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UN-Klimakonferenz in Paris: Konsequenzen für das Küsten-, Agrar- und Industrieland Niedersachsen

15.12.2015 Redebeitrag von Umweltminister Stefan Wenzel zur Aktuellen Stunde


- es gitl das gesprochene Wort -

Das Abkommen von Paris wird zentraler Teil einer Weltverfassung – zusammen mit der UN Charta, der UN Menschenrechtsdeklaration, der Konvention gegen Folter, der Genfer Flüchtlingskonvention, dem Abkommen über die Rechte der Frau, den Grundlagen für die Einrichtung eines internationalen Strafgerichtshofes und einer Reihe weiterer Abkommen.

Mit dem Abkommen von Paris verpflichten sich alle Staaten unserer Erde zum Schutz des Klimas und der natürlichen Lebensgrundlagen.

Neben 195 Staaten haben sich auch mehr als 7.000 Städte und Kommunen, Länder und Regionen für diesen Prozess eingesetzt. Ausdrücklich gewürdigt und unterstützt wird die Rolle der Kommunen und lokalen Akteure als Beispielgeber, als Vorreiter und Treiber bei der Nutzung erneuerbarer Energien und von Maßnahmen zur Energieeinsparung.

Mit dem Pariser Klimavertrag wurde eine globale Energiewende beschlossen.

Gemessen an den Erfordernissen des voranschreitenden Klimawandels ist die Vereinbarung trotz alledem nicht ausreichend; gemessen am realistischer Weise Verhandelbaren ist sie jedoch ein sehr gutes, ein hoffungsvolles Ergebnis.

Aus Paris kommen drei überragende Impulse für eine globale Energiewende:

  • Erstmals wird nun das Ziel einer möglichst auf 1,5 Grad begrenzten Erderwärmung in einem völkerrechtlich bindenden Vertrag stehen
  • Alle Nationen verständigen sich auf den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas
  • Die Industriestaaten verpflichten sich, auch finanziell erheblich zum Klimaschutz und zur Vermeidung von Schäden in anderen Teilen der Welt beizutragen

Alle fünf Jahre sollen die Ziele überprüft und angepasst werden und das wird auch die Bundesrepublik und Niedersachsen enorm fordern. Die Allianz der besonders ambitionierten Staaten im Klimaschutz hat entscheidend zum Erfolg beigetragen. Jetzt müssen sie auch liefern, um glaubwürdig zu bleiben.

Ich bin überzeugt: Das Ergebnis war nur möglich, weil mittlerweile weltweit erkennbar wird, welche verheerende Folgen durch Klimaveränderungen drohen. Immer mehr Menschen ist bewusst geworden, dass gemeinschaftliches Handeln notwendig ist. Vielen Menschen droht der Verlust von Heimat und Zuhause, wenn nicht konsequent gehandelt wird.

Anrede,

Als weiteres Fazit der Pariser Konferenz, möchte ich aber auch festhalten, dass es nicht ausreicht, sich auf globale Vereinbarungen zu verlassen. Mindestens genauso wichtig ist, was Verantwortliche vor Ort tun und welche Unterstützung sie dabei zukünftig erhalten. Neben den Nichtregierungsorganisationen haben sich die Regionen und Kommunen mit ihren Netzwerken und ihren vielen praktischen Beispielen und konkreten Projekten als eigenständige Kraft etabliert. Die International Conference on Climate Action (ICCA) vor zwei Monaten in Hannover hatte dies schon hervorgehoben. Das ICCA Abschlussdokument „Kommunen gestalten die Zukunft“ wurde auf der COP 21 ebenso wie die anderen Beiträge der regionalen und kommunalen Bündnisse sehr ernst genommen und es finden sich in dem Beschluss von Paris deutliche Bezüge.

Gerade die Kommunen sind Schlüsselakteure im Klimaschutz. Allen voran gestalten sie die erforderliche Transformation hin zu einer emissionsarmen Lebensweise, der Dekarbonisierung der Wirtschaft und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels.

Auf kommunaler und regionaler Ebene klappt, woran die internationale Ebene bislang immer noch scheitert: Viele Kommunen, auch in Niedersachsen, verpflichten sich zu sehr ehrgeizigen Klimaschutzzielen - einseitig und ohne Gegenleistung: sie verpflichten sich, ihre Energieversorgung auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen oder sogar zum Ziel der Klimaneutralität.

Die Kommunen und die lokalen Akteure vor Ort erkennen auch schon viel stärker die Vorteile, die mit dem ambitionierten Klimaschutz verbunden sind. Sie sehen die Investitionen, die durch eine Energiewende ausgelöst werden, sie können die Wertschöpfung vor Ort messen. Sie wissen die Unabhängigkeit ihrer Energieversorgung zu schätzen und sie sehen, welchen Mehrwert es für die Gemeinschaft gibt, wenn Bürgerinnen und Bürger sich an der Energiewende beteiligen können. Darüber hinaus steigt die Lebensqualität vor Ort, wenn die eigenen Wälder und Moore als CO2-Senken vor der Haustür geschützt werden.

