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Antwort auf die mündliche Anfrage: Windkraft und Netzausbaugebiete in Niedersachsen

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage des Abgeordneten Axel Miesner (CDU) geantwortet.

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung

Vorbemerkung des Abgeordneten

Gemäß einem Entwurf einer Verordnung der Bundesnetzagentur sollen laut einem Bericht der HAZ vom 12. Oktober 2016 „im Norden Deutschlands (…) künftig deutlich weniger neue Windkraftanlagen gebaut werden als bisher“. Laut diesem Zeitungsbericht sind Gebiete im „nördlichen Teil Niedersachsens“ betroffen. Umwelt- und Energieminister Stefan Wenzel wird mit den Worten zitiert, dass dieses „erfreulich“ sei, „weil der erste Entwurf eine deutlich größere Fläche erfasst habe“.

Die HAZ informiert weiter: „Von den 2 500 Megawatt Windkraftleistung, die von 2017 an jährlich gebaut werden sollen, dürfen nur maximal 902 Megawatt in ‚Netzausbaugebieten‘ im Norden entstehen“ und nimmt damit Bezug auf den entsprechenden Entwurf. Im Weser-Kurier vom 12. Oktober 2016 heißt es dazu zur Begründung: „Da der Bau großer Nord-Süd-Stromleitungen nur schleppend vorankommt, lässt sich Windstrom aus dem Norden oft nicht nutzen. Vor allem Anlagen an Land würden ‚wegen Engpässen im Übertragungsnetz in steigendem Umfang in Norddeutschland abgeregelt, weil der Strom nicht vor Ort verbraucht und nicht zu den großen Verbrauchszentren im Süden abtransportiert werden kann‘, heißt es im Verordnungsentwurf.“ Damit sind gerade die besten Standorte für Windkraftanlagen von dieser Regelung betroffen, an denen die kostengünstigste erneuerbare Energie zur Verfügung steht und umgewandelt werden kann.

1. Auf welche Landkreise bezieht sich der genannte „nördliche Teil Niedersachsens“?

Das EEG 2017 sieht vor, dass in sog. Netzausbaugebieten der Ausbau von Windenergie an Land temporär gedeckelt wird. Vorgesehen ist, in einem festzulegenden Gebiet den Zubau von Windenergieanlagen an Land auf 58 Prozent des Ausbaus der drei Vorjahre (2013, 2014 und 2015) zu begrenzen. Das räumlich zusammenhängende Gebiet darf nicht größer sein als 20 Prozent der Fläche des Bundesgebiets.

In einem Verordnungsentwurf der Bundesnetzagentur aus dem Oktober dieses Jahres werden diese gesetzgeberischen Vorgaben weiter konkretisiert. Das Netzausbaugebiet umfasst danach rund die Hälfte der Niedersächsischen Kreise und kreisfreien Städte, sowie die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg in Gänze. In diesem Gebiet wird die Zuschlagserteilung für Windenergie an Land auf 902 MW pro Jahr begrenzt.

Konkret umfasst das Netzausbaugebiet, wie es derzeit vom Verordnungsgeber vorgeschlagen wird, in Niedersachsen die Landkreise Cuxhaven, Harburg, Lüneburg, Osterholz, Rotenburg (Wümme), Stade, Ammerland, Aurich, Cloppenburg, Emsland, Friesland, Leer, Oldenburg, Vechta, Wesermarsch und Wittmund sowie die kreisfreien Städte Delmenhorst, Emden, Oldenburg und Wilhelmshaven.

2. Welche Ausbauperspektive haben diese Regionen nach Inkraftsetzung der Verordnung?

Die in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen (mit Bremerhaven) vorhandenen Flächenpotentiale für die Windenergienutzung sind weitgehend ausgeschöpft. In Schleswig-Holstein besteht ein bis zum 05. Juni 2017 befristetes gesetzliches Verbot zur Errichtung von Windenergieanlagen. Damit soll die Zielerreichung für in der Aufstellung befindliche Regionale Raumordnungspläne zur Steuerung der weiteren Windkraftentwicklung abgesichert werden.

In 2017 wird sich deshalb der Zubau der Windenergie im Netzausbaugebiet verstärkt auf die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen konzentrieren. Die Perspektiven in den Folgejahren können für Schleswig-Holstein wegen der erst in Aufstellung befindlichen Regionalen Raumordnungsprogramme nicht verlässlich abgeschätzt werden. Die künftige Verteilung zwischen den drei norddeutschen Flächenländern wird maßgeblich vom schleswig-holsteinischen Anteil mit beeinflusst.

Der überwiegende Anteil der betroffenen Kreise in Niedersachsen hat die Orientierungswerte zum Flächenbedarf für die Windenergie nach dem Windenergieerlass bereits erfüllt bzw. annähernd erfüllt. Da diese vergleichsweise niedrig angesetzt sind – soweit andere Bundesländer sich Ausbauziele gesetzt haben, liegt der Flächenbedarf deutlich über dem niedersächsischen landesweiten Zielwert - kann auch in diesen Landkreisen ein weiterer Windenergieausbau geschehen. Attraktive Standorte mit guter Windhöffigkeit haben im neuen Ausschreibungssystem gute Zuschlagschancen.

In der Diskussion um die Netzausbaugebiete hat Niedersachsen gefordert, dass die Ausweisung landkreisscharf und nicht, was auch möglich gewesen wäre, netzgebietsscharf vorgenommen wird. Insoweit wird dies ebenso begrüßt wie dass nicht das gesamte Land zum Netzausbaugebiet deklariert werden soll, was durchaus zur Diskussion stand.

