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Antwort auf die mündliche Anfrage zur Umsatzsteuer im Vertragsnaturschutz

Die Abgeordnete Renate Geuter (SPD) hatte gefragt: Welche Folgen hat das Urteil des Bundesfinanzhofes für zukünftige Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz und für Vertragsnaturschutzmaßnahmen nach europäischem Recht?

Land- und Forstwirte, die ein Grundstück dauerhaft für Ausgleichsmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutz zur Verfügung stellen, müssen auf das dafür enthaltene Entgelt Umsatzsteuer zahlen. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 8. November 2012 abschließend entschieden, dass Entschädigungszahlungen für die Überlassung eines Grundstückes an eine Gemeinde zur Verwendung für eine Ausgleichsmaßnahme der umsatzsteuerrechtlichen Regelbesteuerung unterliegen.

In seiner Urteilsbegründung weist der BFH darauf hin, dass in solchen Fällen keine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG gewährt werden kann. Eine nach dieser Vorschrift umsatzsteuerbefreite Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit liegt nur dann vor, wenn dem Vertragspartner - im konkreten Fall der Gemeinde - auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück wie ein Eigentümer in Besitz zu nehmen. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hat der Bundesfinanzhof ausgeführt, dass für die Beurteilung der objektive Inhalt des jeweiligen Vertrages maßgeblich ist, unabhängig davon, welche Bezeichnung die Vertragsparteien der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarung gegeben haben.

Nach nationalem und europäischem Recht existieren viele Vorschriften, über die Landwirte privatrechtliche Verträge zur Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen gegen Entgelt abschließen können. Neben dem Bundesnaturschutzgesetz sind dies u. a. der Europäische Ausrichtungsfonds für die Landwirtschaft oder der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes.

Bei auf Dauer angelegtem Vertragsnaturschutz sei damit zu rechnen - so die Vermutung Betroffener -, dass die Finanzverwaltung den bislang eher großzügig angelegten Maßstab für eine Umsatzsteuerbefreiung aufgrund der neuen Rechtsprechung verschärfen wird.

Ich frage die Landesregierung:

1. Erwartet die Landesregierung aufgrund der aktuellen Rechtsprechung eine veränderte Vorgehensweise der Finanzverwaltung im Hinblick auf die Umsatzsteuerbefreiung für Naturschutzmaßnahmen und, wenn ja, in welchem Umfang und in welchen Bereichen?

2. Gibt es aus Sicht der Landesregierung Auswirkungen des BFH-Urteils im Hinblick auf die Bereitschaft, Grundstücksflächen für den Vertragsnaturschutz zur Verfügung zu stellen und, wenn ja, in welcher Hinsicht?

3. Wird die aktuelle Rechtsprechung des BFH aus Sicht der Landesregierung zukünftige Förderprogramme für den Vertragsnaturschutz beeinflussen und, wenn ja, in welcher Hinsicht?



Stefan Wenzel, der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz, beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Vorbemerkungen:

Die Landesregierung legt großen Wert auf Dialog und Kooperation, um das Land und die Gesellschaft neu zu gestalten. Daher soll der Einsatz hoheitlicher Regelungen soweit wie möglich beschränkt und stattdessen auf eine kooperative sowie verlässliche Zusammenarbeit mit Landwirten gebaut werden. Dabei kommt dem Vertragsnaturschutz bzw. den Agrarumweltmaßnahmen in Gestalt des EU-finanzierten Kooperationsprogramms Naturschutz als freiwilligem Instrument eine ganz besondere Bedeutung zu. Aktuell bestehen landesweit für eine Fläche von rund 44.600 ha freiwillige fünfjährige Vereinbarungen zum Zwecke einer besonders naturschonenden landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Damit fließen derzeit Fördermittel in Höhe von jährlich rd. 10,5 Mio. EUR in den ländlichen Raum. Dieser Vertragsnaturschutz, der aufgrund der EU-Förderregelungen auf keinen Dauerzeitraum sondern einen bestimmten Zeitraum ausgerichtet ist, wird auch in den kommenden Jahren seine herausragende Bedeutung als Instrument zum Erhalt von wertvollen Biotopen sowie Lebens- und Zufluchtstätten bedrohter Tier- und Pflanzenarten behalten. Die Förderung soll jedoch zukünftig noch stärker als bisher auf die Honorierung der tatsächlichen Umweltleistungen der Landwirtschaft konzentriert werden, um ggf. bestehende Mitnahmeeffekte soweit wie möglich auszuschließen.

