Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Niedersachsen klar Logo

Landesregierung legt im Kampf gegen multiresistente Keime Erfolgsbilanz vor - "Die Sorgen der Patientinnen und Patienten werden sehr ernst genommen, der Patientenschutz wurde maßgeblich erhöht"

Das Land Niedersachsen ist im Kampf gegen multiresistente Keime einen großen Schritt vorangekommen. So ist der Anteil der insbesondere für vorerkrankte Menschen gefährlichen MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) in Niedersachsens Krankenhäusern deutlich zurückgegangen. In der Veterinärmedizin ist es gelungen, den Einsatz von Antibiotika und damit auch die Entstehung von Resistenzen deutlich zu reduzieren. Die Landesregierung wertet das als Erfolge ihrer Antibiotikastrategie.

Der Abschlussbericht des federführenden Interministeriellen Arbeitskreises „Strategie gegen Antibiotikaresistenz" (IMAK-StArt) passierte am (heutigen) Dienstag das Kabinett. „Es ist uns gelungen, die Ausbreitung multiresistenter Erreger zu begrenzen und wirksame Maßnahmen zu deren Eindämmung zu ergreifen", sagte Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Cornelia Rundt: „Patientinnen und Patienten sind vor Eingriffen oft besorgt, dass sie eine gefährliche Entzündung davontragen könnten. Wir nehmen diese Sorgen sehr ernst und erhöhen den Patientenschutz durch ganz konkrete Schritte im Rahmen der Antibiotikastrategie."

Ein übermäßiger Einsatz von Antibiotika führt dazu, dass Erreger entstehen, gegen die die eingesetzten Antibiotika resistent sind. Entzündungen, die durch solche Erreger entstehen, können nicht mehr wirkungsvoll mit Antibiotika behandelt werden - das kann für die betroffenen Patientinnen und Patienten lebensbedrohlich sein.

Neben dem federführenden Sozial- und Gesundheitsministerium waren im IMAK-StArt das Landwirtschaftsministerium für die Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit, das Umweltministerium für Umweltbelange und das Wissenschaftsministerium für die Forschung und Ausbildung in der Human- und Tiermedizin vertreten. Unterstützend waren das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) und das Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) aktiv. Die ressortübergreifende Herangehensweise (Stichwort „One-Health-Gedanke") war für die Erfolge im Kampf gegen Resistenzen entscheidend.

Jeder kann etwas für den Erhalt der Wirksamkeit von Antibiotika tun, indem er Antibiotika verantwortungsvoll verordnet, verabreicht, einnimmt, entsorgt, Forschung finanziert und betreibt. Auch ohne direkten Antibiotikaeinfluss können sich resistente Bakterien ausbreiten - entweder von Mensch zu Mensch, von Tier zu Tier, zwischen Mensch und Tier oder aber über die Umwelt. Es ist also auch wichtig, Hygienemaßnahmen zu beachten und den Eintrag sowohl von Antibiotika als auch von Bakterien mit Resistenzeigenschaften in die Umwelt zu verhindern oder zumindest zu verringern.

Der Maßnahmenkatalog, den das Land auf den Weg gebracht hat, ist vielfältig und umfangreich (siehe Anhang). Das zeigt der Abschlussbericht. Es lassen sich deutliche Erfolge der Antibiotikastrategie der Regierung vorweisen. So zeigen zum Beispiel die Daten aus dem Antibiotika-Resistenz-Monitoring in Niedersachsen (ARMIN) den deutlichen Rückgang des Anteils (MRSA) im stationären Versorgungsbereich von 24,8 Prozent im Jahr 2010 auf 15,6 Prozent im Jahr 2016. Das ist unter anderem auch auf stringente Regelungen zur Hygiene in den Krankenhäusern und Praxen zurückzuführen.

Ähnlich gute Zahlen lassen sich für den Bereich der Veterinärmedizin verkünden. Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer erläuterte die „erfolgreichen Anstrengungen zur Antibiotikaminimierung in der Tierhaltung": „Wir wollten binnen fünf Jahren den Antibiotikaeinsatz in den Ställen um die Hälfte reduzieren. Das haben wir geschafft, und zwar noch schneller als vorgesehen." So sei die Antibiotikaanwendung bei Mastkälbern um 50 Prozent, bei Mastferkeln um 56 Prozent, bei Mastschweinen um 59 Prozent und bei Mastputen um 50 Prozent zurückgegangen. Meyer: „Die deutliche Senkung des Antibiotikaeinsatzes insbesondere in der industriellen Massentierhaltung ist ein großer Erfolg." Dazu beigetragen habe zum einen die kompetente und einheitliche Umsetzung des neuen Gesetzes über Meldepflichten und Maßnahmenpläne von mehr als 21.000 tierhaltenden Betrieben durch das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES). Zum anderen sei auch die Beratung durch die vom Land geförderte Plattform „aniplus" sehr effektiv gewesen.

