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Antwort auf die mündliche Anfrage: Ritterhude - Verlorenes Vertrauen in Minister Wenzel? (Teil 1)

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Björn Försterling, Jan-Christoph Oetjen, Horst Kortlang, Hermann Grupe, Gabriela König und Dr. Gero Hocker (FDP) geantwortet.

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Am 9. September 2014 ereignete sich eine Explosion auf dem Gelände der Chemiefabrik Organo Fluid GmbH in Ritterhude, bei der ein Mitarbeiter tödlich verletzt wurde, große Teile der Fabrik und angrenzende Privatgebäude zerstört wurden. Am 3. März 2015 berichtete der NDR, dass Umweltminister Stefan Wenzel (GRÜNE) Ärger mit den zehn Gewerbeaufsichtsämtern des Landes habe. In einem Brief beschwerten sich die Chefs der Ämter darüber, dass Wenzel sie nicht gegen politische Angriffe in Schutz nehme. Die Wortbeiträge einiger Abgeordneter in der vergangenen Landtagssitzung hätten den Eindruck erweckt, dass die Gewerbeaufsichtsämter „pauschal in Misskredit“ gebracht würden. Diesem Eindruck habe Minister Wenzel nicht widersprochen, hieße es in dem zweiseitigen Brief.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie lautet der Wortlaut des Briefes, mit dem sich die Leiter der Gewerbeaufsichtsämter an Minister Wenzel gewandt haben?

2. Wie bewertet der Minister die Kritik der Leiter der Gewerbeaufsichtsämter?

3. Wie beabsichtigt Minister Wenzel, das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gewerbeaufsicht zurückzugewinnen?

Minister Wenzel beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Zu 1:

Nachfolgend wird der Wortlaut des Briefes der Behördenleitungen der Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter an Herrn Minister Wenzel vom 02.03.2015 wiedergegeben:

„Sehr geehrter Herr Minister Wenzel,

der Niedersächsische Landtag befasste sich am 18.02., 19.02. und 20.02.2015 zum wiederholten Male mit der Frage, welche Rolle die Niedersächsische Gewerbeaufsicht bei dem Unternehmen Organo Fluid in Ritterhude spielte. Die Wortbeiträge einiger Landtagsabgeordneter haben nach unserer Auffassung den Eindruck erweckt, dass hier ein gesamter Geschäftsbereich des Nds. Umwelt- und Sozialministeriums, nämlich die Niedersächsische Gewerbeaufsicht, pauschal in Misskredit gebracht wird. Herr MdL Bajus stellte konkret heraus, die in den Jahren 2003 bis 2013 amtierende Landesregierung habe durch ihre Prägung in der Gewerbeaufsicht eine Kultur geschaffen, die die Missstände bei dem Unternehmen Organo Fluid und das vermeintliche Versagen der Niedersächsischen Gewerbeaufsicht erst ermöglicht hat. Dies blieb bislang unwidersprochen.

Die Behördenleiter der Niedersächsischen Gewerbeaufsichtsämter stellen hierzu fest:

Die Kolleginnen und Kollegen der 10 staatlichen Gewerbeaufsichtsämter haben als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer technischen Verwaltungsbehörde ihr Handeln allein auf der Grundlage der herrschenden Rechtsnormen und den einschlägigen technischen Standards auszurichten. Es gibt nach unserer Auffassung keinen Beleg dafür, dass seitens der Staatlichen Gewerbeaufsicht im Zusammenhang mit dem Unternehmen Organo Fluid oder sonst einem Unternehmen in Niedersachsen aufgrund einer konkreten politischen Einflussnahme oder Kultur gegen geltendes Recht verstoßen wurde. Die behördlichen Entscheidungen wurden so getroffen, dass die Schutzgüter der durch uns zu vollziehenden Gesetze unangetastet bleiben.

