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Plenum 25. Januar 2018: Mündliche Anfragen – Frage 19

Antwort auf die mündliche Anfrage: Entwässerung von Niederungsgebieten


Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Olaf Lies hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Hillgriet Eilers, Horst Kortlang, Dr. Stefan Birkner und Jan-Christoph Oetjen (FDP) geantwortet.

Vorbemerkung der Abgeordneten

In einem Artikel des Ostfriesischen Kuriers vom 5. Januar 2018 wird berichtet, die Entwässerungssysteme von Niederungsgebieten würden in Zukunft aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels, der Versiegelung von Grünflächen und zunehmender Winterniederschläge an ihre Belastungsgrenzen stoßen (Seite 7). Wissenschaftler der Jade Hochschule und der Universität Oldenburg untersuchten derzeit sich verändernde Rahmenbedingungen und alternative Entwässerungsmöglichkeiten. In den Wintermonaten Dezember, Januar und Februar werde das zu entwässernde Wasservolumen bis Mitte des Jahrhunderts um etwa 15 % ansteigen, erklärt der Leiter des Untersuchungsprojekts, Dr. Bormann von der Jade Hochschule. Die Siel- und Schöpfwerke des Ersten Entwässerungsverbandes Emden seien jedoch schon jetzt an ihrer Kapazitätsgrenze angekommen. „Wenn die Versiegelung mit der aktuellen Rate weiter voranschreitet, würde der Entwässerungsbedarf bis Mitte des Jahrhunderts in den Wintermonaten um weitere 2 % und bis Ende des Jahrhunderts um weitere 4 % ansteigen“, heißt es weiter. Darüber hinaus sei auch der Anstieg des Meeresspiegels ein Problem, weil dadurch der Wasserstand zur Ebbe seltener niedrig genug sei, um das Wasser über die Siele abzuführen. Stattdessen müsse dann öfter auf den kostenintensiven Pumpenbetrieb zurückgegriffen werden.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Entwässerungssysteme in den niedersächsischen Niederungsgebieten wurden ab Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts planmäßig ertüchtigt, um bessere Produktionsbedingungen für die Landwirtschaft zu schaffen. Schwerpunkte waren die Verbesserung der Haupt- und Nebenvorflut, landbautechnische Maßnahmen und Wirtschaftswegebau. Hierzu wurden für die besonders benachteiligten Gebiete im Küsten- und Emslandraum zwei Regionalprogramme beschlossen, der Küstenplan und der Emslandplan. In der Zeit zwischen 1955 und 1988 wurden über den Küstenplan insgesamt rd. 1,8 Mrd. DM in Entwässerungs- und Meliorationsmaßnahmen investiert, für die Emslanderschließung etwa 2 Mrd. DM. Mit den durchgeführten Maßnahmen (insbesondere Bau von 683 Schöpfwerken, rd. 11.300 km Gewässerausbau und rd. 146.000 ha Dränung) konnten die Produktionsbedingungen für die Landwirtschaft, die Infrastruktur und die allgemeinen Lebensbedingungen in diesen Gebieten erheblich verbessert werden. 1990 waren die wesentlichen Maßnahmen abgeschlossen, der Küstenplan und der Emslandplan waren umgesetzt. Die Landesförderung für diese Maßnahmen wurde erheblich zurückgefahren oder ganz eingestellt. Reinvestitionen obliegen nunmehr allein den zuständigen Wasserverbänden.

