gleich. Problematisch ist auch, dass die EU Kommission die Möglichkeit von Rückforderungen offen stehen ließ.

Im Hinblick auf die vorgesehene Stichtagsregelung hätten wir uns bundesseitig noch eine Nachbesserung gewünscht. So halten wir die Übergangsfrist im novellierten EEG insbesondere für Projekte zur Errichtung von Windenergieanlagen als zu kurz bemessen.

Ein weiterer für uns kritischer Punkt ist die Festlegung im Entwurf, dass bis spätestens 2017 die Höhe der finanziellen Förderung durch Ausschreibungen ermittelt werden soll. Erfahrungen mit diesem Vergütungsmodell liegen in Deutschland bislang nicht vor. Zwar sieht der vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf Pilot-Ausschreibungen für Freiflächenanlagen für Photovoltaik vor, nicht aber für Windenergieanlagen. Hier wird darauf zu achten sein, dass auch künftig die Akteursvielfalt bei der Errichtung von Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien gewahrt wird. Alles Weitere bräuchte ein weiteres Gesetz. Der Einstieg in Ausschreibungen hätte voraussichtlich zur Folge, dass gerade die Bürgerenergiewende abgewürgt werden würde, denn die Beteiligung insbesondere von Bürgerenergieprojekten ist ein wesentlicher Stützpfeiler zum Erhalt der Akzeptanz für die Energiewende.

Schließlich sieht der Gesetzentwurf vor, dass mehr Stromverbraucher an den Kosten beteiligt werden. Das begrüßen wir grundsätzlich. Wir haben uns allerdings auch für eine Anhebung bei der vorgesehenen Bagatellgrenze für kleine Anlagen ausgesprochen. Mit der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagenen Grenze von 10 kW für Eigenversorgungsanlagen könnten nämlich etliche dieser Anlagen in ihrer Wirtschaftlichkeit gefährdet sein. Im Hinblick auf eine mögliche Überforderung insbesondere von Anlagen, die Eigenstrom aus erneuerbaren Energien gewinnen, hatte sich Niedersachsen für eine niedrigere Teilumlage ausgesprochen.

Bei Eigenstrom konnte der Bundesrat, der einheitlich nicht mehr als 15 Prozent gefordert hatte, seine Vorstellungen nicht durchsetzen. Auch die Gleichstellung von Eigenstrom und Direktstrom konnten wir leider nicht durchsetzen. Hier muss die Wirkung genau beobachtet werden. Deshalb unterstützen wir die Entschliessung von NRW, die eine Reihe wichtiger Punkte zum weiteren Verfahren enthält.

Anrede,

die Energiewende wurde bislang von den neuen und kleinen Akteuren am Energiemarkt getragen. Von hier kam die Dynamik und von hier muss sie auch in Zukunft kommen. Das wird nicht leicht. Einige Insolvenzen lassen Befürchtungen aufkeimen, allerdings muss man sehen, dass auch die Grossen keine leichte Zeit haben.

Eine erfolgreiche Energiepolitik muss Energiewende und Klimaschutz im Blick haben. Wir müssen uns jetzt wappnen für die Klimakonferenz in Paris im Jahr 2015. Die Bundesregierung und die EU Kommission haben hier noch einen langen Weg vor sich. Wir werden unseren Teil dazu beitragen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
11.07.2014
zuletzt aktualisiert am:
08.02.2024

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