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Die Geschichte einer schwierigen Beziehung

Warum wurde der Wolf in Niedersachsen ursprünglich ausgerottet?


"Nachdem bekannt geworden war, dass einige Bauern am Rande des Sollings durch Wölfe Vieh verloren hatten, erteilte der Wolfenbütteler Herzog Julius am 29. Januar 1588 seinem Jägermeister Carl Capaun den Befehl, eine Wolfsjagd in diesem Waldgebiet durchzuführen, die dazu nötigen Wolfsgarne herbeizuschaffen, die Jegere und Forstern des orts hinzuzuziehen, außerdem underthanen und Hunde, soviel dazu nöthig, damit den armen leuthen kein weiterer Schaden an ihrem Vieh entstehe. Am 6. Februar kann der Jägermeister berichten, dass bei der Jagd 5 Wölfe getötet wurden, denen auf Anordnung Philipp Sigismunds, des jüngsten Sohnes des Herzogs, das Fell abgezogen und die zerlegt worden seien, doch anders als der älteste Sohn Heinrich Julius vermutet hätte, seien in den Nieren der Wölfe keine giftigen Schlangen gefunden worden."

Aus dem Heft "Der Wolf: verfolgt - verteufelt - verkannt"

Wie der Wolff mit Netzen zu fangen   Bildrechte: MU
"Wie der Wolff mit Netzen zu fangen" Kupferstich von Elias Ridinger, 1729

Historische Berichte über Konflikte zwischen Wolf und Mensch in Niedersachsen sind vielfach belegt. Auch früher waren insbesondere Weidetierhalter betroffen, für die bei Verlust ihrer Tiere oft die Existenz auf dem Spiel stand. Hinzu kamen gelegentliche Übergriffe auf Menschen - beispielsweise bedingt durch tollwütige Wölfe oder im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen. Das führte dazu, dass der Wolf als Plage, ja sogar als Geißel Gottes angesehen wurde. Nach dem Ende des 30-jährigen Krieges, also ab ca. 1650 begannen die Fürsten auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsen mit organisierten Ausrottungsmaßnahmen. Hiermit wollte die Obrigkeit ihre Fürsorge gegenüber der armen Landbevölkerung demonstrieren und gleichzeitig die Reduzierung des nur vom Adel bejagbaren Hochwildes durch den Wolf eindämmen.

Mittels speziell angelegter Wolfsgärten, Wolfsgruben, dem Aufhängen von aus heutiger Sicht barbarischer Wolfsangeln und der Veranstaltung großer Treibjagden unter zwangsweiser Einbeziehung der Bevölkerung wurden die Wölfe systematisch dezimiert, bis im 19. Jahrhundert nur noch vereinzelte Wölfe auftauchten, die unter enormem Ressourceneinsatz gejagt wurden. Erst mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und durch den strengen gesetzlichen Schutz hatten Wölfe wieder die Chance, sich aus Osten kommend in ihrem früheren Lebensraum anzusiedeln.

Was geschieht in Zukunft?

Das historisch schwer belastete Verhältnis zwischen Wolf und Mensch ist also keineswegs lediglich auf Märchen zurückzuführen. Eine erneute Ausrottung braucht der Wolf in Niedersachsen allerdings nicht zu befürchten. Der rechtliche Schutz der Art ist EU- und somit auch deutschlandweit sichergestellt, wenngleich innerhalb der EU unterschiedlich strenge Auflagen zum Schutz gelten. Das Erreichen und die Aufrechterhaltung des günstigen Erhaltungszustands dieser Art ist Ziel aller EU-Länder. Dieser Zustand scheint in Deutschland unter Berücksichtigung der derzeitigen Bestandsentwicklung absehbar, wird aber auch zukünftig nichts am strengen Schutzstatus ändern.

Der Wolf bleibt absehbar in den entsprechenden Anhängen der Berner Konvention und der FFH-Richtlinie gelistet. Dennoch eröffnet das Erreichen des günstigen Erhaltungszustands den Mitgliedstaaten der EU mehr Flexibilität beim Wolfsmanagement - also auch eine letale, streng kontrollierte Bestandskontrolle würde möglich. Mittelfristig ist es das Ziel der Landesregierung, einen gesunden, aber auch gesamtgesellschaftlich akzeptierten Bestand zu sichern.

Das zitierte Heft mit vielen interessanten historischen Einblicken und Illustrationen kann beim Museumsdorf Hösseringen erworben werden

Der Wolf: verfolgt - verteufelt - verkannt   Bildrechte: Museumsdorf Hösseringen

Der Wolf: verfolgt - verteufelt - verkannt

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