Artikel-Informationen
erstellt am:
20.02.2015
zuletzt aktualisiert am:
23.02.2015
Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Almuth von Below-Neufeldt, Hermann Grupe und Dr. Marco Genthe (FDP) geantwortet.
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Die Untere Naturschutzbehörde im Landkreis Nienburg hat in den vergangenen Monaten in einem Umfang von ca. 1 500 ha im Privateigentum stehende Flächen als geschützte Landschaftsbestandteile i. S. v. § 29 BNatSchG ausgewiesen. Laut Bericht der Zeitung Die Harke vom 31. Januar 2015 lässt der Landkreis diesbezüglich seine weiteren Aktivitäten nach Einwänden des Landvolks gegen diesen Eingriff in das Eigentumsrecht nunmehr ruhen. „Im Mittelpunkt stehe nun die konkrete rechtliche Frage, ob die von der Kreisverwaltung herangezogene Gesetzes- und Erlasslage als nicht verfassungsgemäß angreifbar sei“, heißt es in dem Bericht im Hinblick auf Äußerungen des Landrats. Zu diesem Zwecke, so wird der Landrat zitiert, sei der Landkreis darauf angewiesen, vom Land eine klare rechtliche Positionierung und eine entsprechende Weisung zu erhalten.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Existiert eine Verwaltungsvorschrift, ein Erlass oder eine Weisung des Niedersächsischen Umweltministeriums, die der Praxis der Ausweisung von kultivierten Grünlandflächen und Deichflächen als bisher wenig veränderten Landschaftsbestandteilen im Landkreis Nienburg zugrunde liegt?
2. Ist die im Landkreis Nienburg durchgeführte Praxis der flächenmäßigen Ausweisung von kultivierten und bewirtschafteten Grünlandflächen als geschützte Landschaftsbestandteile nach Auffassung der Landesregierung durch das oben genannte Gesetz oder eine andere Gesetzesgrundlage gedeckt?
3. Hält die Landesregierung allein die Kartierung einer Fläche als mesophiles Grünland für hinreichend, um daraus auf eine in den Standorteigenschaften wenig veränderte Fläche im Sinne des § 29, Abs. 1 BNatSchG zu schließen, und wie bewertet sie diesbezüglich die über Jahrzehnte betriebene landwirtschaftliche Nutzung einer Kulturfläche?
Minister Wenzel beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Vorbemerkungen:
Die Vorschrift des § 22 Abs. 4 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) geht auf einen Gesetzesentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP zurück (LT-Drs. 16/1902).
Nach § 22 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG sind Flächen, die im Außenbereich im Sinne des § 35 des Baugesetzbuchs gelegen sind und
1. keiner wirtschaftlichen Nutzung unterliegen (Ödland) oder
2. deren Standorteigenschaften bisher wenig verändert wurden (sonstige naturnahe Flächen),
geschützte Landschaftsbestandteile im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) [...]
Diese Flächen erfahren damit – vergleichbar der nach § 30 BNatSchG und § 24 NAGBNatSchG für gesetzlich geschützte Biotope geltenden Rechtslage – eine Unterschutzstellung unmittelbar durch gesetzliche Erklärung. Sie sind in das Verzeichnis der geschützten Teile von Natur und Landschaft aufzunehmen (§ 22 Abs. 4 BNatSchG i. V. m. § 14 Abs. 9 Satz 1 NAGBNatSchG).
Im Zuge der Fortschreibung seines Landschaftsrahmenplanes hat der Landkreis Nienburg/Weser im Jahre 2013 umfangreiche Biotoptypenkartierungen im Kreisgebiet durchgeführt, nach Abschluss der Kartierungen und deren Auswertung die sich hieraus ergebenden Flächen in das Verzeichnis der geschützten Teile von Natur und Landschaft aufgenommen (§ 14 Abs. 9 Satz 1 NAGBNatSchG) und damit begonnen, die Eigentümer und ggf. Pächter zu benachrichtigen (§ 22 Abs. 4 Satz 5 NAGBNatSchG). Zum 12.02.2015 sind 420 Flächen mit insgesamt rd. 1230 ha in das Verzeichnis aufgenommen worden, darunter 361 Flächen i. S. von § 22 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NAGBNatSchG (sonstige naturnahe Flächen, ggf. mit Ödlandanteilen).
Landwirtschaftsseitig hat der Vollzug der genannten Vorschriften in Bezug auf die sonstigen naturnahen Flächen massive Kritik erfahren. Der Landkreis Nienburg/Weser hat dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz eine vom dortigen Kreislandvolkverband veranlasste rechtsgutachterliche Stellungnahme zu § 22 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NAGBNatSchG und dessen Anwendung mit der Bitte um Weisung übermittelt, wie weiter zu verfahren sei. Die Stellungnahme wird derzeit geprüft. Die Tätigkeit des Landkreises Nienburg/Weser hinsichtlich der sonstigen naturnahen Flächen ruht.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1:
Eine Verwaltungsvorschrift, ein Erlass oder eine Weisung des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz, speziell zur Ausweisung von kultivierten Grünlandflächen und Deichflächen als bisher wenig veränderten Landschaftsbestandteilen im Landkreis Nienburg existiert nicht. Durch Erlass vom 16.05.2013 (Az.: 29-22289/6) ist der Hinweis ergangen, dass bei einer am UVP-Recht orientierten Auslegung von § 22 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG wegen einer seinerzeit anstehenden Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zum 01.08.2013 bei der Anwendung von einer Mindestgröße von 1 ha (statt bisher 5 ha) zusammenhängender Fläche auszugehen sei.
Zu 2:
§ 22 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NAGBNatSchG kann auch kultivierte und bewirtschaftete Grünlandflächen erfassen. Das ergibt sich schon aus der Einzelbegründung des o. g. Gesetzesentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP. Diese geht von einer Geltung der Vorschrift für extensiv (bzw. nicht intensiv) genutztes Dauergrünland trockener bis feuchter Standorte aus (s. S. 51).
Zu 3:
Nach der Einzelbegründung des o. g. Gesetzesentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP zeigt das Vorkommen von Mesophilem Grünland an, dass die Standorteigenschaften wenig verändert sind (s. S. 51). Dies gilt auch, wenn eine auch über Jahrzehnte betriebene landwirtschaftliche Nutzung einer Kulturfläche erfolgt ist.
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erstellt am:
20.02.2015
zuletzt aktualisiert am:
23.02.2015