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Wie bewertet die Landesregierung die Wiederzulassung von Glyphosat durch die EU? (Teil 1)

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Olaf Lies hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Hermann Grupe, Horst Kortlang und Jan-Christoph Oetjen (FDP) geantwortet.


Vorbemerkung der Abgeordneten

Umweltminister Lies hat den Beschluss der EU, die Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat zur Unkrautbekämpfung um fünf Jahre zu verlängern, in einer Pressemitteilung als „falsches Signal“ bezeichnet (https://www.umwelt.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/umweltminister-olaf-lies-ja-zu-glyphosat-ist-ein-falsches-signal-159808.html, Abrufdatum: 29.11.2017). Die kommenden Jahre müssten verstärkt genutzt werden, um Alternativen zur Nutzung von Glyphosat zu entwickeln. „Dabei geht es auch um den Erhalt der Artenvielfalt, unsere Insektenbestände, den Vogelschutz und die Nahrungsmittelproduktion“, so Lies weiter. Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hatte zuvor geäußert, seine Entscheidung, der Wiederzulassung von Glyphosat im zuständigen EU-Ausschuss zuzustimmen, sei „rein sachorientiert“ gewesen (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-11/glyphosat-christian-schmidt-csu-spd-angela-merkel, Abrufdatum: 29. November 2017).


Vorbemerkung der Landesregierung

Die Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln werden in der EU in einem Gemeinschaftsverfahren bewertet. Nach gemeinsamen Beratungen, an denen die EU-Pflanzenschutzbehörden und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beteiligt sind, entscheidet die Europäische Kommission darüber, ob ein Wirkstoff zur Verwendung in Pflanzenschutzmitteln europaweit genehmigt wird (Verordnung (EG) Nr. 1107/2009). Im Rahmen des Verfahrens wird u.a. auch die Humantoxizität eines Wirkstoffs überprüft.

Die unterschiedlichen Bewertungsbehörden weltweit kommen nach Bewertung mittels etablierter international anerkannter toxikologischer Standardverfahren zu unterschiedlichen Aussagen hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen von Glyphosat auf Menschen.


1. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Zulassung beziehungsweise das Verbot eines Stoffs ausschließlich auf Basis einer wissenschaftlich fundierten Risikobewertung unter Einbeziehung von Wahrscheinlichkeiten und tatsächlichen Anwendungsbedingungen erfolgen kann, wenn nein, warum nicht?

Bei einer Risikobewertung sind die Risiken auf Grundlage international anerkannter wissenschaftlicher Bewertungskriterien abzuschätzen, zu bewerten und ggf. Maßnahmen zur Risikominderung oder -vermeidung zu empfehlen.

Die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 beruhen nach Art. 1 (4) auf dem Vorsorgeprinzip. Gemäß der Mitteilung der Europäischen Kommission über die Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips (siehe:http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2000:0001:FIN:de:PDF) ist dies anzuwenden, wenn nach einer umfassenden wissenschaftliche Bewertung und soweit möglich, der Ermittlung des Ausmaßes der wissenschaftlichen Unsicherheit, einer Risikobewertung und einer Bewertung der möglichen Folgen einer Untätigkeit die Besorgnis besteht, dass die möglichen Gefahren für die Umwelt und die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen nicht mit dem hohen Schutzniveau der Gemeinschaft vereinbar sein könnten.

Muss bei einem Stoff durch dessen vorgesehene Verwendung mit dem Eintritt gefährlicher Folgen gerechnet werden, und kann dieses Risiko nicht durch eine wissenschaftliche Bewertung mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden, sind zur Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus präventive Entscheidungen, wie z.B. Stoffverbote oder -einschränkungen, erforderlich.


2. Welche Rolle sollten nach Auffassung der Landesregierung die bundeseigenen Forschungsinstitute wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Zulassungsprozess von Pflanzenschutzmittel­wirkstoffen und insbesondere in der wissenschaftlichen Risikobewertung dieser Wirkstoffe im Vergleich zur bisherigen Rolle spielen?

In Deutschland ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bei der EU-Wirkstoffprüfung federführend. Das BfR nimmt in diesen Verfahren die toxikologische Bewertung von Stoffen vor. Diese Bewertung wird von der europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) unabhängig überprüft und fließt in ihre Schlussfolgerung (EFSA-Conclusion) mit ein. Die EU-Wirkstoff-Genehmigung wird durch die EU-Kommission nach Erreichen der qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel erteilt. Insofern ist gegen die bisherige Rolle des BfR als Bewertungsbehörde innerhalb des genannten Zulassungsprozess nichts einzuwenden.


3. Wie bewertet die Landesregierung die Auffassung des BfR, Glyphosat habe bei den in der EU definierten Anwendungsbedingungen keine gesundheitlichen Auswirkungen auf Menschen, die gegen eine Anwendung in der Landwirtschaft sprechen würden?

Die Landesregierung erwartet, dass alle wissenschaftlichen Studien und Erkenntnisse über den Wirkstoff in der jetzigen Zulassungszeit vorurteilsfrei und unabhängig bewertet werden.

Das BfR hat umfangreiche Studien ausgewertet. Es ist davon auszugehen, dass das BfR dies nach den gesetzlichen Vorgaben gemacht hat und zu einem auf wissenschaftlicher Basis basierendem Ergebnis derzeitig gekommen ist.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage Nr. 1. verwiesen.


Artikel-Informationen

erstellt am:
14.12.2017
zuletzt aktualisiert am:
20.12.2017

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