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erstellt am:
06.10.2010
Rede von Umweltminister Hans-Heinrich Sander zum Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (LT-Drs. 16/1863) Entschließungsantrag der Fraktionen SPD, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke (LT-Drs. 16/2876)
(Es gilt das gesprochene Wort)
Anrede,
der Bund und das Land Niedersachsen fahren nicht gegen Wände in der Atompolitik. Wir reißen sie vielmehr dort nieder, wo Sie die Entwicklung einer offenen und zukunftsgerichteten Energiepolitik verstellen und blockieren!
Der Standort Gorleben ist daher für die niedersächsische Landesregierung auch nicht verbrannt, im Gegenteil!
Die Verlängerung des Rahmenbetriebsplans für die untertägige Erkundung ist nach eingehender Prüfung jetzt zugelassen worden.
Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich, dass die Arbeiten nach zehnjähriger Unterbrechung nun endlich weitergeführt und abgeschlossen werden sollen. Es muss jetzt Klarheit geschaffen werden zu der Frage, ob der Salzstock Gorleben für die Einlagerung radioaktiver Abfälle prinzipiell geeignet ist oder nicht.
Dabei müssen folgende Kernforderungen erfüllt werden:
Ergebnisoffenheit, Transparenz und Rückholbarkeit!
Vor wenigen Tagen bin ich in der Schweiz gewesen. Ich habe dort erfahren, dass die Schweizer in zwei entscheidenden Punkten anders mit dem Thema umgehen als wir. Daraus können und wollen wir auch gerne lernen.
Die Entscheidungsprozesse müssen umkehrbar sein. Im Klartext heißt das: Es muss auch die Möglichkeit geben, Abfallbehälter aus einem noch offenen Bergwerk wieder herauszuholen, wenn sich wider Erwarten herausstellen sollte, dass die Sicherheit doch nicht auf Dauer gegeben ist.
Rückholbarkeit ist eine somit zentrale Forderung von Niedersachsen an den Bund.
Ich begrüße, dass das Bundesumweltministerium unsere Forderung bereits akzeptiert und die Sicherheitsanforderungen angepasst hat. Sie sollen auch weiter diskutiert werden können.
Der zweite Punkt heißt Ergebnisoffenheit. Es gibt keine Vorfestlegung seitens der Landesregierung auf einen Standort Gorleben. Und wir werden jeglicher Vorfestlegung energisch widersprechen.
Wir möchten, dass alle bisherigen wissenschaftlichen Ergebnisse zu Gorleben vollständig auf den Tisch gelegt werden. Und zwar die geologisch günstigen wie auch die kritischen.
Wir möchten, dass dort quasi eine gläserne Erkundung stattfindet.
Und wir möchten, dass ein Begleitprozess mit Vertreten der Region eingerichtet wird. Das verstehen wir unter Transparenz.
Sie, Herr Wenzel, sprechen einem solchen Begleitprozess die Eignung grundlegend ab. Das ist in meinen Augen ein Beleg dafür, dass Sie den Konsens gar nicht wollen.
Ihr wahres Ziel ist es zu verhindern, dass ein Endlager entsteht. Nur, wenn Ihnen dies gelingt – so meinen Sie – können Sie Ihren ideologischen und verbissenen Kampf gegen die Kernenergie gewinnen.
Bündnis 90 polarisiert und provoziert, wo es nur geht und das mit allen Mitteln. Ich kann Sie nur im Interesse des Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger aufrufen, sich zu mäßigen. Bringen Sie sich ehrlich und konstruktiv ein!
Nun zu Ihrer Forderung nach zwingender Bundesratsbeteiligung bei den Laufzeitverlängerungen.
Zunächst einmal: die Landesregierung hat richtig gehandelt, erstmal den Entwurf der Atomgesetznovelle abzuwarten, bevor sie sich überhaupt dazu äußert, ob das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates bedarf oder nicht.
Diese jetzt einzufordern wegen einer Regelung, die in dem Entwurf gar nicht mehr enthalten ist, erscheint mir abwegig. Die Beteiligung der Länder an eventuellen Verpflichtungen des Bundes im Schadensfall soll im aktuellen Gesetzentwurf vollständig gestrichen werden. Die Diskussion darüber können wir uns also sparen.
Und was nun die Frage der Entsorgungssicherheit radioaktiver Abfälle damit zu tun haben soll, dass die vorgesehene Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Sie auch selbst nicht erklären.
Übrigens soll sich an den bestehenden Vollzugsaufgaben der Länder überhaupt nichts ändern. Ob die Qualität der Aufgabenwahrnehmung sich ändert, wird von verschiedenen Gutachtern je nach politischem Standpunkt der Auftraggeber unterschiedlich beurteilt. Am Ende wird das wohl vom Bundesverfassungsgericht zu entscheiden sein.
Aus alledem wird mir eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Bundesratsbeteiligung bei der Laufzeitverlängerung nicht ersichtlich.
Die Thematik der Bundesratsbeteiligung wird sicher in den Ausschussberatungen vertieft werden.
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erstellt am:
06.10.2010