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Rede des Nds. Umweltministers Jüttner zu den Anträgen der Fraktion der CDU

Kürzungen bei der Förderung von Biogasanlagen führen zu Vertrauensverlusten bei Investoren - LT-Drs. 14/2664 Biogastechnologien voranbringen und nicht behindern - LT-Drs. 14/2935


E s g i l t d a s g e s p r o c h e n e W o r t

Mit der Bioenergie wollen wir nach Wind- und Sonnenenergie die dritte starke Säule der erneuerbaren Energien für Niedersachsen aufbauen. Sie wissen, Minister Bartels und ich haben im Februar dieses Jahres die Bioenergie-Offensive vorgestellt und auf einer Veranstaltung im Sommer mit vielen Beteiligten diskutiert. Allein jährlich 3,5 Millionen Euro an Landesmitteln und zusätzlich umfangreiche Förderungen aus dem Marktanzreizprogramm des Bundes stehen dafür zur Verfügung.

Ziel unserer Bioenergie-Offensive ist es, den Anteil der Bioenergie am Primärenergieverbrauch als wichtigste erneuerbare Energiequelle in Niedersachsen von derzeit knapp einem Prozent auf acht Prozent bis zum Jahr 2010 zu steigern. Dieses deckt sich mit den Vorstellungen der Europäischen Kommission. In der EU soll der Anteil der regenerativen Energien am Primärenergieverbrauch auf zwölf Prozent gesteigert werden. Die Bioenergie soll nach Auffassung der Europäischen Kommission mit einem Anteil von rund zwei Dritteln die wichtigste erneuerbare Energiequelle werden. Dieses ehrgeizige Ziel wird in Europa nur zu erreichen sein, wenn alle Akteure auf diesem Sektor eng zusammenarbeiten und zugleich Investitionsbereitschaft und Mut zu Veränderungen zeigen.

Die energetische Nutzung von Biomasse trägt nicht nur zum Klimaschutz bei, sondern dient auch der Sicherheit in der Energieversorgung. Und ebenso wichtig ist: sie bringt Innovationen durch neue Technologien für die Verbrennung, Vergärung, Vergasung und Verflüssigung von Biomasse. In Niedersachsen sind wir hierbei auf einem guten Weg.

Während die Windenergie heute bereits mit über zehn Prozent installierter Leistung zur Stromerzeugung in Niedersachsen beiträgt, liegt die Verstromung von Biomasse dagegen im Verhältnis rund zehn Jahre zurück. Deshalb brauchen wir hier einen deutlichen Aufschwung. Erst jetzt werden vermehrt Bioenergieanlagen (Holzverbrennungs- und Biogasanlagen) für die Stromerzeugung gebaut. In Niedersachsen sind drei Altholzverbrennungsanlagen mit insgesamt 55 Megawatt Leistung im Bau bzw. bereits im Betrieb, die ca. 85 000 Haushalte mit Strom versorgen können.

Für Niedersachsen als großes Agrarland ist die Erzeugung von Energie auf Biomassebasis – und dies bedeutet Wärmeerzeugung und Stromerzeugung - ein wichtiger Aspekt. Deshalb sollen die Potenziale der Bioenergie aus niedersächsischer Land- und Forstwirtschaft durch diese Offensive auch in das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger gerückt werden. Gesellschaftliche Akzeptanz muss vorhanden sein, wenn wir diese erneuerbare Energiequelle ausschöpfen wollen.

Mit der Biomasseverordnung und dem Erneuerbare Energiengesetz (EEG) hat die Bundesregierung gute Voraussetzungen für die Nutzung der Biomasse zur Energieerzeugung geschaffen. Unsere Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass Biogasanlagen sicher betrieben werden und auch von der Nachbarschaft akzeptiert werden.

Riskante Basteleien, wie jüngst an einer Anlage im Landkreis Cloppenburg, gefährden Menschen und Umwelt. Unvergorene Gülle war dort in großen Mengen ausgelaufen und hatte zu einem Fischsterben in der Soeste geführt. Hier müssen wir einen Riegel vorschieben.

