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Rede des Niedersächsischen Ministers für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel, Aktuelle Stunde im Landtag (20.09.2017)

„Wölfe in Niedersachsen - Bauernaufstand gegen Nordrudel. Gerissene Tiere verenden elendig. Spielt Tierschutz für die Landesregierung keine Rolle mehr?“ Antrag der Fraktion der CDU – Drs. 17/8732


- es gilt das gesprochene Wort -


Anrede,

Respekt meine Damen und Herren von der Opposition. Sie sind auf der Höhe der Zeit. Montagmorgen flugs die Zeitung aufgeschlagen. Zack – die erste Schlagzeile wird gleich zur aktuellen Stunde auserkoren.

Das hatten sich zuvor auch die Kolleginnen und Kollegen in der Wahlkampfzentrale der CDU schon fein ausgedacht:

Ende August präsentierte der Herausforderer Althusmann seine Schatten-Landwirtschaftsministerin. Eine ihrer zentralen Forderungen: „Frau Otte will die Jagd auf den Wolf zulassen.“

Zwei Wochen später kam dann der zweite Schatten – diesmal Umwelt. Und wieder lautete eine der zentralen Forderungen: Herr Oesterhelweg – der Ballermann, wie ihn die taz genannt hat – will die Jagd auf den Wolf zulassen.

Was da als Doppelschlag präsentiert wurde, kann nicht wirklich überraschen.

Wer die Landtagsdebatten und die Kampagnen der letzten Monate verfolgt hat, weiß es längst: Von der CDU kann man keine differenzierte Betrachtung von Natur- und Artenschutz und keine korrekte Einhaltung von Recht und Gesetz erwarten.

Die CDU – und in ihrem treuen Gefolge auch die FDP – setzt vielmehr darauf, als Anti-Wolf-Partei in die Geschichte einzugehen.

Eigentlich ist das erstaunlich. Denn es ist noch gar nicht so lange her, dass es im Wahlprogramm der gleichen Partei im Jahr 2013 hieß: „Hierfür hat die CDU-geführte Landesregierung eine konsequente Artenschutzstrategie entwickelt. Die Politik zeigt Erfolg. Von 47 in Niedersachsen bedrohten Säugetierarten haben sich bei 15 die Bestände erholt…“ Und weiter heißt es dann:

WIR HABEN DEN … WOLF IN NIEDERSACHSEN WIEDER ANGESIEDELT!

Ich würde sagen: Glückwunsch – das war mal eine klare Ansage, inhaltlich aber ziemlich schräg, weil das Tier nach dem Fall der Mauer von allein zurückgekehrt ist.

Von Herrn Dammann-Tamke und dem damaligen Umweltminister Sander ist sogar in einem Zeitungsbericht zu lesen:
„Dem Image vom Bösen Wolf traten sowohl Sander als auch Dammann-Tamke entgegen: „Sie werden ganz lieb sein“, sagte der Umweltminister. …Als eher gering wurde auch die Gefahr eingestuft, dass Wölfe Nutztiere wie etwa Schafe und Ziegen reißen könnten.“

Wie gesagt: O-Ton Hans-Heinrich Sander und O-Ton Helmut Dammann-Tamke.

Es stellt sich doch die Frage, warum bekennen Sie sich heute nicht mehr zu dieser politischen Vaterschaftsanerkennung?

Die Antwort ist einfach: Weil es nicht so kuschelig zugeht, wie Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP, es damals den Niedersachsen versprochen haben.

Und heute empören Sie sich.
Aber über wen empören Sie sich eigentlich? Sie empören sich nicht über die, die falsche Erwartungen geweckt haben, die seinerzeit die Rückkehr bejubelt haben und die nichts dafür getan haben, dass das Land sich mit einem durchdachten Wolfsmanagement auch auf die Risiken und Nebenwirkungen dieses artenschutzpolitischen Erfolges einstellt.

Stattdessen machen Sie jetzt Wahlkampf mit dem Wolf. Oder besser gesagt: Gegen den Wolf.

Recht und Gesetz scheinen dabei nur am Rande zu interessieren. Allwöchentlich wird im Lande eine neue Forderung präsentiert – nur mit den Rechtsgrundlagen hapert es. Zudem geht es um Bundesrecht, das bekanntlich Landesrecht bricht.

Wer regiert denn in Berlin, Herr Thümler? Woher kommt eigentlich die Unterstützungsleistung für die Weidehalter? Bei Ihren Berliner Kollegen herrscht Schweigen im Walde.