In dem dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. November 2012, Az.: V R 15/12 zugrunde liegenden Sachverhalt, hatte ein Landwirt ein Grundstück gegen Entgelt einem sogenannten Eingriffsverursacher zur Verfügung gestellt, damit dieser dort Ausgleichsmaßnahmen nach dem Naturschutzgesetz durchführen konnte. Dazu hat der BFH entschieden, dass der Landwirt damit an den Eingriffsverursacher eine zum Regelsteuersatz umsatzsteuerpflichtige Leistung erbracht hat. Es habe insofern keine umsatzsteuerfreie Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks vorgelegen, weil dem Eingriffsverursacher lediglich das Recht zur Inbesitznahme des Grundstücks eingeräumt worden sei, um dort die Ausgleichsmaßnahmen durchführen zu können. Es komme auch keine Umsatzsteuerbefreiung im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang erfolgte Bestellung eines dinglichen Nutzungsrechts in Betracht, weil dieses allein der Absicherung des Rechts zur Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen diente.

Die umsatzsteuerliche Behandlung von entsprechenden Sachverhalten ist bereits im Jahr 2006 von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder erörtert worden, die im Ergebnis zur selben rechtlichen Beurteilung wie nunmehr der BFH kamen. Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen vertritt eine entsprechende Auffassung in einer bereits im Frühjahr 2007 ergangenen Verfügung an die niedersächsischen Finanzämter.

Im Übrigen kommt es für die umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen bzw. Betätigungen von Land- und Forstwirten im Zusammenhang mit dem Naturschutz stets darauf an, wer im Einzelfall an wen welche Leistung erbringt. Umsatzsteuerpflichtig zum Regelsteuersatz wäre zum Beispiel auch die entgeltliche Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen (wie das Anlegen eines Teiches) durch den Land- und Forstwirt selbst für einen Eingriffsverursacher. Besteht die Leistung des Land- und Forstwirts dagegen zum Beispiel lediglich in der Lieferung von Pflanzen, kann diese dem ermäßigten Umsatzsteuersatz oder im Fall eines pauschalierenden Land- und Forstwirts, der selbst erzeugte Pflanzen liefert, sogar der Pauschalierung nach § 24 UStG unterliegen. Prämien, die Land- und Forstwirte im Rahmen des Vertragsnaturschutzes von öffentlichen Stellen als Ausgleichszahlungen für Nutzungseinschränkungen hinsichtlich eigener land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen erhalten, werden im Allgemeinen als nicht umsatzsteuerbare, sogenannte echte Zuschüsse angesehen; insoweit wird auf Abschnitt 10.2 Absatz 2 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) hingewiesen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Da das BFH-Urteil vom 8. November 2012, V R 15/12, die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt, wird es insofern zu keiner veränderten Beurteilung entsprechender Sachverhalte durch die Finanzverwaltung kommen. Im Übrigen kommt es bezüglich der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Leistungen bzw. Betätigungen von Land- und Forstwirten im Zusammenhang mit dem Naturschutz auf die im Einzelfall jeweils erbrachte Leistung bzw. Betätigung an.

Zu 2:

Nein. Bisher sind keine Auswirkungen hinsichtlich der Bereitschaft von Bewirtschaftern Grundstücksflächen für den Vertragsnaturschutz bzw. Agrarumweltmaßnahmen zeitlich begrenzt zur Verfügung zu stellen erkennbar. Die für diesen Förderzweck bereitstehenden EU- und Landesmittel werden nach dem derzeitigen Kenntnisstand ausgeschöpft.

Zu 3:

Die Landesregierung geht derzeit von keinen Auswirkungen durch die aktuelle Rechtsprechung des BFH auf zukünftige EU-finanzierte Förderprogramme für den Vertragsnaturschutz bzw. Agrarumweltmaßnahmen aus, zumal in der ab 2014 beginnenden neuen EU-Förderperiode die Agrarumweltmaßnahmen des MU und des ML noch enger als bisher verzahnt werden sollen und der Vertragsnaturschutz aus verwaltungsökonomischen Gründen dann nicht mehr durch Verträge sondern durch Zuwendungsbescheide abgewickelt wird.

Artikel-Informationen

erstellt am:
21.06.2013

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