Fragwürdig ist aber auch, dass sich bei nahezu jeder beantragten Biogasanlage sofort Bürgerinitiativen bilden, die ihren Bau verhindern wollen, weil sie Geruchsbelästigung befürchten.

Um zu klären, was an diesen Befürchtungen tatsächlich dran ist, finanziert das Niedersächsische Umweltministerium gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium eine Studie, die den Geruchsbelästigungen auf den Grund geht. In Ihlhorn im Landkreis Soltau werden zwei Biogasanlagen über einen Zeitraum von insgesamt einem Jahr in allen Betriebszuständen rund um die Uhr gemessen.

Auch wird in der Nachbarschaft ein umfangreiches, nach wissenschaftlichen Maßstäben durchgeführtes Messprogramm absolviert, das die Geruchssituation exakt ermittelt. Wir wollen genau wissen, ob und in welchem Umfang Biogasanlagen – wenn sie ordnungsgemäß betrieben werden – die Nachbarschaft beeinträchtigen.

Was die Sicherheit von Anlagen angeht, so hat das Umweltministerium vor etwa anderthalb Jahren Experten und Sachverständige aus der Gewerbeaufsicht, vom TÜV und den Berufsgenossenschaften eingeladen, um gemeinsam vorsorgende sicherheitstechnische Anforderungen an den Betrieb von Biogasanlagen festzulegen. Das vom Umweltministerium zur Diskussion gestellte Sicherheitspapier hat dazu geführt, dass das veraltete technische Regelwerk der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft erheblich überarbeitet und an unsere Vorstellungen angepasst wurde. Dieses neue Regelwerk liegt jetzt vor.

Mit dem Landwirtschaftsministerium und dem Wirtschaftsministerium sind wir einig, dass wir diese berufsgenossensschaftlichen Regeln unseren Genehmigungs- und Überwachungsbehörden zur Anwendung empfehlen werden.

Umweltschutzaspekte, die in dem vor allem auf die Belange des Arbeitsschutzes ausgerichteten Papier der Berufsgenossenschaft fehlen, werden wir in unsere Vollzugsempfehlung ergänzend aufnehmen. Dazu gehört zum Beispiel die notwendige separate Entschwefelung des Biogases. Der gemeinsame Runderlass, der also Arbeits- und Umweltschutz beinhaltet, wird gerade zur Veröffentlichung vorbereitet.

Wichtig ist aber auch, dass die Betreiber den Umgang mit dieser anspruchsvollen Technologie beherrschen. Regelmäßige Schulungen sind notwendig. Hierzu hat das Landwirtschaftsministerium gemeinsam mit der ländlichen Erwachsenenbildung bereits die Initiative ergriffen und bietet entsprechende Fortbildungskurse an. Die Anlagenbetreiber und der Biogasverband sind hier gefordert, die jeweils verantwortlichen Mitarbeiter schulen zu lassen.

Genauso unabdingbar wie die Anlagensicherheit sind aber auch Regelungen für die Einsatzstoffe von Biogasanlagen sowie die Verwertung von Gärsubstraten aus diesen Anlagen. Im Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsministerium haben wir deshalb klare Kriterien zur Abgrenzung von Abfall- und Düngemittelrecht bei Einsatzstoffen und Gärsubstraten aus Biogasanlagen festgelegt und per Erlass in Niedersachsen eingeführt.

Diese Regelung ist wichtig, weil sie sofort greift. Unser Ziel ist eine bundeseinheitliche Liste, die festschreibt, welche organischen Abfälle für eine Behandlung in biologischen Vergärungsanlagen geeignet sind und welche nicht. Diese Liste soll von der Bundesregierung im Vorgriff auf die geplante Novellierung der Bioabfallverordnung aufgestellt werden. Skandale wie im bayrischen Neuendettelsau sind dann ausgeschlossen.

Mittlerweile haben auch die Bezirksregierungen in Abstimmung mit dem Innenministerium die bauplanungsrechtlichen Anforderungen für die Zulässigkeit von Biogasanlagen im Außenbereich formuliert, so dass auch in diesem Punkt Planungssicherheit bei Betreibern und Anlagenherstellern besteht.

Insofern ist der Entschließungsantrag der CDU vom 29. November 2001 inzwischen gegenstandslos.

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