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Mögliche Aufweichung des Umweltschutzes für die Trinkwasserförderung am Panzenberg: Schafft die Landesregierung einen Präzedenzfall?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Olaf Lies hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Imke Byl und Helge Limburg (GRÜNE) geantwortet.


Vorbemerkung der Abgeordneten

Im Landkreis Verden wird am Wasserwerk Panzenberg Trinkwasser gefördert, das der Trinkwasserverband Verden zu großen Teilen nach Bremen liefert. Die Genehmigung für die Trinkwasserförderung lief bereits vor zehn Jahren aus und wird seither mit unverminderter Fördermenge mit einer Duldung der unteren Wasserbehörde weitergeführt. Eine Zulassung ist nur möglich, wenn die rechtlichen Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie erfüllt werden.

Die Landesregierung plant nun ein Verfahren, um von den Umweltschutzvorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie abzuweichen. Solle die Trinkwasserförderung am Wasserwerk Panzenberg im Landkreis Verden unverändert fortgesetzt werden, sei es nicht möglich, für den Bach Halse, wie nach EU-Recht erforderlich, einen guten ökologischen Zustand zu erreichen, teilte Umweltminister Olaf Lies in einer Pressemitteilung vom 14. März 2018 mit.

‚“Wir wollen Planungssicherheit herstellen und prüfen, ob eine erneute Erteilung des Wasserrechtes an den Trinkwasserverband Verden möglich ist‘, sagte Olaf Lies. ‚Der Trinkwasserverband Verden braucht endlich Planungssicherheit. Wir werden die jahrelange Hängepartie beenden und das Verfahren zur Prüfung weniger strenger Bewirtschaftungsziele schleunigst aufnehmen. Nach Vorlage der Untersuchungsergebnisse durch den Wasserverband, den Landkreis und das Land Bremen wird das Umweltministerium feststellen, ob die Voraussetzungen für die Formulierung weniger strenger Bewirtschaftungsziele erfüllt werden.‘„

In der Pressemitteilung heißt es weiter: „Eine Entscheidungsgrundlage für das Land ist u. a. eine Alternativenprüfung, bei der untersucht wurde, welche baulichen und technischen Alternativen zur derzeitigen Förderkonstellation am Wasserwerk bestehen und welche ökologischen und ökonomischen Auswirkungen hiermit verbunden wären. Des Weiteren wurde ermittelt, welche Maßnahmen an der Halse selbst zur ökologischen Verbesserung in Betracht gezogen werden können. Außerdem wurde das Land Bremen aufgefordert zu prüfen, ob die geförderte Wassermenge reduziert werden kann. Diese vorgelagerten Prüfungen sollen jetzt vervollständigt und dann für die Entscheidung über eine Änderung der Bewirtschaftungsziele verwendet werden. Erkennt das Land an, dass durch die Alternativenprüfung die Voraussetzungen für eine Formulierung weniger strenger Bewirtschaftungsziele für den Halsebach erfüllt sind, könnte der Landkreis Verden die erforderliche Genehmigung doch noch erteilen.“

Vorbemerkung der Landesregierung

Der Betrieb des Wasserwerkes Panzenberg im Landkreis Verden beruht derzeit auf einer rechtswirksamen wasserrechtlichen Erlaubnis. Es ist daher unzutreffend, von einer „Duldung“ durch die untere Wasserbehörde zu sprechen. Eine Konstellation, in der die zuständige Ordnungsbehörde gegen ein rechtswidriges Handeln nicht einschreiten würde, ist vorliegend nicht gegeben.

Die Anfrage knüpft an eine Pressemitteilung des Umweltministeriums vom 14. März 2018[1] an. Darin wurde eine Prüfung angekündigt, ob gemäß § 30 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) für den Halsebach weniger strenge Bewirtschaftungsziele festgelegt werden können und sollen. Die Möglichkeit, eine solche Regelung zu treffen, sieht die Wasserrahmenrichtlinie in ihrem Art. 4 Abs. 5 ausdrücklich vor.

Es ist daher unzutreffend, wenn die Anfrage davon spricht, dass eine „Abweichung von Vorgaben“ des Europarechts geplant sei.

1. Auf welcher rechtlichen Grundlage, nach welchen Kriterien und unter Einbindung welcher Akteure wurde die Alternativenprüfung durchgeführt?

Der Landkreis Verden ist gemäß § 128 Abs. 1 und § 127 Abs. 2 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) für die Entscheidung über den dort vorliegenden Bewilligungsantrag des Trinkwasserverbandes Verden zuständig. Der Landkreis hat in Zusammenarbeit mit dem Antragsteller, Stellen des Landes Bremen und Fachbehörden des Landes Niedersachsen in der Vergangenheit mit Prüfungen begonnen, welche baulichen und technischen Alternativen zur derzeitigen Förderkonstellation am Wasserwerk bestehen und welche ökologischen und ökonomischen Auswirkungen hiermit verbunden wären. Des Weiteren wurde ermittelt, welche Maßnahmen an der Halse selbst zur ökologischen Verbesserung in Betracht gezogen werden können.

Mit diesen Prüfungen wollte der Landkreis klären, inwieweit negative Auswirkungen des Wasserwerkes, die dazu beitragen, dass das zu erreichende ökologische Potenzial des Halsebaches verfehlt wird, vermindert oder vermieden werden können. Angesichts des Widerspruches, der zwischen den Auswirkungen der Grundwasserentnahme und den derzeit geltenden Bewirtschaftungszielen für die Halse besteht, drängte sich eine solche Prüfung auf.

Der Bremer Senat andererseits ist für die Aufgabe zuständig, gemäß § 50 WHG die öffentliche Wasserversorgung als Aufgabe der Daseinsvorsorge im bremischen Landesgebiet wahrzunehmen. Gemäß dieser Aufgabenstellung hat er unter Einbindung der Bremer Wasserversorgungsunternehmen mit Prüfungen begonnen, inwieweit der Bezug von Trinkwasser aus dem Wasserwerk Panzenberg reduziert werden kann.

Wie in der oben genannten Presseinformation des Umweltministeriums dargestellt, sind diese Prüfungen derzeit noch nicht abgeschlossen.

2. Welche Alternativen zur unveränderten Förderung am Trinkwasserwerk Panzenberg wurden bislang vom Land Bremen, dem Land Niedersachsen bzw. dem Trinkwasserverband Verden geprüft (bitte die Gründe nennen, warum diese Alternativen nicht verfolgt werden)?

Die vom Land Bremen geprüften Alternativen wurden in einer öffentlichen Veranstaltung am 17. Januar 2018 in Verden dargestellt. Es handelt sich um

(1) Möglichkeiten zur Trinkwassergewinnung in Bremen aus dem Grundwasser,

(2) die Nutzung von Oberflächenwasser aus der Weser,

(3) Lieferungen von Trinkwasser aus Bremerhaven an die Stadt Bremen,

(4) Wasserbezug vom Wasserwerk Delmenhorst,

(5) Wasserbezug auf der Basis von Lieferverträgen.

Ebenfalls dargestellt wurden Untersuchungen des Antragstellers, die sich u.a. mit einer alternativen Wasserförderung im Bereich des Wasserwerkes Panzenberg befassten. Es wurde geprüft, ob sich durch eine Verlagerung von Entnahmebrunnen Auswirkungen auf die Halse minimieren lassen.
Neben einer Brunnenverlegung prüften die o.g. Akteure unter Leitung des Landkreises mögliche Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen zwecks Verbesserung des ökologischen Potenzials und zum Schutz eines beeinflussten FFH-Gebietes, z.B. über Gewässersohlabdichtungen oder Wassereinleitungen in die Gewässer.

Das niedersächsische Umweltministerium gab im Jahr 2016 ein Forschungsprojekt in Auftrag, um standardisierte Verfahren der Kosten-Wirksamkeitsanalyse sowie zur Prüfung der Inanspruchnahme abweichender Bewirtschaftungsziele aufgrund der Unverhältnismäßigkeit von Kosten im Zuge der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie entwickeln zu lassen. In dem Projektbericht wurden die genannten Fragen aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht erforscht. Die standardisierten Verfahren, die der Projektbericht vorschlug, wurden durch die Betrachtung einer Alternative exemplarisch angewendet. Die betrachtete Alternative bestand darin, in Bremen eine flächendeckende Nutzung von Grauwasser einzuführen.

Wie in der genannten Presseinformation des Umweltministeriums dargestellt, handelt es sich bei den genannten Alternativenprüfungen um laufende Arbeiten, die nicht abgeschlossen sind. Anderes gilt lediglich für das Forschungsprojekt.
Derzeit ist keine Bewertung seitens des Landes Niedersachsen erfolgt, welche Alternativen möglich sind und welche verfolgt werden sollen. Dies bleibt, wie ebenfalls in der Presseinformation dargestellt, der Prüfung im Verfahren nach § 30 WHG vorbehalten.

3. Vor dem Hintergrund, dass die Wasserlieferungen nach Bremen auf privatrechtlichen Verträgen zwischen dem Bremer Wasserversorger swb und dem Trinkwasserverband Verden beruhen: Wann ist der nächstmögliche Zeitpunkt, um diese Verträge zu ändern bzw. zu kündigen, und soll diese Möglichkeit genutzt werden?

Die beiden Vertragspartner des Liefervertrages, der Trinkwasserverband Verden und das Land Bremen, haben geäußert, dass sie zu den Inhalten, auf die die Frage abzielt, keine Auskünfte erteilen wollen. Dies gelte auch mit Blick auf laufende Gespräche über Änderungen dieser Vereinbarungen.

Die Landesregierung sieht keine Möglichkeit, entgegen diesen Willensäußerungen eine inhaltliche Beantwortung der Frage vorzunehmen.

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