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Antwort auf die mündliche Anfrage zum Thema: Rostiges Atommüll-Fass in Gorleben: Welche Konsequenzen sind erforderlich?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte (GRÜNE) geantwortet.

Vorbemerkung der Abgeordneten

Im Abfalllager Gorleben sind zwei defekte Atommüll-Fässer entdeckt worden. Insgesamt sollten 70 Fässer von Gorleben nach Duisburg zur Konditionierung abtransportiert werden. Beim Bereitstellen für den Transport - nicht bei einer Routineüberprüfung - sind die Schadstellen entdeckt worden.

Vorbemerkung der Landesregierung

Im Jahr 2014 wurden zufällig im Rahmen einer aufsichtlichen Begehung Feuchtstellen auf dem Hallenboden des ALG festgestellt. Nach bisherigen Erkenntnissen könnte die Ursache für die Feuchtstellen eine erhöhte Luftfeuchtigkeit mit Kondenswasserbildung sein, die auf ein Starkregenereignis im Juli 2014 zurückzuführen ist. Auch der Zutritt von Regenwasser über die Lüftungsöffnungen im Dach des ALG ist nicht ausgeschlossen.

Zudem wurden Farbabplatzungen an einigen dickwandigen Gussbehältern festgestellt. Nach Auffassung der Betreiberin des ALG, der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH, GNS; handele es sich bei den ablösenden Farbbeschichtungen um nachträglich aufgebrachte Farbschichten, unter denen sich noch die intakte Beschichtung aus der Behälterherstellung befinde. In der Dokumentation konnten keine Informationen auf nachträgliche Farbbeschichtungsmaßnahmen gefunden werden. Bislang konnte nicht sicher ausgeschlossen werden, dass es einen Einfluss der Lagerbedingungen auf die Veränderungen der Gussbehälter gibt.

Mit Stand vom 6. April 2016 wurden bei Inspektionen vor dem Abtransport in die Betriebsstätte Duisburg der GNS vom Sachverständigen des MU bislang acht Fässer mit auffälligen Roststellen festgestellt. Insgesamt sind die Fässer aber intakt, und ein Austritt von radioaktiver Kontamination wurde nicht vorgefunden.

Am 8. April machten sich die zuständigen Aufsichtsbeamten des MU vor Ort ein Bild der Lage. Sämtliche Referenzfässer der betroffenen Charge wurden im Mantel-, Deckel- und Bodenbereich inspiziert. Dabei gab es keine weiteren Auffälligkeiten.

Vor diesem Hintergrund hat das MU als Aufsichtsbehörde mehrfach gegenüber der Betreiberin deutlich gemacht, dass es aufgrund der zu erwartenden längeren Zwischenlagerzeit der im ALG verbleibenden Abfallgebinde - mit Blick auf die festgestellten Auffälligkeiten – zwingend erforderlich ist, ein Überwachungskonzept mit einem Inspektionsprogramm zu etablieren. Dies schließt eine lückenlose Dokumentation (insbesondere mit Vergleichsfotos) ein.

Weiterhin hat die Aufsichtsbehörde deutlich gemacht, dass das vom Betreiber vorzulegende Überwachungs- und Inspektionskonzept aufgrund der im ALG vorhandenen beengten Platzverhältnisse und dadurch stark eingeschränkten Inspektionsmöglichkeiten den Einbau eines verfahrbaren Kamerasystems sowie ersatzweise die Schaffung geeigneter Inspektionsgassen beinhalten müsse.

Die Betreiberin hat mitgeteilt, dass sie das Überwachungs- und Inspektionskonzept derzeit erarbeite und schnellstmöglich vorlegen werde.

1. Wie viele Fässer, die im gleichen Jahr oder früher angeliefert wurden, lagern derzeit in Gorleben?

Nach Angaben der GNS lagern mit Stand vom 31.03.2016 insgesamt 1.152 Fässer im ALG.

2. Welche Ursachen für das Entstehen der Korrosion werden vermutet?

Grundsätzlich sind zwei Ursachen für das Entstehen von Korrosion möglich:

  • Eine Korrosion von „außen-nach-innen“ würde zeigen, dass die klimatischen Bedingungen im ALG eine Korrosion fördern (hohe Luftfeuchtigkeit, geringer Luftwechsel). Die Korrosion beginnt dann in der Regel dort, wo die Fässer kleine mechanische Beschädigungen, meist verursacht durch Handhabungsvorgänge, aufweisen.

  • Eine Korrosion von „innen-nach-außen“ lässt vermuten, dass erhöhte Restfeuchte im Behälter vorhanden ist. Ferner kann eine fehlende, mangelhafte oder beschädigte Innenbeschichtung der oft schon Jahrzehnte alten Fässer das Fortschreiten der Korrosion begünstigen.

3. Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung, um die derzeit praktizierte Überwachungs- und Sicherheitssituation zu verbessern?

Die aktuellen Vorkommnisse zeigen erneut, dass von Seiten des Betreibers unverzüglich ein Überwachungskonzept mit einem Programm für die umfassende Inspektion aller im Abfalllager Gorleben eingelagerten Gebinde mit Unterscheidung nach Abfallart, Behälterbauart sowie baulichen Randbedingungen etabliert werden muss. Dies wurde mit enger Terminsetzung bereits aufsichtlich veranlasst. Ich bin darüber hinaus der Auffassung, dass wir ein bundesweites Atommüllregister im öffentlich-rechtlichen Rechtsraum benötigen. Anders als früher müssen wir davon ausgehen, dass man die Abfälle über einen sehr langen Zeitraum hinweg überwachen muss. Auch für den Fall der Rückholung oder der Bergung braucht man genaue Daten. Wie die aktuelle Debatte zeigt, muss der Staat zudem aus Gründen der Sicherung jederzeit Kenntnis über den Verbleib der Abfälle und den Lagerort haben.

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.04.2016

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