Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Niedersachsen klar Logo

Klimaziele halten, Erneuerbare ausbauen und fossile Abhängigkeiten verhindern – welchen Beitrag leistet Niedersachsen zum ambitionierten Klimaschutz?

Rede des Niedersächsischen Ministers für Umwelt, Energie und Klimaschutz, Christian Meyer, zur Kleinen Anfrage für die Fragestunde der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (LT-Drs. 19/8946)


PI 089/2025

Angesichts der aktuellen Weltklimakonferenz in Belem, Brasilien bekennt sich Niedersachsen als Vorreiter der Energiewende und als hochbetroffenes Agrar- und Küstenland zu den weltweiten Klimazielen und ist gewillt seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Mit einem der ambitioniertesten Klimaschutzgesetze, das wir Dienstag noch einmal um die kommunale Wärmeplanung und die Klimafolgenanpassung erweitert haben, verfolgt Niedersachsen den vollständigen Umstieg auf Erneuerbare Energien und das Ziel der Klimaneutralität, welches bis 2040 erreicht werden soll.

Zum Ziel der Treibhausgasneutralität 2040 sieht das NKlimaG Zwischenschritte vor: So sollen die Gesamtemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um 75 Prozent bis 2030 und um 90 Prozent bis 2035 gesenkt werden. Hinzu kommen Flächen- und Leistungsziele: Ende 2026 sollen 2,2 Prozent der Landesfläche für die Erzeugung von Strom aus Windenergie ausgewiesen werden, bis 2033 sollen 0,5 Prozent der Landesfläche für Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen genutzt werden. Die installierte Leistung soll für Windenergie an Land bis 2035 30 Gigawatt und für PV-Anlagen 65 Gigawatt betragen.


Frage 1: Welchen Stand hat die Treibhausgasreduktion in Niedersachsen erreicht und welche Fortschritte erwartet die Landesregierung in den nächsten Jahren?

Antwort: Bis zum Jahr 2021, dem aktuellsten Jahr der amtlichen Statistik, sind die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 25,2 Prozent auf rund 75 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent gesunken. Für die energiebedingten CO2-Emissionen liegen uns Schätzungen bis zum Jahr 2024 vor, demnach sind diese gegenüber 1990 um fast 34 Prozent gefallen. Der von der Landesregierung umgesetzte Turbo bei den Erneuerbaren Energien durch Beteiligungsgesetz und Task Force Energiewende, sowie durch die Transformation der Wirtschaft wurde gerade in den letzten 3 Jahren die größte Senkung bei den energiebedingten Treibhausgasemissionen in Niedersachsen erzielt. Seit 2022 sind die energiebedingten Treibhausgasemissionen um rund elf Prozent gesunken. Der stärkste Rückgang seit 1990. Hauptursachen sind der Ausbau der Erneuerbaren Energien auf jetzt 102,4 Prozent des Bruttostromverbrauchs, die Stilllegung fossiler Kraftwerke, wie etwa das Kohlekraftwerk Mehrum, Hannover-Stöcken wird bald folgen und der wachsende Anteil erneuerbaren Stroms im Wärmesektor und die zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs.

Mit der aktualisierten Klimaschutzstrategie hat die Landesregierung gezeigt, dass sie in allen Sektoren zu ihrer Verantwortung steht, die Klimaschutzziele einzuhalten. In 120 Einzelmaßnahmen manifestieren sich die gemeinsamen Anstrengungen.

Wir haben jetzt den Turbo bei der Energiewende gezündet und erwarten gerade für diesen Sektor in den nächsten Jahren erhebliche Fortschritte. Über die Sektorenkopplung wirken sich diese Erfolge auch positiv auf die anderen Sektoren aus, indem der grüne Strom beispielsweise zum Heizen, für die Fortbewegung oder die Elektrifizierung industrieller Prozesse etwa grünen Stahl genutzt werden kann.