Das Konstrukt Netzausbaugebiet sollte jedoch aus Sicht der Landesregierung schnellstmöglich wieder aufgehoben werden. Denn Landesziel ist es, die niedersächsische Energieversorgung bis 2050 auf nahezu 100 Prozent Erneuerbare Energien umzustellen. Wichtig ist daher, dass die Ausbauhemmnisse für die Windenergie an Land nur kurzzeitig gelten. Spätestens bei einer Neufassung wird es darauf ankommen, dass aktuelle Entwicklungen und konkrete Netzausbauten in einer Anpassung des Geltungsbereichs der Verordnung einfließen.

3. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage, dass der Strom aufgrund fehlender Übertragungsnetze nicht zu den großen Verbrauchszentren abtransportiert werden könne, und was unternimmt sie dagegen?

Ein planvoller Ausbau der Stromnetze ist für den Umbau der Stromversorgung auf der Basis von erneuerbaren Energiequellen bei gleichzeitiger Reduzierung der Überkapazitäten bei konventionellen, nuklearen und kohlebefeuerten Kraftwerken nach Auffassung der Landesregierung dringend erforderlich. Zudem setzt sich die Landesregierung dafür ein, den sogenannten Must-Run konventioneller Kraftwerke auf das technisch erforderliche Maß zur Aufrechterhaltung der jederzeitigen Versorgungssicherheit zu reduzieren und zuschaltbare Lasten zu installieren, die lokal in der Lage sind bei großem Stromdargebot die Elektrizität aufzunehmen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bedarfsermittlung und Planung von notwendigen Netzausbaumaßnahmen nicht den Bundesländern obliegt, sondern den Übertragungsnetzbetreibern und der Bundesnetzagentur. Diese bestätigt letztendlich die Maßnahmen, deren Bedarf aufgrund eines vorher erstellten Szenariorahmens für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, sowie den künftigen Einsatz konventioneller Kraftwerke ermittelt wurde. Die verschiedenen Szenarien beziehen sich auf einen Betrachtungszeitraum von 10 bzw. 20 Jahren und werden künftig in einem zweijährigen Turnus fortgeschrieben. Nur so kann sichergestellt werden, dass technische Innovationen und Änderungen des Rechtsrahmens entsprechend in die Überlegungen der Übertragungsnetzbetreiber einfließen können.

Der Netzentwicklungsplan enthält alle Maßnahmen im deutschen Übertragungsnetz, die aus Sicht der Übertragungsnetzbetreiber erforderlich sind, um den zunehmenden Anteil an Strom aus erneuerbaren Energiequellen in der Zukunft zu transportieren und dabei zugleich die Systemsicherheit und Netzstabilität weiterhin gewährleisten zu können. Diese Maßnahmenvorschläge der Übertragungsnetzbetreiber werden von der Bundesnetzagentur überprüft und ggf. genehmigt. Der genehmigte Maßnahmenkatalog bildet anschließend die Grundlage für den Bundesbedarfsplan, der alle drei Jahre vom Bundesgesetzgeber beschlossen wird.

Niedersachsen ist stärker als jedes andere Bundesland vom Netzausbau im Höchstspannungsbereich (220 kV und mehr) nach dem Energieleitungsausbaugesetz, nach dem Bundesbedarfsplangesetz und bei den landseitigen Netzanbindungen von Offshore-Windparks betroffen. Hauptursache für diese besondere Betroffenheit Niedersachsens sind der Abtransport von großen Mengen sowohl Wind-Offshore-Stroms aus der Nordsee als auch Wind-Onshore-Stroms, der in den Küstenländern Niedersachsens und Schleswig-Holsteins erzeugt wird. Dies bedingt allein in der Genehmigungszuständigkeit des Landes Niedersachsen eine Vielzahl von Netzausbauprojekten im Drehstromnetz.

Hinzu kommen der Suedlink und der A-Korridor im HGÜ-Bereich (Höchstgleichstromübertragung), die beide von der Bundesnetzagentur zu genehmigen sind. Bei diesen beiden letzten Projekten, die nach der Netzentwicklungsplanung zu einem großen Teil den Windstrom aus dem Norden als Transitleitungen zu den Verbrauchszentren im Süden abführen sollen, haben sich jedoch massive Verzögerungen ergeben. Die Bundesnetzagentur und die Übertragungsnetzbetreiber gehen derzeit von Inbetriebnahmen in 2025 aus.

Dies führt nun dazu, dass bis zur Fertigstellung der HGÜ-Leitungen das Drehstromnetz den Abtransport des Windstroms in den Süden allein leisten muss, was einen beschleunigten Ausbau der Drehstromprojekte in Niedersachsen erforderlich macht.

Zur Beschleunigung des in die Genehmigungszuständigkeit des Landes fallenden Netzausbaus hat die Niedersächsische Landesregierung gemeinsam mit den Übertragungsnetzbetreibern TenneT und Amprion einen Abstimmungs- und Steuerungsprozess implementiert, der letztlich eine noch engere Verzahnung von Raumordnung, Planfeststellung auf behördlicher Seite mit der Planung, Beschaffung und Bauausführung auf Antragstellerseite bewirken soll.

Darüber hinaus hat die Landesregierung den Übertragungsnetzbetreibern und der Bundesregierung bei den in Bundeszuständigkeit zu genehmigenden Gleichstromprojekten ebenfalls ihre Unterstützung angeboten.

Artikel-Informationen

erstellt am:
28.10.2016
zuletzt aktualisiert am:
01.11.2016

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