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erstellt am:
18.04.2013
HANNOVER. Umweltminister Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage des Abg. Dr. Gero Hocker (FDP) zum Besuch von Umweltminister Stefan Wenzel in Gorleben geantwortet.
Der Abgeordnete Dr. Gero Hocker (FDP) hatte gefragt:
Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel meinte im Rahmen seines Besuchs in Gorleben am 20. März, dass Gorleben „erwiesenermaßen ungeeignet sei und aufgegeben werden müsse“, wie in einem Bericht auf der Internetseite des NDR zu lesen war. Diese Aussage des Umweltministers wurde u. a. auch vom Betriebsrat in Gorleben kritisiert.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie begründet sie fachlich ihre Auffassung, dass Gorleben erwiesenermaßen ungeeignet sei?
2. Inwieweit hat die Landesregierung Pläne für die berufliche Zukunft der Beschäftigten im Erkundungsbergwerk Gorleben entwickelt?
3. Was unternimmt die die Landesregierung gegebenenfalls, um das bei den im Erkundungsbergwerk Beschäftigten vorhandene spezielle Fachwissen zu erhalten und weiterzuentwickeln?
Stefan Wenzel, der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz, beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Die Landesregierung ist der Auffassung, dass der Salzstock Gorleben für die Lagerung von hochradioaktivem Atommüll nicht geeignet ist und aufgegeben werden muss.
Für die Auswahl des Standortes Gorleben im Jahr 1977 fehlt eine nachvollziehbare wissenschaftliche Begründung. Das seinerzeit im Auftrag der Bundesregierung durchgeführte KEWA-Auswahlverfahren wurde abgebrochen und innerhalb weniger Wochen wurden damals die Empfehlungen des KEWA-Auswahlverfahrens revidiert. Mit Gorleben wurde ein Standort ausgewählt, der sich zuvor nicht unter den nach damaligen Kriterien am besten geeigneten Standorten befand. Die Behauptung er sei aufgrund der Grenznähe ausgeschieden ist nicht belastbar, weil andere Standorte in unmittelbarer Grenznähe in der Auswahl verblieben sind. Eine Beteiligung der Öffentlichkeit hat bei der Bestimmung Gorlebens durch die damalige Landesregierung nicht stattgefunden.
Das Desaster im Salzstock Asse zeigt, dass die Dimension der mit der Atommülllagerung verbundenen Herausforderungen lange unterschätzt wurde. Der Konflikt um die Auswahl von Gorleben und der lange ausgeschlossene Wassereinbruch im Salzstock Asse hatten auch negative Folgen für die Forschung zu Fragen betreffend die Lagerung von Atommüll. Kritische Analysen und Forschungsergebnisse blieben teilweise unveröffentlicht, weil sie nach Auffassung von Bundesbehörden nicht nur den Standort Gorleben bedroht hätten, sondern auch die Salzlinie als Ganzes hätten diskreditieren können.
Prämissen, die zu Beginn der Erkundungen in Gorleben aufgestellt wurden, sind durch die Ereignisse im Salzstock Asse in Frage gestellt worden. Der Selbstverschluss aller Risse und Klüfte, der noch bis 2008 von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) angenommen wurde, hat sich zumindest in einem entscheidenden Fall nicht bewahrheitet. Die Annahme, dass Risse und Klüfte im Salz aufgrund der plastischen Verformbarkeit des Lagermediums nicht auftreten werden, hat sich ebenfalls als nicht belastbar erwiesen. Erstaunlich ist zudem, dass Forschungsvorhaben, die noch bis in die neunziger Jahre als unverzichtbar für die Genehmigungsfähigkeit von Gorleben galten, ohne Ergebnis abgebrochen worden sind. Auch ein intaktes Deckgebirge ist in Gorleben auf einer größeren Fläche nicht vorhanden. Grundwasserführende Schichte stehen direkt auf dem Salzstock. Für das Wirtsgestein Salz fordert die Landesregierung, dass ein Standort mit einem vollkommen wasserundurchlässigen Deckgebirge gefunden wird. Dieses ist in Gorleben nicht vorhanden. Für andere Wirtsgesteine sind ebenfalls spezifische Kriterien festzulegen.
Die Einigung zwischen Bund und Ländern am 9. April schafft nunmehr die Möglichkeit Grundsatzfragen der Lagerung von insbesondere hochradioaktivem Atommüll in öffentlichen Anhörungen zu erörtern und Fehlentscheidungen der Vergangenheit zu hinterfragen. Ziel ist die Festlegung von Ausschlusskriterien, Sicherheitsanforderungen und Abwägungskriterien. Diese Möglichkeit wird das Land intensiv nutzen, ihre diesbezüglichen Positionen im Rahmen der Arbeit der Bund-Länder Kommission detailliert begründen und dabei weitere Punkte aufführen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1:
Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.
Zu 2:
Die Erkundung erfolgt durch die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE). Wirtschaftlich Berechtigter ist die GNS, die 75 % der Stammeinlagen hält. Gesellschafter der GNS sind u.a. die Stromversorger EON, RWE und Vattenfall. Die DBE betreibt seit 1979 im Auftrage des Bundes ein umfangreiches geowissenschaftliches Programm zur Untersuchung des Salzstockes in Gorleben hinsichtlich seiner Eignung als Endlagerstandort für radioaktive Abfälle. Bundesumweltminister Altmaier hat die Erkundungsarbeiten nun bis auf weiteres ausgesetzt. Die Verantwortung für die berufliche Zukunft der Beschäftigten liegt aus Sicht der Landesregierung zunächst beim Unternehmen und ihren Muttergesellschaften. Minister Wenzel hat gegenüber dem Betriebsrat seine Bereitschaft erklärt für Gespräche zur Verfügung zu stehen.
Zu 3:
Bund und Länder haben sich auf ein gemeinsames Verfahren zum Standortauswahlgesetz geeinigt. Der Bund steht nun in der Verantwortung Regelungen für den Offenhaltungsbetrieb am Standort Gorleben vorzuschlagen. Die Landesregierung geht weiter davon aus, dass die Anzahl der Beschäftigten für den Offenhaltungsbetrieb deutlich geringer ist als heute.
Im Zusammenhang mit den Herausforderungen bei der Rückholung der Abfälle aus der Schachtanlage Asse II geht die Landesregierung von einem zusätzlichen Bedarf an Personal aus, der sich auf dem existierenden Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres decken lassen wird. Der Bund als Träger des Vorhabens ist auch hier gefordert zu prüfen ob Personal aus Gorleben für dieses Projekt verfügbar und einsetzbar ist.
Aus Sicht der Landesregierung wäre es somit möglich, einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Fachwissens zu leisten.
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erstellt am:
18.04.2013