Durch die zwischen 1955 und 1990 durchgeführten Maßnahmen ist es zwar zu einer deutlichen Verbesserung der Landbewirtschaftungsbedingungen gekommen, aber auch (schleichend) zur Verschlechterung der natürlichen Entwässerung zum Beispiel durch Bodensackungen infolge der Mineralisierungen von Moorböden und zunehmender Flächenversiegelungen. Daneben haben auch Veränderungen des Tidegeschehens an den Hauptvorflutern im Küstengebiet, insbesondere verursacht durch seeschifffahrtsbedingte Fahrrinnenanpassungen, dazu geführt, dass Sielzugzeiten mit freier Vorflut abgenommen haben und verstärkt gepumpt werden muss, um die ordnungsgemäße Entwässerung sicherzustellen. Dies und der Umstand, dass viele der seinerzeit errichteten technischen Anlagen an die Grenze ihrer Lebensdauer kommen, verdeutlicht, dass gegebenenfalls Neuinvestitionen zur Ertüchtigung des vorhandenen Entwässerungssystems erfolgen müssen. Zuständig hierfür sind grundsätzlich die in Niedersachsen gegründeten Wasser- und Bodenverbände, nur für wenige Gewässer zeichnet das Land selbst verantwortlich.

Der Klimawandel und der in diesem Zusammenhang zu erwartende Meeresspiegelanstieg kann eine zusätzliche Verstärkung der Situation verursachen.

1. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass durch sich verändernde Rahmenbedingungen die Kapazitätsgrenze der vorhandenen Entwässerungsinfrastruktur in den niedersächsischen Niederungsgebieten in Zukunft überschritten werden könnte?

Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Die außergewöhnlichen Witterungsbedingungen der letzten Monate haben gezeigt, dass die Entwässerungsinfrastruktur in einigen Gebieten bereits heute an eine Grenze stößt, für die sie vor mehr als 50 Jahre nicht ausgelegt wurde.

2. Wie lange ist die Leistung der vorhandenen Entwässerungsinfrastruktur in den niedersächsischen Niederungsgebieten nach Auffassung der Landesregierung noch ausreichend?

Siehe Antwort zu Frage 1:

3. Was plant die Landesregierung, um dazu beizutragen, die vorhandene Entwässerungsstruktur in den niedersächsischen Niederungsgebieten auf sich verändernde Rahmenbedingungen wie zunehmende Winterniederschläge, voranschreitende Flächenversiegelung und den Anstieg des Meeresspiegels vorzubereiten?

Nach Wasserverbandsrecht obliegt es den zu diesem Zweck gegründeten Wasser- und Bodenverbänden als Selbstverwaltungsaufgabe, für eine ordnungsgemäße und schadlose Entwässerung der Niederungsgebiete Sorge zu tragen. Zu den satzungsgemäßen Aufgaben dieser Verbände zählt damit neben der Unterhaltung auch ein ggf. erforderlich werdender Ausbau der Entwässerungssysteme einschließlich der Anlagen in und an den Verbandsgewässern. Die Verbände dienen damit im öffentlichen Interesse dem Nutzen ihrer Mitglieder. Diese haben den Verbänden die Beiträge zu leisten, die die Verbände zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

Daneben unterstützt die Landesregierung Maßnahmen der Verbände.

Gemäß der Förderrichtlinie Hochwasserschutz werden zwar vor allem der Neubau und die Erweiterung von Hochwasserschutzanlagen einschließlich der Deichverteidigungsanlagen gefördert. Aber auch der Rückbau von Deichen, die Grundinstandsetzung von Schöpfwerken, konzeptionelle Vorarbeiten und die Aufstellung von einzugsgebietsbezogenen Konzeptionen zum Umgang mit dem Hochwasserrisiko sind förderfähig.

An Gewässern zweiter Ordnung gewährt das Land auf Antrag einen Zuschuss zu den Unterhaltungsaufwendungen, um besonders hohe finanzielle Belastungen durch die Gewässerunterhaltung zu reduzieren. Seit 2002 kann ein ergänzender Zuschuss für die Schöpfwerkskosten gewährt werden (§ 66 Abs. 2 NWG). Für diese Zuschüsse stehen jährlich 500.000 EUR im Einzelplan 15 zur Verfügung. In den letzten 10 Jahren haben durchschnittlich jeweils 10 Unterhaltungsverbände einen Zuschuss erhalten.

Artikel-Informationen

erstellt am:
25.01.2018

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