Anrede,

Ich will heute nach dem Erfolg in Paris hier im Landtag aber auch ausdrücklich das Engagement der deutschen Verhandlungsgruppe um Bundesumweltministerin Hendricks im Vorfeld und auf der COP21 würdigen. Ihr großes Engagement für einen noch ambitionierteren und verbindlicheren Klimaschutz ist in Paris sehr deutlich geworden.

Um glaubwürdig zu bleiben, müssen jetzt aber auch national die notwendigen Schritte beim Kohleausstieg und beim Erneuerbaren-Energien-Gesetz folgen. Dafür zeichnet nicht nur das Umweltresort verantwortlich. Nach Paris beginnt hier eine neue Zeitrechnung und auch für Niedersachsen steigen die Anforderungen.

Das Zauberwort beim Klimaschutz heißt GEMEINSAM!

Die Kommunen machen es uns vor. Unabhängig von der Parteifarbe blühen in Niedersachsen die Ideen und Projekte. Von der energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude, der Ausbildung von Energieagenten in Unternehmen, dem Bau von Bioenergiedörfern, der Gründung von Energiegenossenschaften, dem Bau von Windrädern und Solaranlagen, dem Pflanzen von Bäumen, dem Schutz der Moore, und, und, und…

Das alles ist Klimaschutz und beste Praxis!

Wenn Minister und Regierungsbeamte aus 195 Nationen dazu in der Lage sind, sich auf einen gemeinsamen Text für einen Weltklimavertrag zu verständigen, dann sollte es eine vergleichsweise einfache Übung sein, im Niedersächsischen Landtag das Verbindende nach vorn zu stellen, um sich gemeinsam im Kampf gegen den Klimawandel aufzustellen.

Das heißt jetzt auch für Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, dass Sie sich entscheiden müssen. Wir bieten Ihnen die Zusammenarbeit an. Wir arbeiten an einem Klimaschutzgesetz, um Ziele zu definieren, Orientierung zu geben, Monitoring zu ermöglichen und langfristige Planungssicherheit zu bieten.

Wir entwickeln die Energie- und Klimaschutzstrategie in einem gesellschaftlichen Dialog. Der dazu eingesetzte Runde Tisch Energiewende, dem etwa 50 Persönlichkeiten aus allen Bereichen der Gesellschaft angehören, ist dabei, ein Leitbild für die Energie- und Klimaschutzpolitik des Landes und Beiträge für ein Integriertes Energie- und Klimaschutzprogramm zu entwickeln, in dem die konkreten Maßnahmen zur Erreichung unserer Ziele aufgeführt werden.

Darum muss es gehen:

  • Die Kommunen und lokalen Akteure müssen bestmöglich unterstützt werden.
  • Die Finanzen für Küstenschutz und Hochwasserschutz müssen langfristig verstärkt werden.
  • Die Land- und Forstwirtschaft muss sich auf weniger Niederschläge im Sommer und mehr im Winter einstellen.
  • Es geht darum die Nutzung von Wind, Sonne und Biomasse weiter zu entwickeln.
  • Die Mobilität muss auf E-Antriebe umgestellt werden.
  • Energieeinsparung und Effizienz in Betrieben müssen unterstützt werden.
  • Die Gebäudesubstanz muss energetisch saniert werden.Power to gas und Power to chem müssen entwickelt werden – etwa im Rahmen des Chem Coast Projekt in der Region Stade, Hamburg, Brunsbüttel.
  • Die Chancen der Vernetzung von Digitalisierung und Energiewende sind zu stärken – beispielhaft entwickelt im ENERA Projekt.
  • Stahlwerke und Chemiewerke sind wettbewerbsfähig mit Energie zu versorgen.
  • Moore und Wälder sind zu schützen.
  • Forschung, Entwicklung und Umweltbildung bleiben zentrale Pfeiler.

Es geht darum, welche Anforderungen wir an nationale und europäische Energie- und Klimapolitik stellen und wie wir mit unseren Partnerländern zusammenarbeiten.

Auch finanzielle Vorsorge ist gefragt: Denkbar wäre ein Climate Risk Financial Report, der langfristige Risiken und Notwendigkeiten zur Vorsorge quantifiziert.

Anrede,

Sie sehen: Fast kein Bereich bleibt unberührt. Alles in allem geht es um ein gigantisches Innovationsprojekt und eine gewaltige Herausforderung.

Anrede,

am 22. April 2016 soll der Weltklimavertrag in New York von den Staatschefs unterzeichnet werden.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass wir dazu unseren niedersächsischen Beitrag leisten.


Hier finden Sie die Hannover-Deklaration, die bei der ICCA 2015 beschlossen wurde.

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.12.2015
zuletzt aktualisiert am:
08.02.2024

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