Darüber hinaus finanzieren wir beispielsweise die Transformation der Stahlindustrie mit erheblichen Mitteln und werden so zum Vorreiter in diesem wichtigen Industriezweig. Gleichzeitig reduzieren wir mit dieser Maßnahme eine erhebliche Quelle von Treibhausgasen: Mit einer angestrebten Emissionsminderung von 7,6 Millionen Tonnen CO2 können allein hier gut 10 Prozent der Gesamtemissionen Niedersachsens eingespart werden.

Weiterhin hat Niedersachsen ein hohes Potenzial für den natürlichen Klimaschutz durch Wiederbewaldung, Moorvernässung aber auch durch Auen und Salzwiesen an der Küste. Diese werden wir noch verstärkt nutzen. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Projekts Hannoversche Moorgeest, umfangreiche Moorflurbereinigungen etwa bei Nienburg oder Cuxhaven sowie erfolgreichen Vernässungen am Großen Meer bei Gifhorn und im Emsland, sind zahlreiche weitere Moorprojekte durch Kommunen, Verbände und das Land in Planung. Ich bin Bundesumweltminister Carsten Schneider sehr dankbar, dass er das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz, von dem viele Mittel ins Moorland Nr. 1 fließen werden, noch einmal auf jetzt 5 Mrd. Euro aufgestockt hat. Zudem haben wir zusammen mit der Region Hannover gerade ein erfolgreiches LIFE-Projekt der Europäischen Union für Moorentwicklung im Altarmbüchener Moor bewilligt bekommen. Zusammen mit einigen Rückdeichungen an der Elbe zur Auenentwicklung, der Wiederbewaldung des Harzes und vielen Klimaschutzmaßnahmen in den Kommunen wollen wir diesen Sektor von einem Emittenten zu einer natürlichen Senke von Treibhausgasemissionen machen. Dazu werden wir die Treibhausgasemission aus Mooren und weiteren kohlenstoffreichen Böden weiter wesentlich reduzieren. Das Niedersächsische Klimagesetz gibt als Ziel eine Reduzierung um jährlich 1,65 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente bis zum Jahr 2030 vor. Zurzeit laufen eine Vielzahl von Projekten und Maßnahmen zur Wiedervernässung in den niedersächsischen Moorgebieten oder sind in Vorbereitung. Für die Entwicklung der landeseigenen Moorflächen haben wir die Steuerungseinheit Moorschutz im NLWKN eingerichtet und die Staatliche Moorverwaltung seit Anfang des Jahres in der Ressortverantwortung des Umweltministeriums neu aufgestellt.

Aber auch andere Ökosysteme, wie insbesondere Wälder, Auen und Feuchtgebiete sowie Meere und Küsten mit den Salzwiesen und Seegraswiesen weisen hohe Potenziale zur Kohlenstoffspeicherung und damit zur Kompensation von Treibhausgasemissionen an anderer Stelle auf. Auch diese Potenziale nutzen wir gezielt, indem zum Beispiel Förderprojekte im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz des Bundes initiiert werden.

Klar ist jedoch auch, dass wir unsere landespolitischen Klimaziele nur erreichen können, wenn die Rahmenbedingungen auf europäischer und auf Bundesebene entsprechend gesetzt werden. Es darf jetzt kein Ausbremsen bei Erneuerbaren Energien, Elektromobiliät oder den Förderprogrammen für die Gebäudesanierung und den Heizungstausch hin zu klimaneutralen Wärmepumpen geben. Die aktuellen Entwicklungen der Nachfrage stimmen sehr positiv. 2025 wurden erstmals mehr Wärmepumpen in Gebäuden eingebaut als Öl- und Gasheizungen. Auch die Verkaufszahlen bei der Elektromobilität steigen weltweit und auch in Niedersachsen. Auch die Offshore-Windenergie, die Wasserstoffwirtschaft und die Transformation der Industrie geht voran und setzt auf verlässliche Rahmenbedingungen. Insbesondere in den Sektoren Energiewirtschaft und Industrie ist der regulatorische Rahmen wesentlich durch Regelungen des Bundes und der EU definiert. Das Land setzt sich deshalb regelmäßig im Rahmen der Ministerkonferenzen sowie im Bundesrat für ambitionierte Klimaziele und anspruchsvolle Maßnahmen auf EU- und Bundesebene ein, um Niedersachsens Beitrag zum weltweiten Klimaschutz zu erfüllen.


