Artikel-Informationen
erstellt am:
16.05.2014
Es gilt das gesprochene Wort
Der Abgeordnete hatte gefragt:
Die Cellesche Zeitung berichtet in ihrem Artikel „Celler Jäger sauer aufs Land“ vom 25. April 2014 über die Diskussionen um den Schutz von Krähen im Rahmen des neuen Jagdgesetzes. Dieses verbiete die Bejagung der Krähen vollständig. Der Umgang mit den Krähen werde vor dem Hintergrund kritisiert, dass sich ein komplettes Jagdverbot zum einen negativ auf den Bestand anderer geschützter Arten auswirke. Zum anderen werde in Bezug auf die städtischen Brutbereiche kritisiert, dass die Krähen neben ihrer Gefahr als Raubvogel insbesondere durch ihren Kot Beschädigungen an Gebäuden hervorriefen, was verständlicherweise zu einer Frustration der Eigentümer führt, die bei einem kompletten Bejagungsverbot machtlos seien.
Auch Verunreinigungen und sogar Schäden an Fahrzeugen wurden in verstärktem Maße beobachtet. Vielen Menschen erscheine das massive Auftreten von Krähen und die damit einhergehende Verkotung auch aus hygienischen Gründen zunehmend problematisch.
Der Schutz der Krähen werde in seinem Ausmaß infrage gestellt. In dem besagten Artikel heißt es: „Die Saatkrähe ist eine koloniebrütende Vogelart, die noch vor 30 Jahren bundes- wie auch landesweit als stark bedroht galt. In der Zwischenzeit hat sich der niedersächsische Brutbestand mit über 10 000 Paaren fast verfünffacht, wobei die Vögel zunehmend auch städtische Bereiche für die Anlage ihrer Brutkolonien nutzen.“
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie haben sich die Krähenbestände entwickelt?
2. Trifft es zu, dass in einigen Städten Probleme durch die Kolonialbildung durch Saatkrähen bestehen?
3. Wie unterstützt die Landesregierung die betroffenen Städte?
Minister Wenzel beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Vorbemerkungen:
In Niedersachsen treten acht verschiedene Rabenvogelarten als Brutvögel auf. Diese unterscheiden sich in ihren Lebensraumansprüchen und im Verhalten zum Teil deutlich voneinander. Alle Rabenvogelarten sind gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) besonders geschützt. Für sie gelten die Verbote des § 44 BNatSchG, die von den in Niedersachsen zuständigen unteren Naturschutzbehörden verpflichtend durchzusetzen sind. Der Kolkrabe unterliegt bundesweit zusätzlich dem Jagdrecht, hat aber in Niedersachsen eine ganzjährige Schonzeit. Die Arten Rabenkrähe und Elster sind in Niedersachsen ebenfalls dem Jagdrecht (§ 5 Niedersächsisches Jagdgesetz) unterstellt worden. Die Rabenkrähe besitzt eine Jagdzeit vom 01. August bis zum 20. Februar. Für die Elster ist die Jagdzeit auf den Zeitraum 01. August bis 28. Februar festgesetzt worden. Die in der Kleinen Anfrage angesprochene Saatkrähe hat weder in Niedersachsen noch in anderen Bundesländern eine Jagdzeit. Aktuelle Veränderungen in den Jagdzeiten für diese Arten, wie sie offenbar von der Celleschen Zeitung angesprochen werden, gibt es in Niedersachsen nicht. Darüber hinaus gehören die im gleichen Artikel angesprochenen städtischen Bereiche zu den sogenannten befriedeten Bezirken (§ 9 Niedersächsisches Jagdgesetz), in denen die Ausübung der Jagd in der Regel untersagt ist.
Unter den in Niedersachsen brütenden Rabenvogelarten ist die Saatkrähe die einzige Art, die vorzugsweise in größeren Brutkolonien siedelt und zudem verstärkt in den städtischen Bereichen auftritt. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sich sämtliche Fragen der Kleinen Anfrage auf diese Art beziehen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1:
Der Bestand der Saatkrähe betrug in Niedersachsen um 1850 rund 65.000 Brutpaare. In der Folge ist er beständig zurückgegangen und erreichte um 1970 mit ca. 2.000 Brutpaaren einen Tiefstand. Danach erfolgte eine allmähliche Erholung (1980 = 2.285, 1990 = 5.906, 2000 = 12.677 Brutpaare) bis 2005 auf ca. 18.000 Brutpaare. Hauptursache für den lang andauernden Rückgang war die direkte Verfolgung der Art. Die unmittelbare Vertreibung, Lebensraumverschlechterungen durch Flurbereinigungen sowie der zunehmende Umbruch von Grünland in Ackerland bewirkten Umsiedlungen, Zersplitterungen oder die Aufgabe bedeutender Koloniestandorte. Erst der gesetzliche Schutz seit 1977 hat zu einem positiven Bestandstrend geführt, doch umfassen die Bestände heute erst etwa 30 % der einstigen Vorkommen.
Zu 2:
Saatkrähen brüten grundsätzlich in Kolonien, die zumeist einige dutzend, aber auch mehrere hundert, Brutpaare umfassen können. Die größte Kolonie des Landes und zugleich Deutschlands befindet sich mit über 1.600 Brutpaaren in Scharrel imLandkreis Cloppenburg. Während sich früher die meisten Kolonien in der offenen Feldflur befanden, siedeln Saatkrähen heute überwiegend in Städten und Dörfern. Dies kann zu Konflikten führen. Anwohner und Geschäftsleute fühlen sich durch die Vögel und ihre Lautäußerungen belästigt und/oder werden zeitweise mit intensiver Verschmutzung von privaten und öffentlichen Lebensbereichen konfrontiert. Wo Konflikte auftreten und die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind, kann auf die gesetzlich verankerten Möglichkeiten zurückgegriffen werden, einzelfallbezogene Ausnahmen von den Verboten des § 44 BNatSchG zuzulassen, der den Schutz der Vögel und ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten regelt.
Zu 3:
Die im Einzelfall zu ermittelnden Lösungsmöglichkeiten und deren erfolgreiche Umsetzung liegen im Zuständigkeitsbereich der Unteren Naturschutzbehörden (siehe auch Antwort zu 2). Eine landesweit bezogene fachliche Beratung leistet auch die Staatliche Vogelschutzwarte im Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. Dort wird zurzeit im Auftrag des Landes Niedersachsen ein Konzept zum Umgang mit Saatkrähen im Siedlungsbereich entwickelt, das Orientierungshilfen bieten und zur Entschärfung von Konflikten vor Ort beitragen soll.
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erstellt am:
16.05.2014