Artikel-Informationen
erstellt am:
12.12.2003
zuletzt aktualisiert am:
16.03.2010
PI-Nr. 83/2003
Es gilt das gesprochene Wort !
Sehr geehrte Frau Steiner,
Sie leiten Ihre Anfrage mit einem Zitat ein, das Sie als mein bekanntes politisches Credo bezeichnen: "Wir machen Politik für den Menschen". Und dann würzen Sie das mit der Frage, inwieweit denn frühere Landesregierungen Politik gegen den Menschen gemacht haben und wann der Umweltminister das glaubhaft nachweist.
Sehr geehrte Frau Steiner,
wenn wir beide – und das gilt genauso für alle Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament - nicht Politik für die Menschen machen wollten, hätten wir hier wahrlich nichts zu suchen.
Das kann es also nicht sein, was uns trennt. Was uns aber möglicherweise unterscheidet, Frau Steiner, ist die Antwort auf die Frage, auf welchem Weg wir am besten dort hinkommen.
Und dazu sage ich Ihnen: Mein Weg besteht nicht darin, den Naturschutz als Monstranz vor mir herzutragen und die Menschen in der Überzeugung eigener Unfehlbarkeit mit Gesetzen und Verordnungen zu deckeln. Mein Weg – und so wäre es richtig zitiert – besteht darin, dass ich Politik mit den Menschen machen möchte. Das heißt, dass ich die Menschen dabei mitnehmen möchte.
Sehr geehrte Frau Steiner,
Politik mit den Menschen können Sie nur hinbekommen, wenn Sie Ihnen die Chance geben, die Ziele des Naturschutzes nicht nur zu verstehen, sondern sie auch mitzutragen. Das ist die Akzeptanz, die ich meine.
Und die brauchen wir vor allem bei denen, die für den Naturschutz als Eigentümer oder Bewirtschafter von Flächen wichtig sind. Genauer: Von den Flächen, die wir als Kernflächen oder wegen ihrer Brückenfunktion brauchen, um den Naturschutz in unserem Land dauerhaft auf eine solide und verlässliche Grundlage zu stellen.
Das, Frau Steiner, hat nun wahrlich überhaupt nichts mit der Notwendigkeit eines staatlichen Umweltschutzes zu tun. Es hat aber sehr viel damit zu tun, noch viel mehr Menschen zum Partner staatlichen Umweltschutzes zu machen.
Und nun noch ein Wort zur Ausweisung von Naturschutzgebieten: der finanzielle Spielraum des Landes ist außerordentlich knapp. Die bestehenden rechtlichen Bindungen können wir nicht ändern. Dies sind die Grenzen für die Entscheidung, welche Prioritäten gesetzt werden sollen. Und dazu sage ich: Mir ist es wichtiger, die Werterhaltung bei den vorhandenen Naturschutzgebieten abzusichern als weitere kostenträchtige Naturschutzgebiete auszuweisen.
Dazu gibt es allerdings eine Einschränkung: Niedersachsen ist – wie alle anderen Bundesländer auch – verpflichtet, die Anforderungen aus der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft zu erfüllen. Das wird geschehen – und zwar im Verhältnis eins zu eins.
Das heißt, wir werden nicht in die Rolle eines vermeintlichen Musterschülers schlüpfen, indem Qualität durch Quantität ersetzt wird. Dort aber, wo EG-rechtlich Ausweisungen von Naturschutzgebieten unumgänglich sind, wollen und werden wir dies in enger Kooperation mit den betroffenen Grundeigentümern tun.
Damit Sie mich ganz klar verstehen: Wir werden dafür sorgen, dass außerhalb der Natura 2000-Gebiete nur noch diejenigen Naturschutzgebiets-Verfahren zum Abschluss gebracht werden, in die bereits umfangreiche Vorarbeiten investiert wurden und die bereits die öffentliche Beteiligung durchlaufen haben.
Neue Naturschutzgebietsausweisungen außerhalb von Natura 2000-Gebieten werden durch das Umweltministerium aus finanziellen Gründen sehr kritisch gesehen.
Dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1:
Die finanzpolitische Hinterlassenschaft der früheren Landesregierung verlangt eine Neuordnung der Verwaltung. Das geht nicht ohne Einschnitte, ohne den Abbau von Aufgaben, ohne Privatisierung und Kommunalisierung. Für die verbleibenden Landesaufgaben muss eine möglichst optimale Struktur gefunden werden.
In Zahlen bedeutet das den Abbau von 400 Stellen im Umweltbereich. Daran wird auch die Naturschutzverwaltung beteiligt sein. Wichtig ist, dass darunter die Qualität der Naturschutzarbeit in Niedersachsen nicht leidet.
Generell bieten sich die Kommunen mit ihrer Nähe zum "Objekt" an, zukünftig das Schwergewicht der Naturschutzaufgaben zu übernehmen. Die beim Land verbleibenden Kernaufgaben des Naturschutzes müssten dann in Strukturen eingebunden werden, wo sie mit höchstem Wirkungsgrad bearbeitet werden können.
Da aber noch nicht alle Reformvorschläge auf dem Tisch liegen, kann ich hier und heute nicht konkreter werden.
Zu Frage 2:
Nein – unter Berücksichtigung des einleitend Gesagten.
Zu Frage 3:
Der Tourismus hat als Wirtschaftsfaktor für die Regionen und im Hinblick auf die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens und der Gäste des Landes einen hohen Stellenwert für die zukünftige Politik der Landesregierung.
Um die vielen bereits bestehenden Möglichkeiten zum Naturerleben in Schutzbereichen besser publik zu machen, wurden im Umweltministerium die wichtigsten Angebote zusammengestellt und veröffentlicht. Nähere Informationen finden Sie im Internet bei www.reiseland-niedersachsen.de
Die Frage, ob die staatliche Naturschutzverwaltung in der Vergangenheit einen ausreichenden Beitrag für die Entwicklung des Tourismus geleistet hat, wird insbesondere auch im Rahmen des Verwaltungsmodernisierungsprozesses, geprüft werden. Sie kann deshalb derzeit nicht abschließend beantwortet werden.
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erstellt am:
12.12.2003
zuletzt aktualisiert am:
16.03.2010