Und auch hier läuft es nicht so glatt, wie Sie sich das vorgestellt haben.

Denn kaum hatten Ihre Schattenminister den Abschuss des Wolfs gefordert, startete eine führende niedersächsische Tageszeitung eine LeserInnen-Umfrage:

„Wie finden Sie den CDU-Vorstoß, Wölfe zum Abschuss freizugeben?“

Ich kann Sie verstehen, das Ergebnis war frustrierend.

Fast 75 Prozent der Befragten waren gegen Ihren Vorschlag!

Meine Damen und Herren,

wir sollten uns hier endlich darauf verständigen:
Der Wolf sollte kein Thema für populistische Wahlkampfmanöver sein.
Egal, wer in der nächsten Landesregierung die politische Verantwortung tragen wird: Die Rückkehr eines Tieres, was hier seit Jahrtausenden heimisch war, ist ein Stück Normalität.

Und egal, wer die Wahl gewinnt:
Die mit der Rückkehr des Wolfs verbundenen Herausforderungen müssen unter strenger Einhaltung von Recht und Gesetz, unter Wahrung der Interessen von Mensch und Natur und unter konsequenter Hilfestellung für die Nutztierhalter bearbeitet werden.

Anrede,

die Niedersächsische Landesregierung nimmt die Sorgen und Nöte der Nutztierhalter ernst.

Wir haben uns mit der Entwicklung im Landkreis Cuxhaven von Anfang an befasst. Mitarbeiter des Wolfsbüros sind immer wieder vor Ort. Mit den Wolfsberatern wird gesprochen. Wir besuchen die Nutztierhalter. Ich selbst war vor Ort. Wir sind in Gesprächen mit der Unteren Naturschutzbehörde, mit dem Landkreis. Wir beraten und drängen auf den Zaunbau, wir untersuchen Spuren und bewerten die Gen-Proben. Wir werben für Prävention, wir veranlassen die Erstattung finanzieller Schäden.

Wir haben schon längst der neuen Beratungsstelle des Bundes detailliert berichtet, wie sich die Situation im Landkreis darstellt und wir haben die Fachleute um ihre Bewertung gebeten.

Sie wissen es, erst vor wenigen Wochen hat der Vertreter des Bundes, der Vertreter auch Ihrer Bundesregierung, Herr Adams, hier im Umweltausschuss des Landtages das niedersächsische Vorgehen beim Wolfsmanagement als voll und ganz korrekt bestätigt.

Wir sind gespannt auf die Bewertung der DBBW.
Und wir sind nicht nur gespannt auf die Bewertung, sondern auch darauf, wie der Bund gemeinsam mit uns und dem im übertragenen Wirkungskreis mehrfach zuständigen Landkreis mit dieser sicher besonderen Situation im Landkreis Cuxhaven umgehen wird.

Die Niedersächsische Landesregierung jedenfalls hat in den zurückliegenden viereinhalb Jahren die Defizite von Herrn Sander und Herrn Dammann-Tamke aufgearbeitet. Wir haben die Wolfsrichtlinien konkretisiert, den Arbeitskreis Wolf weiterentwickelt, die Wolfsberater geschult, das Wolfsbüro eingerichtet, das Monitoring verschärft, die Herdenschutzkulisse erweitert, die Prävention ausgebaut, den Zaunbau forciert, die Informationen verbessert, die Kommunikation qualifiziert, den internationalen Erfahrungsaustausch intensiviert und wir haben die finanziellen Mittel insbesondere auch für die Erstattungsleistungen an die Nutztierhalter aufgestockt. Wir arbeiten am Herdenschutzteam und der weiteren Beschleunigung der Abläufe und Zahlungen.

Und wir haben – das bitte ich nicht zu vergessen – mit dem Wolf MT 6 erstmals in Deutschland einen Wolf erschießen lassen.
Diese Maßnahme war seinerzeit notwendig, sie war schwierig durchzuführen und sie hat mir persönlich 150 Strafanzeigen eingebracht.

Trotzdem sage ich: Selbstverständlich würde es eine derartige Entscheidung wieder geben, wenn es die Situation erfordert.
Aber es würde die Entscheidung nur unter strikter Einhaltung von Recht und Gesetz geben und nicht, weil es der CDU schick erscheint, sich im Wahlkampf mit dem Wolf in Szene zu setzen.


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Artikel-Informationen

erstellt am:
20.09.2017
zuletzt aktualisiert am:
23.03.2020

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