In der Vergangenheit hat es auch unter der Ägide anderer Landesregierungen zu geplanten Investitionsvorhaben oder unserer Überwachungspraxis in Anlagen und Unternehmen regelmäßig politische Positionierungen unterschiedlichster Art gegeben. Wenn es aus Sicht der von uns zu vertretenden Belange geboten war, hat die Niedersächsische Gewerbeaufsicht auch in solchen Fällen stets eine zuverlässige, auf rechtlichen Grundlagen fußende Haltung, eingenommen und diese auch vertreten. Maßstab für eine Entscheidung im Einzelfall war auch in derartigen Fällen immer die jeweilige Rechtslage. Eine einseitige, den Interessen der Niedersächsischen Wirtschaft gehorchende Entscheidungskultur hat es in der Niedersächsischen Gewerbeaufsichtsverwaltung nie gegeben. Dies beweisen unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen tagtäglich bei Entscheidungen, die die Interessen von Arbeitnehmern, Nachbarn von Unternehmen und Verbraucher wahren. Diese Entscheidungen schränken das Handeln von Unternehmen ein. In Einzelfällen sind sie konkret gegen die Interessen von Unternehmen gerichtet. Die Gewerbeaufsichtsämter waren und sind rechtlich verankerte Aufsichtsbehörden. Nach unseren Erfahrungen in den Handlungsfeldern Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutz muss es auch so bleiben.

Dass es in technischen Behörden wie bei der Gewerbeaufsicht zu Fehlern kommen kann, räumen wir ein. Die komplexe Aufgabe, technische Sachverhalte in einen juristischen Kontext zu stellen, ist vor dem Hintergrund des mittlerweile seit 20 Jahren andauernden Personalabbaus, immer schwerer zu bewältigen. Hinzu kommen eine immens hohe Regelungsdichte sowie eine sehr große Zuständigkeitsbreite. Dass einzelne Fehler jedoch als symptomatische Eigenschaft für die ganze Gewerbeaufsicht verallgemeinert werden, weisen wir auch mit Blick auf die Fürsorgepflicht für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück.

Frau Ministerin Rundt hat in Ihrer Erklärung vor dem Niedersächsischen Landtag für die Landesregierung erklärt, dass eine Schuldzuweisung an den Landkreis Rotenburg, der in der Angelegenheit Organo Fluid ebenfalls beteiligt ist, derzeit nicht statthaft sei, da die staatsanwaltlichen Ermittlungen laufen und noch nicht abgeschlossen sind. Frau Rundt führte weiter aus, dass hier die Unschuldsvermutung gelte. Dieses teilen wir ausdrücklich und erbitten diese Haltung auch für die niedersächsische Gewerbeaufsicht einzunehmen.

Sehr geehrter Herr Minister Wenzel,

wir bitten Sie darum, uns offensiv in unserem Begehren zu unterstützen, die seit Jahrzehnten geleistete Arbeit der Gewerbeaufsicht in Niedersachsen nicht pauschal diskreditieren zu lassen. Eine eindeutige Positionierung im politischen Raum Ihrerseits ist in diesem Zusammenhang sicherlich hilfreich.

Mit freundlichen Grüßen“

Zu 2:

Herr Minister Wenzel bewertet das Schreiben der Behördenleitungen der Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter vom 02.03.2015 als Ausdruck einer praktizierten offenen Dialogkultur und hat daher am 04.03.2015 einen konstruktiven Meinungsaustausch mit den Behördenleitungen in dieser Sache geführt.

Zu 3:

Neben dem Gespräch mit den Behördenleitungen der Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter hat Herr Minister Wenzel am 04.03.2015 auch mit dem Arbeitskreis der örtlichen Personalräte einen intensiven Meinungsaustausch geführt. Der damit eingeleitete Dialogprozess wird auch für die in den kommenden Wochen anstehenden Bereisungen aller Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter durch Herrn Minister Wenzel oder Frau Staatssekretärin Kottwitz, die diesen Prozess einleitend das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg bereits am 11.03.2015 besucht hat, prägend sein. Auch bietet die im Jahre 2014 begonnene Erarbeitung eines neuen Leitbilds der Gewerbeaufsichtsverwaltung, wie auf der Großen Dienstbesprechung am 27.01.2015 mit den Teilnehmenden der Gewerbeaufsichtsverwaltung vereinbart, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter zahlreiche Anknüpfungspunkte, sich aktiv in den Kommunikationsprozess einzubringen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.03.2015

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