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Klimaschutz und Kernkraft

Antwort von Umweltminister Hans Heinrich Sander auf die Landtagsanfrage zum Thema „Niedersächsische Kernkraftwerke für den Klimaschutz“


Pressemitteilung Nr. 24/2007

(Es gilt das gesprochenen Wort)

Anrede,

der aktuelle Bericht des UN-Klimarates bestätigt die Prognose einer weiteren Erderwärmung. Unter den Experten ist unstreitig, dass der von den Menschen verursachte Ausstoß von Treibhausgasen, vor allem von CO2, daran einen entscheidenden Anteil hat.

Unter führenden Industrienationen besteht inzwischen Einigkeit darüber, dass möglichst schnell und effektiv gehandelt werden muss.

Anrede,

in Verantwortung für die kommenden Generationen sind wir alle dazu aufgerufen, die menschlichen Einflüsse auf das Klima zu begrenzen, um weltweit negative Auswirkungen auf Mensch und Natur soweit möglich zu verhindern. Gleichzeitig müssen wir uns auf den Klimawandel einstellen. Dabei wird nur ein umfangreiches Bündel von Maßnahmen zum Ziel führen. Das reicht von Ausbau und Verbesserung der Erneuerbaren Energien über die Energieeinsparung und höhere Energieausnutzung insbesondere im Haushalts- und Gebäudebereich bis hin zur Entwicklung und Einführung neuer Energietechnologien wie beispielsweise der Brennstoffzelle.

Dabei muss uns klar sein:

Anstrengungen zur CO2-Verringerung in Europa dürfen nicht dazu führen, dass emissionsintensive Industrien nach China oder Indien abwandern. Die Senkung des CO2 Ausstoßes darf daher nicht um jeden Preis erfolgen, sondern muss auch dem Grundprinzip der Wirtschaftlichkeit Rechnung tragen. Nur so kann Deutschland international wettbewerbsfähig bleiben und gleichzeitig zum weltweiten Klimaschutz beitragen. Nur so werden wir auch ein glaubwürdiges Beispiel für andere Länder weltweit sein können.

Nach Auffassung der Landesregierung können die drei energiepolitischen Hauptziele

• Umwelt- und damit auch Klimaschutz,

• Versorgungssicherheit und

• Wettbewerbsfähigkeit

nur in einem technologieoffenen Energiemix, unter Einschluss von Erneuerbaren Energien, aber auch mit der Kernenergie, erreicht werden.

Es herrscht große Einigkeit, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung signifikant zu steigern – natürlich unter Beachtung von Versorgungssicherheit und Preisgünstigkeit. Würden wir aber gleichzeitig aus der Kernenergie aussteigen, müssten etwa im Jahr 2020 rund 80 Prozent des Stroms aus fossilen Energieträgern

erzeugt werden. Das würde die CO2-Emissionen zu Lasten des Klimas drastisch erhöhen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Die Landesregierung verfügt nicht über eigene Erhebungen zur Einsparung von CO2-Emissionen durch die Energiegewinnung mit Kernkraft im Vergleich zur Erzeugung mit fossilen Brennstoffen.

Deshalb haben meine Fachleute auf eine aktuelle Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament aus dem Januar 2007 zurückgegriffen. In dieser Mitteilung wurden unter anderem die spezifischen Treibhausgas-Emissionen verschiedener Quellen für elektrische Energie verglichen.

Kernkraftwerke decken die Grundlast der Stromversorgung ab. Deshalb sind die relevanten Vergleichskraftwerke Kohlekraftwerke. Als Vergleichsmaßstab wurde das CO2-ärmste Kohlekraftwerk ausgewählt, das in der Mitteilung aufgeführt ist. Das ist ein Kombi-Kraftwerk mit integrierter Kohlevergasung. Gemäß der Mitteilung emittiert ein solches Kraftwerk 750 Kilogramm CO2-Äquivalent pro Megawattstunde Strom, ein Kernkraftwerk mit Leichtwasserreaktor nur 15 Kilogramm.

Mit diesen Informationen haben meine Experten anhand der Stromproduktion unserer 3 Kernkraftwerke für das Jahr 2006 die folgende Einsparung berechnet:

Einsparung durch Kernkraftwerk

Unterweser: rund 8,0 Millionen

Grohnde: rund 8,6 Millionen und

Emsland: rund 8,6 Millionen Tonnen

CO2-Äquivalent.

In der Summe ergibt sich eine Einsparung von rund 25,2 Millionen Tonnen im Jahr 2006.

Damit Sie diese Zahlen bewerten können, möchte ich Ihnen einen Vergleich nennen: Nach der Niedersächsischen Energie- und CO2-Bilanz, die bis zum Jahr 2004 vorliegt, hat der Verkehr in Niedersachsen (nach der Verbraucherbilanz) 18,1 Millionen Tonnen CO2 verursacht, die Haushalte 21,6. Die Einsparung der Kernkraftwerke nach dem oben dargestellten Berechnungsansatz beträgt für das Jahr 2004 rund 24,5 Mio. Tonnen.

Anrede,

Das heißt, unsere Kernkraftwerke haben mehr CO2 eingespart als der gesamte Verkehr in Niedersachsen verursacht. Gleiches gilt für den Vergleich mit den Haushalten.

Meine Experten haben auch eine Abschätzung vorgenommen zur Einsparung von CO2 durch die Kernkraftwerke seit deren Inbetriebnahme. Zu berücksichtigen ist, dass dabei nicht die heutigen modernen, sondern die bei der Inbetriebnahme der KKW jeweils aktuellen Stände der Technik bei Kohlekraftwerken herangezogen werden müssten. Als grobe, vorsichtige Schätzung wurde deshalb 800 Kilogramm Einsparung angenommen. Für die niedersächsischen Kernkraftwerke ergibt sich folgendes Bild:

Kernkraftwerk Unterweser:

seit Inbetriebnahme Abgabe von rund 261 Millionen Megawattstunden (MWh),

ergibt rund 209 Millionen Tonnen eingespartes CO2

Emsland:

rund 210 Millionen Megawattstunden,

CO2-Einsparung in Höhe von rund 168 Millionen Tonnen CO2

Grohne:

rund 249 Millionen Megawattstunden,

Einsparung von knapp 200 Millionen Tonnen CO2 und

Stade:

rund 153 Millionen Megawattstunden,

Einsparung von rund 122 Millionen Tonnen CO2.

Zu 2:

Die genannten Zahlen untermauern die mehrfach im Landtag dargestellte Haltung der Landesregierung, dass die Kernkraftwerke ein wichtiges Instrument für den Klimaschutz darstellen. Wie bereits in den Vorbemerkungen erwähnt, benötigen wir eine Vielzahl an Instrumenten und Maßnahmen, um den Klimaschutz wirkungsvoll voranzubringen. Deshalb sollte die Diskussion nicht auf ein Instrument verengt werden. Also auch nicht auf die Kernenergie. Die Kernenergie ist nicht das alleinige Allheilmittel für den Klimaschutz, aber sie ist eben ein wichtiges von vielen Instrumenten.

Zu 3:

Die genannten Zahlen zeigen, dass wir dem Klimaschutz einen Bärendienst erweisen würden, wenn wir auf die friedliche Nutzung der Kernenergie in Niedersachsen und in Deutschland verzichten würden.

Die Vergleiche mit dem Verkehr oder den Emissionen der Haushalte zeigen:

Es ist doch viel besser, die Kernkraftwerke – natürlich unter der Voraussetzung der Sicherheit, die immer oberste Priorität haben muss – weiter laufen zu lassen und zusätzlich, ich betone: zusätzlich (!) Anstrengungen zu unternehmen, eine weitestgehend CO2-freie Stromerzeugung zu erreichen und gleichzeitig in allen Bereichen CO2 einzusparen: vom Verkehr über die Heizung der privaten Haushalte bis hin zur Energieeinsparung im Strombereich.

Dabei müssen wir auch berücksichtigen, dass bei aller Beachtung des Umwelt- und Klimaschutzes in der Energiepolitik die Versorgungssicherheit und die Preisgünstigkeit weiterhin eine Rolle spielen und wir unseren Energiemix an diesem Dreiklang ausrichten müssen.

Anrede,

unverständlich ist für mich das Argument, Erneuerbare Energien könnten in den nächsten Jahren die Kernkraft ersetzen. Klar ist: Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix stärken.

Solange aber die Stromproduktion nicht CO2-frei ist, macht es doch Sinn, mit den Zuwächsen der Erneuerbaren Energien zunächst die bestehende Stromproduktion aus Kohle und Gas zu ersetzen. Denn das führt zu einer Einsparung von CO2. Wenn die Erneuerbaren Energien die Kernkraft ersetzen würden, wäre klimapolitisch ja nichts gewonnen. SPD und Grüne setzen dann zwar ihre Ideologie durch, aber die Kohle- und Gaskraftwerke würden weiterhin CO2 in die Luft blasen.

Weiter bringen würde uns also ein Festhalten an der Kernenergie bei gleichzeitigem schrittweisen Ersatz fossiler Stromerzeugung durch Erneuerbare.

Für die kommenden Jahre und Jah-zehnte würde also ein Verzicht auf die Kernenergie einen verstärkten Klimawandel bedeuten.

Artikel-Informationen

erstellt am:
08.03.2007
zuletzt aktualisiert am:
16.03.2010

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