Frage 2: Wie gestaltet sich der Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Wasserstoffwirtschaft und welches Potential haben sie für den Klimaschutz?

Antwort: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien hat in Niedersachsen im Jahr 2025 weiter spürbar Fahrt aufgenommen. Der angekündigte Turbo ist da. Während wir in den letzten 2 Jahren einen Megazuwachs bei den Genehmigungen hatten, sind diese Anlagen nun auch gebaut und an die Netze angeschlossen. Bis zum dritten Quartal 2025 wurden 127 neue Windenergieanlagen errichtet – das sind rund 65 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die zusätzlich installierte Leistung liegt bei etwa 700 Megawatt, ein Zuwachs von gut 70 Prozent gegenüber des Vorjahreswertes. Insgesamt verfügt Niedersachsen damit nun über eine Windleistung von stolzen 13,6 Gigawatt an Land, hinzu kommen weitere 5,3 Gigawatt Offshore-Wind, die über niedersächsische Netzanbindungen eingespeist werden. Auch hier kommen mehrere Gigawatt in den nächsten Jahren dazu. Niedersachsen bleibt damit unangefochten das Windenergieland Nummer eins in Deutschland, denn rund ein Fünftel des gesamten bundesweiten Zubaus entfällt allein auf unser Land.

Auch bei den Genehmigungen zeigt sich ein klarer Aufwärtstrend. Bis zum dritten Quartal 2025 wurden mehr als 3,3 Gigawatt neue Windleistung genehmigt, auch das ist ein Plus von rund 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ich möchte erinnern: unser Landesziel sind 1,5 GW. Und wir sind Spitzenreiter bei den Genehmigungen in Deutschland. Ganz großer Dank an unsere Kommunen und Genehmigungsbehörden. Ich hatte ja mal bei Amtsantritt angekündigt, wir wollen nicht nur jeden Tag ein Windrad genehmigen, es sollte doch auch mal unter einem Jahr möglich sein. 2025 haben wir das geschafft. Wir konnten die durchschnittliche Genehmigungsdauer ab Antragsstellung deutlich verkürzen, von zuvor gut eineinhalb Jahren (19,4 Monate) ab Ersteinreichung auf jetzt 11,5 Monate, also unter einem Jahr. Bei vollständigen Unterlagen kommt die Genehmigung in 3,5 Monaten. Diese Beschleunigung ist ein sichtbarer Erfolg des niedersächsischen Windenergie-Beschleunigungspakets und der Task Force Energiewende. Denn wir sind nicht nur zahlenmäßig mit über 300 Windkraft-Genehmigungen deutlich besser als der Bundesschnitt, sondern auch zeitlich. Der lag 2024 bei fast 2 Jahren (23,3 Monaten) und liegt jetzt immer noch bei 17,3 Monaten. Niedersachsen ist also quantitativ und qualitativ auch Turbo-Genehmigungsmeister in Deutschland! Und jedes Windrad stärkt jetzt dank Beteiligungsgesetz die kommunale Wertschöpfung, senkt die Strompreise für die Anwohner*innen und sichert eine klimaneutrale, günstige und sichere Energieversorgung.

Ebenso dynamisch entwickelt sich der Ausbau der Photovoltaik. Nach einem Rekordjahr 2024 mit 1,6 Gigawatt neu installierter Leistung, überwiegend auf Dächern kamen bis September dieses Jahres bereits weitere 1,2 Gigawatt hinzu. Der Ausbau hält also an. Insgesamt sind damit rund 10 Gigawatt Photovoltaikleistung installiert, wovon etwa 1,6 Gigawatt auf Freiflächenanlagen entfallen. Niedersachsen trägt damit etwa zehn Prozent zum bundesweiten PV-Zubau bei. Mit Blick auf das Ziel des Niedersächsischen Klimagesetzes, bis 2035 65 Gigawatt Photovoltaikleistung zu erreichen, sind die Fortschritte deutlich, aber das Tempo muss hoch bleiben, daher wären Kürzungen für Privatpersonen kontraproduktiv.

Auch Grüner Wasserstoff, also mithilfe erneuerbarer Energien erzeugter Wasserstoff, wird künftig eine tragende Rolle in der Energiewende übernehmen. Seine ausreichende Verfügbarkeit ist entscheidend für die Transformation von Industrie und Energiewirtschaft hin zur Klimaneutralität. Einerseits dient Wasserstoff als speicherbarer Energieträger, um Schwankungen in der Stromerzeugung aus Wind- und Solarenergie auszugleichen. Die Rückverstromung soll dabei über H₂-Kraftwerke erfolgen. Andererseits wird grüner Wasserstoff in Industrieprozessen sowie im Flug- und Schiffsverkehr eine zentrale Bedeutung haben, wo eine direkte Elektrifizierung nicht möglich ist.

Auch für die stoffliche Nutzung spielt Wasserstoff eine wichtige Rolle, beispielsweise bei der klimaneutralen Ammoniakproduktion oder als Reduktionsmittel in der Stahlherstellung, die bislang auf Kokskohle im Hochofenprozess basiert. Mit Projekten wie der Transformation der Stahlproduktion im Rahmen des SALCOS-Programms der Salzgitter AG nimmt Niedersachsen bundesweit eine Vorreiterrolle in der Wasserstoffwirtschaft ein. Im Oktober 2024 genehmigte die Bundesnetzagentur dafür das Wasserstoff-Kernnetz mit einer Länge von rund 9.000 Kilometern, das schrittweise zwischen 2025 und 2032 in Betrieb gehen soll. Davon entfallen rund 1.800 Kilometer auf Niedersachsen, wobei 56 Prozent der Leitungen aus umgewidmeten Erdgasröhren bestehen. Niedersachsen kommt eine besonders wichtige Rolle beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft zu: Das Land investiert insgesamt 2,5 Milliarden Euro in Wasserstoff-Großprojekte, wovon 740 Millionen Euro aus Landesmitteln stammen. Geplant sind vier Großelektrolyseure mit einer Gesamtleistung von 820 Megawatt sowie der Ausbau eines rund 800 Kilometer langen Wasserstoffleitungsnetzes. Ein zentraler Abschnitt zwischen Lingen und Bad Bentheim mit 55 Kilometern Länge wurde bereits am 27. März 2025 in Betrieb genommen. Außerdem wurde ein Kavernenspeicher erfolgreich von Erdgas- auf Wasserstoffspeicherung umgerüstet. Ministerpräsident Olaf Lies und ich konnten uns kürzlich vor Ort vom Erfolg überzeugen. Die Storag-Etzel hat nun angekündigt, alle Gasspeicher auf grünen Wasserstoff umzurüsten.

Für Wasserstoff brauchen wir viel Überschussstrom. Im vergangenen Jahr erzeugten Wind- und Solaranlagen zusammen rund 52 Terawattstunden Strom. Das entspricht fast 78 Prozent der gesamten Bruttostromerzeugung und bilanziell bereits mehr als 102,4 Prozent des niedersächsischen Stromverbrauchs. Niedersachsen produziert damit mehr grünen Strom, als im Land verbraucht wird, und exportiert jährlich über 16 Terawattstunden in andere Bundesländer, was einen bedeutenden Beitrag zur Versorgungssicherheit und zur Erreichung der nationalen Klimaziele leistet.

In den kommenden Jahren soll der aus Erneuerbaren erzeugte Strom noch stärker auch in den Bereichen Wärme, Mobilität und Industrie genutzt werden. Dafür sind der weitere Ausbau von Netzen, Speichern und Flexibilitätsoptionen entscheidend. Mit der Inbetriebnahme des SuedLink-Netzes können künftig zusätzlich bis zu vier Gigawatt Windstrom aus Niedersachsen in den Süden Deutschlands transportiert und dort fossile Stromerzeugung ersetzt werden. Der konsequente Ausbau der Erneuerbaren Energien und der parallele Aufbau der Wasserstoffwirtschaft bilden gemeinsam die Grundlage für eine langfristig treibhausgasneutrale Energieversorgung und stärken zugleich die industrielle Wettbewerbsfähigkeit und regionale Wertschöpfung unseres Landes. Niedersachsen profitiert auch wirtschaftlich enorm von den Investitionen in Netze, Speicher, Erneuerbare Energien, Gebäude und Mobilitätswende. Bereits im 2. Jahr hatte Niedersachsen mit 1 Prozent ein überdurchschnittliches Wachstum unter den Bundesländern während der Süden mit minus 0,4 Prozent (Bayern) und minus 0,8 Prozent (Baden-Württemberg) Wirtschaftskraft in den Norden verliert. Wirtschaft folgt günstiger Energie und das sind unsere Erneuerbaren Energien an Land und auf See.


Frage 3: Wie zeigen sich die Klimafolgen bereits heute in Niedersachsen und was würde ein Temperaturanstieg von global 2,8°C für Niedersachsen und unsere Küsten bedeuten?

Antwort: Der Klimawandel ist längst keine ferne Bedrohung mehr – er ist Realität. Er ist nicht abstrakt – er ist messbar, sichtbar, fühlbar. Diese messbaren Veränderungen haben wir im Klimafolgen-Monitoringbericht für Niedersachsen in 2023 dokumentiert. Seit 1881 ist die Durchschnittstemperatur bei uns um 2,4 Grad Celsius gestiegen. Das ist mehr als der globale Durchschnitt. Das Jahr 2024 war das wärmste Jahr in Niedersachsen. Die Konsequenzen sind sichtbar: Hitzetage haben sich in Niedersachsen mehr als verdoppelt. Sowohl die Tage mit mehr als 30 Grad als auch die tropischen Nächte mit mehr als 20 Grad haben sich verdoppelt. Frosttage haben sich stark verringert und die Schneetage haben sich fast halbiert. Dazu kommen veränderte Niederschlagsmuster mit trockeneren Sommern und feuchteren Wintern. Das bedeutet: Staubige Felder im Juli, aber Hochwassergefahr im Januar. Die Verdunstung steigt, Böden trocknen aus und wenn der Regen kommt, dann oft als Starkregen, der nicht einsickert, sondern abfließt und Schäden anrichtet. Extremwetter wie Starkregen, Überschwemmungen und Dürren nehmen zu. Der Dürresommer 2018 und die Hitzewellen 2019 und 2023 sind keine Ausnahmen mehr. Der Dürresommer 2018 hat die Landwirtschaft hart getroffen – Ernteausfälle und verdorrte Wiesen haben dieses Jahr geprägt. Aber auch die Wälder sind durch die Jahre 2018 und 2019 deutlich verändert worden. Und die Bilder von überfluteten Straßen nach Starkregen kennen wir alle. Solche Ereignisse sind keine Ausnahmen mehr, sondern Vorboten einer neuen Klimanormalität. Sinkende Grundwasserstände bedrohen Trinkwasser und Landwirtschaft. Unsere Küstenregionen müssen sich auf steigende Meeresspiegel einstellen – Deicherhöhungen sind bereits notwendig und wir investieren hier bereits massiv. Auch die Ökosysteme leiden bereits heute unter den veränderten Klimabedingungen. Und nicht zuletzt: Gesundheitliche Risiken steigen – mehr Hitzebelastungen, Dehydrierung, Sonnenstiche, Kreislaufschwächen, höhere Gefahr für Atemwegserkrankungen.

