Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Niedersachsen klar Logo

Ist der Ausschluss von großen Stallbauten in Landschaftsschutzgebieten zulässig?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Olaf Lies hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (GRÜNE) geantwortet.

Vorbemerkung des Abgeordneten

Mit der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Sollingvorland-Wesertal“ sollte ein Bauverbot für große Stallbauten in den Zonen 1 und 2 erreicht werden. Die vom Kreistag Holzminden am 20. April 2015 beschlossene Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Sollingvorland-Wesertal“ wurde aufgrund einer Beanstandung der Landrätin Schürzeberg vor einer Bekanntmachung dem Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz unter Bezugnahme auf § 88 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) zur Prüfung übermittelt. Die Prüfung ergab keine Beanstandungen an der Zulässigkeit der Verordnung: „Die angesprochenen Regelungen des Verbots der Errichtung baulicher Anlagen (für Zone 1 gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1; für Zone 2 gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1) sind grundsätzlich nicht zu beanstanden, denn sie dienen der Sicherung der Erhaltung des Landschaftsbildes, das vom Allgemeinen Schutzzweck nach § 4 Abs. 1 nach dessen eindeutigem Wortlaut erfasst wird. Der Besondere Schutzzweck insbesondere für Zone 2 nach § 6 schränkt den Allgemeinen Schutzzweck nach § 4 Abs. 1 weder dem Wortlaut noch dem Sinne nach ein. Da ein Bauverbot in Zone 2 aber nicht auf Schutzerfordernisse des EU-Vogelschutzgebiets gestützt werden kann - die hier wertgebenden Arten (Rotmilan und Uhu) weisen nämlich keine besondere Empfindlichkeit gegenüber ‚Vertikalstrukturen‘ auf -, wird angenommen, dass das Bauverbot in den Zonen 1 und 2 - auch soweit einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung nicht bedürftige Baumaßnahmen aller Art erfasst werden - auf die Sicherung der Erhaltung des Landschaftsbildes (Allgemeinen Schutzzweck nach § 4 Abs. 1) gestützt bzw. aus diesem Schutzzweck abgeleitet werden kann.“ (Drucksache 17/4069)

Trotzdem hatte der Kreistag in seiner Sitzung am 7. April 2017 den Auftrag erteilt, eine erneute Änderung der Verordnung anzustoßen, um große Stallbauten im Schutzgebiet zu ermöglichen. Diese Auslegung war Ende 2017 abgeschlossen, und die Verwaltung bezeichnete per Pressemitteilung die Kritik der Bürgerinnen und Bürger als unbegründet.

Da unklar war, was warum geändert wurde, und es Mängel bei der Auslegung gegeben haben soll, hatten sich Bürgerinnen und Bürger auch an das Umweltministerium und die Kommunalaufsicht gewandt. Der Landkreis Holzminden verfügte daraufhin am 31. Januar 2018, dass die Unterlagen erneut vom 19. Februar bis 22. März 2018 in den Gemeinden auszulegen sind.

Vorbemerkung der Landesregierung

Mit Bericht vom 04.05.2015 hat die Landrätin des Landkreises Holzminden die durch den Kreistag am 20.04.2015 beschlossene – aber zu dem Zeitpunkt noch nicht verkündete – Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Sollingvorland-Wesertal“ im Landkreis Holzminden (LSG-Verordnung) unter Bezugnahme auf § 88 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 NKomVG der obersten Naturschutzbehörde vorgelegt, weil sie den Beschluss zum Erlass der Verordnung für rechtswidrig hielt, da Inhalte der Verordnung Ihrer Auffassung nach nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprächen. Mit ergänzendem Bericht vom 28.05.2015 konkretisierte sie Ihre Bedenken hinsichtlich der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dahin gehend, dass nach Maßgabe des in den §§ 4 und 6 der Verordnung für Zone 2 definierten, auf das EU-Vogelschutzgebiet bezogenen Schutzzwecks ein generelles Bauverbot nicht erforderlich sei. Die Abwägung zwischen der Art der Zielerreichung und der getroffenen Maßnahme des generellen Bauverbots sei nicht ausgewogen und damit Ihrer Auffassung nach unverhältnismäßig (siehe § 7 Abs. 2 Nr. 6 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 1). Gleiches gelte für die Regelungen des § 8 Abs. 1 Nr. 1b) der Verordnung.

Hierzu wurde seitens des Umweltministeriums mit Blick auf § 7 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 (allgemeines Bauverbot in Zone 2) der LSG-Verordnung gegenüber dem Landkreis Holzminden ausgeführt, dass die Vorschrift grundsätzlich nicht zu beanstanden sei, denn sie diene gemäß dem Verordnungstext der Sicherung der Erhaltung des Landschaftsbildes, das vom Allgemeinen Schutzzweck nach § 4 Abs. 1 nach dessen eindeutigem Wortlaut erfasst werde. Der Besondere Schutzzweck für Zone 2 nach § 6 schränke den Allgemeinen Schutzzweck nach § 4 Abs. 1 weder dem Wortlaut noch dem Sinne nach ein.

Fachlich könne ein Bauverbot in Zone 2 aber nicht auf Schutzerfordernisse des EU-Vogelschutzgebietes gestützt werden, denn die hier wertgebenden Arten (Rotmilan und Uhu) wiesen keine besondere Empfindlichkeit gegenüber „Vertikalstrukturen“ auf. Daher werde angenommen, dass das Bauverbot in den Zonen 1 und 2 – auch soweit einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung nicht bedürftige Baumaßnahmen aller Art erfasst werden – auf die Sicherung der Erhaltung des Landschaftsbildes (Allgemeinen Schutzzweck nach § 4 Abs. 1) gestützt bzw. aus diesem Schutzzweck abgeleitet werden könne.

Die Antwort der obersten Naturschutzbehörde bezog sich damit auf die seinerzeit gestellte Frage, ob das generelle Bauverbot aufgrund der Belange des EU-Vogelschutzes erforderlich sei. Hieraus – wie mit der jetzigen Anfrage offensichtlich intendiert – ableiten zu wollen, dass die fachliche Erforderlichkeit sowie Notwendigkeit des Schutzes der Landschaftsbildes im in Rede stehenden Landschaftsschutzgebiet durch die oberste Naturschutzbehörde festgestellt worden sei, geht fehl. Dem Landkreis Holzminden ist vielmehr ausdrücklich deutlich gemacht worden, dass die Erforderlichkeit der einzelnen Schutzbestimmungen jeweils auf die sie tragende Begründung (ein Schutzzweck oder mehrere Schutzzwecke) zu stützen bzw. aus dieser abzuleiten sei. Im Übrigen hält die oberste Naturschutzbehörde mit Blick auf die Belange des EU-Vogelschutzgebietes an der Antwort fest.

1. Hält auch die neue Landesregierung an der damaligen Entscheidung nach § 88 NKomVG zur Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit des Bauverbotes aus Gründen des Allgemeinen Schutzzweckes (Sicherung des Landschaftsbildes) fest?

Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen.

2. Welche Punkte wurden bei der erneuten Änderung des LSG Sollingvorland-Wesertal im Kreis Holzminden bemängelt?

Die Bürgerinitiative Tuchtberg e.V. hat sich mit Schreiben vom 21. November 2017 an das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport gewandt. Dieses Schreiben wurde seitens des Innenministeriums zur weiteren Veranlassung dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz übermittelt.

Die Bürgerinitiative weist darauf hin, dass der Landkreis Holzminden plane, die Landschaftsschutzgebietsverordnung bezüglich des in Rede stehenden Bauverbotes im Landschaftsschutzgebiet zu ändern. Die Bürgerinitiative macht geltend, dass das Auslegungsverfahren zur Änderung der Landschafts-schutzgebietsverordnung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. In der Sache bemängelt sie,

  • dass die Bekanntmachung der Auslegung seitens des Landkreises sowie in den Gemeinden Dielmissen und Lüerdissen nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden sei,

  • dass in der Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf Unterlagen fehlerhaft ausgelegt worden seien und

  • dass die Unterlagen ohne Begründung ausgelegt worden seien.

    Mit Schreiben vom 13. Januar 2018 hat die Bürgerinitiative ergänzend als Material die Beschlussvorlage des Landkreises Holzminden vom 16. März 2017 zur „Neuverordnung des Landschaftsschutzgebietes Sollingvorland-Wesertal im Landkreis Holzminden“ sowie den Beschluss des Oberverwaltungsgericht Lüneburg vom 06. Juli 2016 (AZ: 4 MN 79/16) bezüglich des vom OVG abgelehnten Antrages, die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet “Sollingvorland-Wesertal“ im Landkreis Holzminden vom 20. April 2015 einstweilen außer Vollzug zu setzen, übermittelt.

3. Welche Kontakte gab es dazu zwischen Umweltministerium und Landkreis Holzminden?

Zu dem in Rede stehenden Vorgang erfolgten folgende Kontakte:

  • 06. Dezember 2017: Telefonat zwischen dem Landkreis Holzminden sowie erläuternde Mail des Umweltministeriums an den Landkreis Holzminden.

  • 07. Dezember 2017: Seitens des Umweltministeriums Anforderung eines Berichtes beim Landkreis Holzminden zu den durch die Bürgerinitiative geltend gemachten Verfahrensfehlern.

  • 16. Januar 2018: Nach Fristverlängerungen seitens des Umweltministeriums vom 08. Dezember 2017 und 10. Januar 2018 Eingang des Berichtes des Landkreises Holzminden.

Artikel-Informationen

erstellt am:
01.03.2018

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln