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Werden Entwässerungsgräben in Niedersachsen ausreichend gepflegt?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Hillgriet Eilers, Horst Kortlang, Hermann Grupe und Almuth von Below-Neufeldt (FDP) geantwortet.

Vorbemerkung der Abgeordneten

NWZ Online berichtete am 31. Juli 2017 über einen Dauereinsatz der Feuerwehr in Hooksiel infolge eines Gewitters (https://www.nwzonline.de/friesland/blaulicht/hooksiel-gewitter-feuerwehren-14-stunden-im-pumpeinsatz-in-hooksiel_a_32,0,1278426958.html, Abrufdatum: 1. August 2017). Dabei habe das Wasser aus vollgelaufenen Kellern sowie aus Gräben, aus denen es nicht von alleine abfloss, 14 Stunden lang über den Deich gepumpt werden müssen. Holger Ulfers, Vorsitzender des Wangerländer Feuerschutzausschusses und des Kreisausschusses für Feuerlöschwesen, sehe in den Überschwemmungen laut dem Bericht ein grundsätzliches Problem, das dringend angegangen werden müsse: Früher seien Gräben gereinigt worden, damit so etwas nicht passiere. Heute würden die Gräben als Biotope behandelt. Die Folge sei, dass das Wasser nicht mehr richtig abtransportiert werde.

Vorbemerkung der Landesregierung

Dem in der Anfrage angesprochenen Pressebericht liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Über Hooksiel und andere Teile der Gemeinde Wangerland (Landkreis Friesland) gingen in der Nacht vom 23.auf den 24.07.2017 in weniger als einer Stunde etwa 60 l/qm Niederschlag nieder. Bereits in den Tagen zuvor hatten Niederschläge zu einer gewissen Wassersättigung des Bodens geführt. Am 30.07.2017 kam es erneut zu starken Regenfällen mit knapp 30 l/qm Niederschlag. Durch die hohe Wassermenge in diesem kurzen Zeitraum war das vorhandene Entwässerungssystem überlastet. Selbst bei deutlich größerer Dimensionierung der Hauptentwässerungsgräben (und der Regenwasserkanalisation) wären die angefallenen Wassermengen nicht so abzuleiten gewesen, dass die betroffenen Grundstücke schnell hätten entwässert werden können. Überläufe und Stauungen mit damit verbundenen Beaufschlagungen von bspw. Kellern waren somit nicht zu verhindern.

Die Einschätzung, den geschilderten Ereignissen liege ein grundsätzliches Problem zugrunde, wird seitens der Landesregierung nicht geteilt. Sowohl im Landkreis Friesland als auch in anderen Landesteilen werden Gewässer so unterhalten, dass der ordnungsgemäße Wasserabfluss bis zum bordvollen Abfluss grundsätzlich gewährleistet ist. Bei Extremereignissen wie dem oben beschriebenen Starkregenereignis kann es ungeachtet dessen zu Überschwemmungen kommen. Entsprechendes gilt auch für die Regenwasserkanäle, die nach den entsprechenden allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht für die Abführung jeder denkbaren Niederschlagsmenge bemessen sind.

Die Überwachung der Einhaltung der bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen erfolgt im Rahmen von Gewässerschauen bzw. anlassbezogen. Dementsprechend hat die Landesregierung keine vollständige Kenntnis vom Unterhaltungszustand einzelner Gewässer oder der Gewässer insgesamt, da auch die Aufsicht über die unteren Wasserbehörden anlassbezogen stattfindet. Von Seiten der unteren Wasserbehörden werden Problembereiche im Einzelfall dahingehend beurteilt, ob eine Information bzw. Aufklärung der Unterhaltungspflichtigen oder ordnungsbehördliches Vorgehen im Rahmen der Gewässeraufsicht angezeigt ist.

So gab es z. B. in bestimmten Bereichen Hooksiels 2016 Ortsbegehungen seitens der Gemeinde und der unteren Wasserbehörde. In der Folge wurden die Unterhaltungspflichtigen und die Gemeinde aufgefordert, innerhalb einer angemessenen Frist die Gewässer dritter Ordnung ordnungsgemäß zu reinigen bzw. Rohrleitungen freizulegen und zu spülen. Diese Maßnahmen wurden noch 2016 umgesetzt und seitens der unteren Wasserbehörde überprüft. Allerdings konnte dies nichts daran ändern, dass das dortige Gewässersystem bereits vor den 1960er Jahren entstanden ist und angesichts einer heute verdichteten Bebauung nicht mehr den hydraulischen Anforderungen entspricht. Dies führte in dem Bereich zu erheblichem Rückstau und zu Überläufen. Das Problem ist der Gemeinde bekannt. Im Übrigen zeigt die Erfahrung des Landkreises Friesland, dass es dort, wo es in Einzelfällen zu Abflussproblemen kommt, diese in den seltensten Fällen durch „die Behandlung von Gräben als Biotop“, also durch Bewuchs entstehen, sondern vielmehr durch falsch dimensionierte Durchlassverrohrungen, ungenehmigte Ausbaumaßnahmen/Verrohrungen, falsche oder nicht hinreichende Unterhaltung. Wie bereits ausgeführt, haben die zuständigen Wasserbehörden hier dafür Sorge zu tragen, dass alle Beteiligten ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen.