Das ist die Gegenwart. Doch was passiert, wenn die Welt bis 2050 um 2,8 Grad Celsius wärmer wird? Die WMO warnt: Europa erwärmt sich doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. Wir sind der Hotspot. Für Niedersachsen bedeutet das eine massive Verschärfung der heutigen Probleme.

Bis Ende des Jahrhunderts erwarten wir eine Zunahme von etwa 3,5 Grad gegenüber 1971–2000, wenn wir so weitermachen wie bisher. Heiße Tage über 30 Grad und Tropennächte werden zur Regel, Frosttage verschwinden fast vollständig. Die Sommer werden noch trockener, die Winter noch feuchter. Das heißt: Dürre und Wasserstress für die Landwirtschaft, steigender Bewässerungsbedarf, gleichzeitig Hochwassergefahr in den Flussgebieten. Extremwetterereignisse werden häufiger: Starkregen, Dürren, Stürme – mit enormen Kosten für Infrastruktur und Landwirtschaft. Die Natur verliert weiter an Vielfalt, Wälder geraten unter Trockenstress, Böden verlieren ihre Fruchtbarkeit.

Unsere Städte werden zu Hitzeinseln, die Lebensbedingungen für die Menschen in dicht besiedelten Gebieten werden sich verschlechtern. Auch unsere Infrastrukturen sind auf diese Bedingungen nicht ausgerichtet. Straßen und Schienen leiden unter Extremtemperaturen.

Und die Küsten? Der Meeresspiegel könnte bis 2100 um 0,6 bis 1 Meter steigen. Für die Nordseeküste bedeutet das: höhere Sturmflutgefahr, stärkere Belastung für Deiche und Küstenschutz. Ohne Anpassung riskieren wir Überflutungen in Marschgebieten und auf Inseln.

Und falls mich wieder Experten auffordern, wir sollten über Evakuierungen von Menschen auf den Inseln oder in flachen Regionen hinter dem Deich nachdenken. Wir stehen zu unserem Küstenschutz und werden nicht 1,1 Millionen Menschen in Niedersachsen die in flachen Gebieten wohnen aufgeben und auch nicht den Küstenschutz auf den ostfriesischen Inseln. Ich sage aber auch, diesen Milliardenaufwand werden wir nicht alleine stemmen können. Daher brauchen wir endlich die angekündigte Bund-Länder Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung und Naturschutz. Mit 50 Millionen Euro ist da ein Einstieg da, aber mit 5 Millionen für Niedersachsen nach dem Königsteiner Schlüssel können wir vielleicht 1 von 618 km Deich zu einem Klimadeich verstärken. Denn wir machen Klimaschutz in unserem ureigenen Interesse.

Niedersachsen gehört zu den am stärksten gefährdeten Regionen Europas. Bei 2,8 Grad globaler Erwärmung reden wir nicht mehr über kleine Anpassungen – wir reden über drastische Veränderungen unseres Klimas und damit mit massiven Veränderungen im Wasserhaushalt, erheblichen Risiken für Küsten und Inseln und massiven Kosten für Landwirtschaft, Gesundheit und Infrastruktur. Die Frage ist nicht mehr: „Kommt das?“ Die Frage ist: Wie bereiten wir uns vor? Wir müssen jetzt handeln und die richtigen Weichen stellen, hin zur Berücksichtigung von Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in all unseren Lebens- und Planungsbereichen. Für unsere Küsten, unsere Städte, unsere Wälder und für die Menschen, die hier heute und in Zukunft leben.

Niedersachsen verstärkt beides – Klimaschutz UND Klimaanpassung. Danke für die breite Unterstützung hier im Landtag.


Die vollständige Rede des Ministers finden Sie hier: https://plenartv.landtag-niedersachsen.de/tagungsabschnitt/19-29


Artikel-Informationen

erstellt am:
20.11.2025

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln