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erstellt am:
09.12.2004
zuletzt aktualisiert am:
16.03.2010
Für das deutsche Einzugsgebiet der Elbe liegt jetzt erstmals eine Bestandsanalyse vor. Die in der Flussgebietsgemeinschaft Elbe zusammengeschlossenen zehn Bundesländer Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen sowie der Bund verabschiedeten die mehr als 120-seitige Analyse am Donnerstag auf ihrer zweiten Elbe-Ministerkonferenz in Schönebeck (Sachsen-Anhalt).
Zugleich sprachen sich die Länder und der Bund in einer Schönebecker Erklärung für eine weitere Vertiefung der Kooperation mit den Elbe-Einzugsländern Tschechien, Polen und Österreich aus. In der Erklärung mit dem Titel "Die Elbe – ein Strom mit europäischer Bedeutung" wird ein gemeinsamer internationaler Bericht zur gesamten Flussgebietseinheit Elbe angekündigt. Dieser soll Anfang März auf der internationalen Elbe-Ministerkonferenz in Dresden verabschiedet werden.
Die deutsche Bestandsanalyse für die Elbe inklusive aller Nebenflüsse und Seen sowie für das Grundwasseraufkommen im Einzugsgebiet bildet die erste Datengrundlage zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Ziel der Richtlinie ist es, in allen europäischen Gewässern einen guten Zustand zu erreichen.
Mit der Bestandsanalyse wird eingeschätzt, inwieweit die Gewässer bereits heute diesen guten Zustand erreicht haben. Dabei geht es nicht allein um die Gewässergüte, sondern auch um die Frage, in welcher Dimension natürliche Flussläufe durch Menschenhand verändert wurden.
Die Analyse gibt zudem eine Prognose, ob eine Zielerreichung bis zum Jahr 2015 ohne weiteres Zutun wahrscheinlich, unklar oder eher unwahrscheinlich ist. Im Fall von vorhersehbaren Defiziten müssen vertiefende Untersuchungsprogramme aufgelegt und Zielgerichtete Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerqualität umgesetzt werden.
Die Elbe-Ministerkonferenz kommt in ihrer Schönebecker Erklärung zu folgendem Fazit: "Die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser in ausreichender Menge und in guter hygienischer Qualität ist gewährleistet." Damit sei eine wesentliche Forderung der europäischen Wasserpolitik bereits erfüllt. Zugleich räumen die Länder ein, dass das Elbeeinzugsgebiet als eine intensiv genutzte und entwickelte Kulturlandschaft in ihrer Beschaffenheit "nicht flächendeckend einer anthropogenen unbeeinflussten Naturlandschaft entsprechen kann".
Nach heutigem Kenntnisstand erreicht gut jeder zehnte Fluss und See (12,4 Prozent) in dem rund 97.000 Quadratkilometer großen deutschen Elbe-Einzugsgebiet die Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ohne weiteres Zutun. Für jedes vierte Oberflächengewässer (24,9 Prozent) ist dies unklar. Bei etwa zwei von drei Gewässern (62,8 Prozent) muss als eher unwahrscheinlich eingeschätzt werden, dass sie den guten Zustand ohne konkrete Maßnahmen erreichen werden. Insgesamt wurden Elbe und Nebenläufe in 3.271 Oberflächengewässer-Wasserkörper eingeteilt.
Für Sachsen-Anhalts Umweltministerin Petra Wernicke stellt die Bestandsanalyse eine Eröffnungsbilanz dar, an der sich die künftige Arbeit messen lassen muss. Sie erklärte: "Wir stehen am Beginn eines Prozesses. Je besser es gelingt, einen Gewässerschutz aus einem Guss zu praktizieren, umso erfolgreicher werden wir sein."
Wernicke verwies auf Erfolge bei der Steigerung der Elbe-Gewässergüte. Gerade in den neuen Ländern seien in den vergangenen Jahren große Kraftanstrengungen unternommen worden, sagte Wernicke. Die stoffliche Belastung der Elbe habe durch erhebliche Investitionen in den Bau kommunaler und industrieller Kläranlagen erheblich reduziert werden können.
In einigen neuen Ländern wird zum Erreichen eines guten Zustandes der Ausbau der Abwasserentsorgung in den nächsten Jahren noch weiter fortzusetzen sein. Genereller Handlungsbedarf wird auch beim Abbau diffuser Belastungen und bei der Verbesserung der Gewässerstruktur gesehen.
Folgt: Hintergrund und Details zum Bericht
Hintergrund:
Die Elbe ist nach Rhein und Donau der drittgrößte Fluss im Geltungsbereich der EU-Wasserrahmenrichtlinie, mit einer Länge rund 1.100 Kilometern von der Quelle im Riesengebirge bis zur Mündung in die Nordsee bei Cuxhaven-Kugelbaake. Das Einzugsgebiet ist mehr als 148.000 Quadratkilometer groß. Der deutsche Teil beträgt gut 97.000 Quadratkilometer oder 66 Prozent. Im Elbe-Einzugsgebiet leben rund 25 Millionen Menschen, davon 18,5 Millionen oder gut 75 Prozent in Deutschland. Die größten Städte im Einzugsgebiet der Elbe sind Berlin mit 3,38 Millionen Einwohnern, Hamburg (1,72 Millionen) und Prag (1,17 Millionen).
Zur Bestandsanalyse:
Betrachtet wurden Oberflächengewässer, also Flüsse und Seen sowie vorgelagerte Küstengewässer der Nordsee und die Insel Helgoland, sowie das Grundwasser. Für die Einschätzung des Gewässerzustandes laut Wasserrahmenrichtlinie wurden überschaubare kleine Einheiten – so genannte Wasserkörper (WK) – gebildet. Die Einschätzung erfolgte in den drei Stufen (1) Zielerreichung wahrscheinlich, (2) Zeilerreichung unklar und (3) Zeilerreichung unwahrscheinlich.
Zur Abschätzung der Zielerreichung für Oberflächengewässer
Für die Betrachtung wurden in acht Koordinierungsräumen 3.271 Wasserkörper gebildet. Davon wurden 642 (19,6 Prozent) als erheblich verändert eingeschätzt sowie 835 als künstliche Wasserkörper ausgewiesen. Die Oberflächengewässer werden zudem in Fließgewässer (Flüsse) und Standgewässer (Seen) unterteilt.
Zahl der Wasserkörper |
Zielerreichung wahrscheinlich |
In Prozent |
Zielerreichung unklar |
In Prozent |
Zielerreichung unwahrscheinlich |
In Prozent |
Oberflächengewässer |
||||||
3.271 |
405 |
12,4 |
813 |
24,8 |
2.053 |
62,8 |
davon Fließgewässer |
||||||
2.838 |
263 |
9,3 |
704 |
24,8 |
1.871 |
65,9 |
davon Standgewässer |
||||||
429 |
142 |
33,1 |
109 |
25,4 |
178 |
41,5 |
Relativ viele Wasserkörper sind in den Bereich Zielerreichung "unklar" und "unwahrscheinlich" eingestuft worden. Eine Ursache ist die Gewässerstruktur. Die Elbe ist eine internationale Wasserstraße. Der Ausbau der Gewässer mit Begradigung, Vertiefung, Querschnittsänderungen oder dem Bau von Querbauwerken wie Wehren führen zu morphologischen Veränderungen und beeinträchtigen die ökologische Funktionsfähigkeit der Gewässer.
In der Schönebecker Erklärung heißt es dazu: Der gute ökologische Zustand in den Fließgewässern wird überwiegend aufgrund der strukturellen und morphologischen Veränderungen nicht erreicht. Ursachen sind der Kulturbau zur Entwässerung landwirtschaftlich zu nutzender Flächen, die Errichtung von Querbauwerken, die Schifffahrt sowie zunehmende Erfordernisse an den Hochwasserschutz.
Zur Abschätzung der Zielerreichung für das Grundwasser
Die Grundwassergesamtfläche auf deutschem Gebiet beträgt knapp 96.200 Quadratkilometer. Für die Beurteilung wurden 210 Grundwasserkörper gebildet.
Laut Analyse erreichen 92 Wasserkörper (gut 44 Prozent) bereits jetzt die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie, für 118 Wasserkörper gilt die Zielerreichung als eher unwahrscheinlich oder zumindest unklar. Dabei wird bei der Zielbeschreibung zwischen einem guten mengenmäßigen und einem guten chemischen Zustand unterschieden.
Die Bestandserhebung weist aber auch aus, dass direkte Einleitungen als Ursache für Grundwasserverschmutzungen im deutschen Teil des Elbeeinzugsgebietes keine Rolle mehr spielen. Von Relevanz sind vielmehr Altablagerungen (etwa stillgelegte Deponien) sowie Industrie-Altstandorte. Des weiteren gelangen Schadstoffe aus so genannten diffusen Quellen unkontrolliert in den Boden und weiter in das Grundwasser. Ursache dafür ist, dass das Elbeeinzugsgebiet ein Kulturraum ist, in dem sich Wirtschaft und Landwirtschaft entwickeln. Entlang der Elbe haben sich große Städte angesiedelt.
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erstellt am:
09.12.2004
zuletzt aktualisiert am:
16.03.2010