1.Werden die Gräben in Niedersachsen nach Auffassung der Landesregierung in ausreichendem Maße gepflegt, sodass sie Wasser auch im Falle von Starkregenereignissen gut abtransportieren können?

Grundsätzlich ja. Insoweit wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

2.Gibt es Rechtsnormen des Landes Niedersachsen, des Bundes oder der EU, die die Pflege von Gräben in Zuständigkeit des Landes, der Landkreise oder der Kommunen reglementieren? Wenn ja, welche sind dies, und was wird darin geregelt?

Die Pflege der Gewässer ist Bestandteil der Unterhaltung der Gewässer. Die Pflicht zur Unterhaltung der Gewässer erster und dritter Ordnung obliegt den jeweiligen Eigentümern. Lässt sich bei Gewässern dritter Ordnung der Eigentümer nicht ermitteln, so obliegt dem Anlieger die Unterhaltung (§ 69 Abs. 1 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG)). Gewässer zweiter Ordnung sind grundsätzlich von den in Niedersachsen flächendeckend gebildeten 109 Unterhaltungsverbänden (§ 63 NWG) zu unterhalten. Einige Gewässer zweiter Ordnung werden vom Land unterhalten; diese Gewässer sind in den Anlagen 6 und 7 zu § 67 NWG aufgeführt.

Der Umfang der Gewässerunterhaltung ist in § 39 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und § 61 NWG festgelegt. Sie umfasst die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses und an schiffbaren Gewässern auch die Erhaltung der Schiffbarkeit. Weiterer Bestandteil der Unterhaltungspflicht ist die Pflege und Entwicklung der Gewässer.

Bei der Gewässerunterhaltung sind gemäß § 39 Abs. 2 WHG die Bewirtschaftungsziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) zu berücksichtigen. Die Unterhaltung ist an diesen Zielen auszurichten und darf deren Erreichung nicht gefährden. Zudem ist bei der Unterhaltung auch der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Rechnung zu tragen; Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu berücksichtigen. Für die Gewässerunterhaltung sind in § 41 WHG die besonderen Pflichten für die Eigentümer von Gewässern und die Anlieger an Gewässern festgelegt. Es sind bestimmte Duldungspflichten definiert, um die Gewässerunterhaltung zu ermöglichen bzw. nicht zu erschweren.

Die Wasserbehörde kann nach § 42 WHG besondere Unterhaltungsmaßnahmen sowie Pflichten festlegen und soweit dies zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele notwendig ist, Anordnungen hinsichtlich der Unterhaltungsmaßnahmen treffen.

Werden die Unterhaltungspflichten vom Träger der Unterhaltungslast nicht oder unzureichend erfüllt, so kann die Wasserbehörde die erforderlichen Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme durchführen bzw. durchführen lassen (§ 40 Abs. 4 WHG und § 74 NWG).

Daneben ergeben sich rechtliche Vorgaben für die Gewässerunterhaltung gegebenenfalls aus untergesetzlichen Regelungen zum NWG wie Schau- und Unterhaltungsordnungen der unteren Wasserbehörden.

Zu beachten sind auch naturschutzrechtliche Regelungen wie das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und Schutzgebietsfestsetzungen. Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG sind Gewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten; dies gilt insbesondere für natürliche und naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Auen und sonstigen Rückhalteflächen.

3.Was muss nach Auffassung der Landesregierung getan werden, damit die Pflege von Gräben wieder besser gewährleistet werden kann?

Nach Auffassung der Landesregierung ist die Pflege der Gräben gewährleistet. Auf die Vorbemerkung sowie die Ausführungen zu Frage 2 wird Bezug genommen.

Im Übrigen wird es im Spannungsfeld zwischen abflusssichernden Maßnahmen und Gewässerentwicklung nicht immer zu vermeiden sein, dass Konflikte, Probleme und Fragen auftauchen. Hier müssen durch die vor Ort zuständigen Institutionen unter den gegebenen rechtlichen und fachlichen Voraussetzungen konsensfähige Lösungen auf einer belastbaren Grundlage gefunden werden. Insgesamt erfordert dies bei allen Beteiligten eine große Flexibilität und ein hohes Verantwortungsbewusstsein als Grundlage für eine gute abgewogene Entscheidung.

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.08.2017

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