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Staatliche Vogelschutzwarte - wichtiges Kompetenzzentrum

Kein effektiver Vogelschutz ohne Umsetzung der EU- Vogelschutzrichtlinien // Presseinformation des NLWKN vom 1.September 2017


Die Staatliche Vogelschutzwarte in Niedersachsen feiert in diesem Jahr das 70jährige Bestehen: Sie wurde 1947 gegründet und ist heute Teil der Naturschutzfachverwaltung im NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz). Umweltminister Stefan Wenzel würdigte in seinem Grußwort auf der Jubiläumsveranstaltung am Freitag die Bedeutung der Vogelschutzwarte als ein unabhängiges Kompetenzzentrum und als unverzichtbaren Bestandteil der Fachbehörde für Naturschutz. „Insbesondere die Bestände der Wiesenvögel, Uferschnepfen, Kiebitze und Brachvögel gehen weiterhin dramatisch zurück. Der Erhalt der biologischen Vielfalt gehört ohne Zweifel zu den zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Die Staatliche Vogelschutzwarte ist daher auch in Zukunft als fachliche Instanz und Ratgeber unersetzlich".

Der Rückblick auf die Geschichte der Staatlichen Vogelschutzwarte im Rahmen des Festaktes führte eindrucksvoll vor Augen, wie sich die Aufgaben des Vogelschutzes im Laufe von sieben Jahrzehnten gewandelt haben. Während die Schutzbemühungen in den Anfangsjahren hauptsächlich auf wirtschaftlich interessante Arten ausgerichtet waren und z.B. die Rolle von Singvögeln als natürliche Schädlingsbekämpfer in den Mittelpunkt rückte sind heute landesweite Programme zu entwickeln, wie etwa zum Schutz der Wiesenvögel, für die das Land Niedersachsen eine besonders hohe Verantwortung trägt.

„Zu den Aufgaben der Vogelschutzwarte zählen aber auch die Beratung in landesweiten Fragen, wie etwa im Zusammenhang mit der Windkraftnutzung, die nicht zu Lasten des Natur- und Vogelartenschutzes gehen darf", betonte Anne Rickmeyer, Direktorin des NLWKN. Sie dankte insbesondere den mehr als 300 Ehrenamtlichen, die sich gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Vogelschutz engagieren. „Das ist ein Beispiel dafür, dass sich ehrenamtliches Engagement und behördliches Handeln gegenseitig auf das Beste befruchten".

Die Vielzahl und die Vielfalt der rund 200 Teilnehmer der Tagung zeige, wie verflochten die Vogelschutzwarte durch ihre Arbeit und durch das Engagement ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist. „Sie pflegt heute ein Netzwerk mit Partnern und Mitstreitern aus ganz Niedersachsen und darüber hinaus, mit Ehrenamtlichen, mit Fachkollegen aus anderen Behörden und aus wissenschaftlichen Instituten", lobte Rickmeyer.

Im Mittelpunkt der sich an den Festakt anschließenden Fachtagung stand die Bedeutung der EU-Vogelschutzrichtlinie. Auf deren Basis hat Niedersachsen bis heute 71 Europäische Vogelschutzgebiete ausgewiesen, die eine Fläche von rund 340.000 Hektar umfassen. Dr. Markus Nipkow als Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte betonte, wie unvermindert wichtig die EU-Vogelschutzrichtlinie für den Naturschutz in Niedersachsen sei: „Die Vogelschutzrichtlinie ist ein Geschenk Europas an den Vogelschutz, ohne die Richtlinie sähe unsere niedersächsische Landschaft heute ärmer aus, ohne die Richtlinie würde es vielen Arten bedeutend schlechter gehen."

Doch trotz der Ausweisung Europäischer Vogelschutzgebiete bleibe viel zu tun: „Da ist zunächst die bis heute noch unvollständige Sicherung dieser Flächen durch entsprechende Schutzgebietsverordnungen", sagte Nipkow. Die vor Ort zuständigen Landkreise werden dabei von der Vogelschutzwarte fachlich beraten. Vielerorts ist aber auch eine Verbesserung des Lebensraums innerhalb der Schutzgebiete erforderlich. „Hier gibt es in den nächsten Jahren deutlichen Handlungsbedarf. Vieles wird davon abhängen, wie gut es gelingt, geeignete Managementmaßnahmen in den Schutzgebieten umzusetzen", erläuterte Nipkow vor den 200 Gästen.

Doch wie weit reichen auch hier die Möglichkeiten, um die Rückgänge von Arten in der sogenannten „Normallandschaft" tatsächlich zu stoppen? Thorsten Krüger, Mitarbeiter der Staatlichen Vogelschutzwarte, machte deutlich, dass die Kulisse der EU-Vogelschutzgebiete alleine kaum in der Lage sei, überregional zu beobachtende Bestandsrückgänge ehemals häufiger Vogelarten auszugleichen. Es sind insbesondere zahlreiche gegenläufige Effekte der europäischen Agrarpolitik, die eine Trendwende bei Arten wie dem Kiebitz oder dem Rebhuhn verhindern. Hier müsse die Politik ansetzen und die Weichen so stellen, dass Bemühungen und auch finanzielle Anstrengungen seitens der Naturschutzbehörden nicht verpuffen oder gar zunichte gemacht werden.

Bezogen auf Niedersachsen müsse das Land die Verpflichtungen zur Umsetzung von Natura 2000 - dem von den europäischen Richtlinien geforderten Schutzgebietsnetz - ernst nehmen und die dafür benötigten Ressourcen auch künftig zur Verfügung stellen. Die Umsetzung von Natura 2000 sei eine Rechtsverpflichtung, hieß es aus dem Kreis der Vortragenden.


Zum Hintergrund - die Staatliche Vogelschutzwarte im NLWKN

Die Staatliche Vogelschutzwarte gehört zum NLWKN und ist damit Teil einer modernen Naturschutzfachverwaltung. Sie liefert einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt und entsprechender nationaler und niedersächsischer Strategien. In der Vogelschutzwarte werden Grundlagendaten zum Vogelbestand, zur Bestandsentwicklung und Verbreitung gesammelt. Hierzu wird das Vogelartenerfassungsprogramm in enger Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen, Institutionen und Verbänden aller Art entwickelt und umgesetzt. Eine enge Kooperation mit der Niedersächsischen Ornithologischen Vereinigung (NOV) e.V. ist hierbei von zentraler Bedeutung. Die Auswertungen münden in Bestandsübersichten, Brutvogelatlanten, Karten der für die Vogelwelt besonders wichtigen Gebiete oder Roten Listen der gefährdeten Brutvögel Niedersachsens als Grundlagenmaterial für den Vogelschutz „auf der Fläche". Ebenso fließen die Informationen in Fachveröffentlichungen und das Grundlagenwerk „Die Vögel Niedersachsens" ein.

Die Umsetzung des Vogelschutzes in speziellen Schutzmaßnahmen und -programmen ist dabei von besonderer Bedeutung: Goldregenpfeifer, Ortolan, Zwergseeschwalbe, Brachpieper, Weißstorch oder Seeadler sind nur wenige Beispiele für intensive Schutzanstrengungen aus den letzten Jahren. Konzepte dieser Art basieren auf den Daten des Erfassungsprogramms. Als Gebietskulisse steht dabei das Netz der Europäischen Vogelschutzgebiete im Rahmen von Natura 2000 im Vordergrund.

Nicht zu vergessen ist der angewandte Vogelschutz. Wie kaum eine andere Tiergruppe kommen Vögel mit Anlagen verschiedenster Art in Berührung und dadurch in Bedrängnis: Überlandleitungen, Windkraftanlagen, Straßen sind hierfür Beispiele. Durch ihr ausgeprägtes Sozialverhalten und ihre gut ausgebildeten Sinne sind gerade Vögel von Freizeit- und Sportaktivitäten des Menschen berührt, sie werden gestört. Um die Ausmaße von Störeffekten zu erkennen, sind ebenfalls vertiefende Untersuchungen im angewandten Vogelschutz erforderlich, die von der Vogelschutzwarte koordiniert oder selbst durchgeführt werden.

Von entscheidender Bedeutung sei die Sicherung der Nahrungsgrundlage. Untersuchungen zum Insektensterben seien alarmierend - gerade auch in Bezug auf Vögel, die sich von Fluginsekten ernähren.

Vögel sind Teil des europäischen Naturerbes und Teil der heimischen Biodiversität: Ihr Erhalt ist eine Aufgabe für alle, die Vogelschutzwarte hat sich dies zu ihrer Aufgabe gemacht.


Artikel-Informationen

erstellt am:
01.09.2017

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