Eine entscheidende Rolle beim Erfolg habe überdies der gemeinsame Keimschutzerlass von Sozial-, Agrar- und Umweltministerium gespielt, so Meyer. So sei die Belastung durch Immissionen aus Tierställen etwa durch den Einsatz von Filteranlagen vermindert worden. Eine Ausweitung der Filterpflicht auf Geflügelställe wird vom Land derzeit geprüft. Größere Anstrengungen sind laut Meyer aber noch bei Masthühnern notwendig. Dort sei der Rückgang um 28 Prozent „nicht ausreichend". Er warnte zugleich davor, „sich auf diesem Erfolg auszuruhen". Meyer forderte, „mit Medikamenten für Masttiere nicht weiter so verschwenderisch umzugehen wie bisher. Denn ein solcher Umgang habe fatale Auswirkungen auch auf die Humanmedizin, weil es zu immer mehr multiresistenten Keimen beim Menschen komme. Ohne Richtungswechsel steuern wir geradewegs in ein Post-Antibiotika-Zeitalter", so Meyer. Dann würde irgendwann auch das letzte noch zur Verfügung stehende Reserveantibiotikum für Menschen nutzlos, damit stünde die Gesundheit insgesamt auf dem Spiel.

Umweltminister Stefan Wenzel ergänzte: „Antibiotika haben auch in unserem Grund- und Trinkwasser nichts verloren, auch nicht in Spuren." Jeder Fund sei ein Anlass zur Sorge und bedürfe einer Ursachenklärung, um die Einträge abzustellen, so Umweltminister Wenzel: „Die Kenntnisse darüber, wie Human- und Tierarzneimittel in Gewässer gelangen, wie und wo mit Einträgen in Boden, Sickerwasser und oberflächennahes Grundwasser zu rechnen ist, sind für uns von großer Bedeutung." Aus diesen Erkenntnissen ergäben sich konkrete Handlungsstrategien für den Grundwasserschutz, erläuterte Umweltminister Wenzel: „Nur ein gemeinsames Vorgehen aller Beteiligten auf Basis gesicherter Erkenntnisse kann dazu beitragen, den Zustand des Grundwassers nachhaltig zu verbessern."

Niedersachsens Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Gabriele Heinen-Kljajić, erklärte: „Forschung ist unverzichtbar, um zielgerichtete Strategien gegen Resistenzen zu entwickeln. Hier verfügt Niedersachsen über viele erfolgreiche Einrichtungen und Projekte. Die Ergebnisse dieser Arbeit fließen in die Bereiche Gesundheit des Menschen, Tiergesundheit und Lebensmittel sowie Umwelt ein." Zu den von Heinen-Kljajić aufgeführten erfolgreichen Einrichtungen im Bereich der Human- und Tiermedizin zählen (weitere Erläuterungen siehe im Anhang):

  • die Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
  • die Universitätsmedizin Göttingen (UMG)
  • die Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)
  • das Twincore - Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung
  • das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) - Standort Hannover-Braunschweig
  • und die European Medical School Oldenburg-Groningen (EMS).

(weitere Erläuterungen siehe sich im Anhang)

Wie geht es nun weiter? Der IMAK-StArt hat Strukturen geschaffen, die auch nach seiner Beendigung dazu beitragen, das Ziel der Minimierung der Antibiotikaresistenzen über Ressortgrenzen hinweg weiter zu verfolgen. Zahlreiche Aktivitäten wurden im Sinne des One-Health-Gedanken erweitert. So wurde zum Beispiel das am NLGA angesiedelte MRE-Begleitgremium um den One-Health-Aspekt erweitert (MRE = Multiresistente Erreger). Im Sinne eines Runden Tisches dient dieses Gremium insbesondere einem Austausch über Aktivitäten, Initiativen und Neuerungen unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens und jetzt auch des Veterinärwesens und des Umweltbereichs. Aus diesem Gremium heraus wurde eine spezielle Arbeitsgruppe „One-Health" gegründet, die mit ihrer Fachexpertise wichtige Problemstellungen erörtern und weitere Lösungskonzepte entwickeln wird. Die am IMAK-StArt beteiligten Ressorts werden hier ihre Arbeit fortsetzen.


Artikel-Informationen

erstellt am:
19.09.2017

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln