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Antwort auf die mündliche Anfrage: Berücksichtigt die Landesregierung die Forderungen der Landwirte für den SuedLink-Ausbau?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe, Dr. Gero Hocker, Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) geantwortet.

Vorbemerkung der Abgeordneten

Das Landvolk Niedersachsen hat am 15. Mai 2017 ein Punkte-Papier mit Forderungen herausgegeben, die nach Auffassung der Landwirte beim Ausbau der Stromtrasse SuedLink zu berücksichtigen sind (http://www.landvolk.net/Presse/LPD-Meldungen/2017/05/1735/Trassen.php, Abrufdatum: 31. Mai 2017). Zur Steigerung der Akzeptanz dauerhafter Nutzungseinschränkungen durch die Grundeigentümer sei die Einführung einer wiederkehrenden Zahlung erforderlich. Um die Beeinträchtigungen auf privaten Grundstücken möglichst gering zu halten, müsse der Netzausbau vorrangig auf öffentlichen Flächen geplant werden. Damit der Grund und Boden während des Bauprozesses auf die bestmögliche Art und Weise geschützt werde, werden eine umfassende Alternativenabwägung zur Wahl der bestmöglichen Verlegetechnik sowie eine unabhängige bodenkundliche Überwachung mit Stopp-Befugnis gefordert.

In einer Pressemitteilung des Landwirtschaftsministeriums vom 22. Mai 2017 heißt es, beim Ausbau der Stromtrasse müsse der Schutz von Bauern und Böden im Blick behalten werden: „Das ist zugleich die deutliche Forderung an die Übertragungsnetzbetreiber TenneT und TransnetBW, diese Aspekte für eine größtmögliche Akzeptanz der Erdverkabelung auch unter Landwirten bei den Planungen zu berücksichtigen“ (http://www.ml.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/agrarminister-meyer-suedlink-stromtrasse-muss-akzeptanz-von-bauern-und-boeden-im-blick-haben1541 81.html, Abrufdatum: 31.05.2017).

Vorbemerkung der Landesregierung

Mit dem am 31.12.2015 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus hat der Bundesgesetzgeber die Einsatzmöglichkeit von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene erheblich erweitert. Neben entsprechenden Regelungen für den Drehstrombereich wurde für eine Reihe von Gleichstromvorhaben (HGÜ-Vorhaben) eine grundlegende Neuausrichtung in Bezug auf den Einsatz von Erdkabeln vorgenommen. Die Neuregelungen haben zum Ziel, die Akzeptanz der Leitungsbauvorhaben vor Ort zu erhöhen und dadurch die Realisierung des Netzausbaus in Deutschland insgesamt zu beschleunigen.

Für den Ausbau der erneuerbaren Energien im Bereich der Stromerzeugung und den dadurch erforderlichen verstärkten Netzausbau werden häufig private Flächen genutzt, deren Nutzungseinschränkung entschädigt wird. In der aktuellen Diskussion wird auch die Frage nach modifizierten Entschädigungszahlungen für betroffene Grundstückseigentümer aufgeworfen. Der niedersächsische Landtag hatte hierzu in seiner 42. Sitzung bereits am 24. Juli 2014 den Antrag der CDU 17/1103 und die Beschlussempfehlung 17/1738 abschließend beraten und die Entschließung 17/1814 mehrheitlich angenommen.

Darin werden Fragen der verbesserten Entschädigung für Eigentümer und Nutzer benötigter Trassenflächen aufgeworfen. Die niedersächsische Landesregierung ist sich der wichtigen Rolle dieses Themas gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung der Akzeptanz betroffener Grundstückseigentümer bewusst.

Das von der Landesregierung zu bewertende Punktepapier enthält folgende Positionen, die der Übersichtlichkeit halber wie folgt vorangestellt werden:

  1. Beschleunigung des Netzausbaus durch die Einführung wiederkehrender Zahlungen

  2. Berücksichtigung agrarstruktureller Belange und vorrangige Planung auf öffentlichen Flächen

  3. Neujustierung der Entschädigung und Ermittlung durch öffentliche Institutionen

  4. Nachentschädigung der Betroffenen bei Neuverlegung der Leitung

  5. Umfassende Alternativenabwägung zur Wahl der bestmöglichen agrarflächenschonenden Technik

  6. Schadensvermeidung durch unabhängige landwirtsch.-bodenkundliche Überwachung mit Stopp-Befugnis

  7. Monitoring der Auswirkungen der Erdverkabelung

  8. Kein naturschutzfachlicher Ausgleich für die Verlegung in landwirtschaftlichen Nutzflächen

  9. Bereitstellung einer Rückbausicherheit

  10. Gewährleistung landwirtschaftlicher Nutzung auf der Leitungstrasse

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Forderungen aus dem Punkte-Papier des Landvolks (bitte für die Forderungen getrennt angeben)?

Zu Positionen 1, 3 und 4:

Die Positionen1, 3 und 4 werden aufgrund des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam bewertet.

Aus Sicht der Niedersächsischen Landesregierung können angemessene Entschädigungen für die Beeinträchtigung von Grundstücken durch den Netzausbau einen wichtigen Beitrag für die Akzeptanz zum Netzausbau und das Gelingen der Energiewende insgesamt leisten. Zu beachten ist hierbei, dass die Interessen der betroffenen Grundstückseigentümer auf der einen Seite und die berechtigten Interessen der Verbraucher an einer bezahlbaren Energieversorgung auf der anderen Seite zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen sind.

Die Landesregierung hat das für das Energierecht zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit dem Hinweis auf die LT-Entschließung Drs. 17/1814 im Herbst 2014 schriftlich gebeten, das derzeit geltenden Rechtssystem der Entschädigungszahlungen einer erneuten Überprüfung zu unterziehen..

Das BMWI hat diesen Vorschlag aufgegriffen und im September 2016 im Rahmen der AG Netzplanung der Plattform Energienetze die Studie "Entschädigung von Grundstückseigentümern und -nutzern beim Stromnetzausbau - eine Bestandsaufnahme" vorgestellt. (http://bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Studien/entschaedigung-grundstueckseigentuemern-nutzern-stromnetzausbau,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf.)

Die niedersächsische Landesregierung steht einer Weiterentwicklung des bestehenden Entschädigungssystems zu Gunsten einer punktuell verbesserten Entschädigung von Privateigentümern im politischen Meinungsbildungsprozess grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Soweit insgesamt Änderungen angestrebt werden, erscheint aus Sicht der niedersächsischen Landesregierung jedoch nur eine länderübergreifende, bundeseinheitliche Regelung vor dem Hintergrund der grundlegenden Änderung der Energieinfrastruktur zielführend. Dabei dürfen auch die Belastungsauswirkungen von Erhöhungen im Entschädigungsbereich auf die Stromkunden nicht aus dem Auge verloren werden.

Zu Position 2:

Die niedersächsische Landesregierung hat am 22.05.2017 eine Stellungnahme zum SuedLink-Antrag nach § 6 NABEG bei der Bundesnetzagentur abgegeben (siehe auch http://www.netzausbau-niedersachsen.de/vorhaben/suedlink/index.html). Darin wird u. a. eine frühzeitige Berücksichtigung agrarstruktureller Belange gefordert.

Zu Position 5:

Aufgrund der Antragsunterlagen wird davon ausgegangen, dass bei der Planung und dem Bau von SuedLink die verfügbaren Techniken intensiv geprüft werden und unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit die nach dem Stand der Technik bodenschonendste Technik und Bauweise verwendet wird. Die ressortübergreifende Arbeitsgruppe zum SuedLink-Netzausbau in Niedersachsen unter der Federführung des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wird dies kritisch hinterfragen und im Rahmen der Aufgabe als Träger öffentlicher Belange im Bundesfachplanungsverfahren für SuedLink begleiten.

Zu den Positionen 6 und 7:

Die Positionen 6 und 7 werden aufgrund des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam bewertet.

Durch den vorhandenen Erdkabelvorrang beim Netzausbau mit HGÜ-Vorhaben ist der Boden das hauptbetroffene Umweltschutzgut.

Der Schutz des Bodens erfolgt aufgrund des BBodSchG über Bodenfunktionen (vgl. § 1 BBodSchG und zu den Bodenfunktionen § 2BBodSchG). Sowohl bei der Trassenwahl als auch beim Untersuchungsrahmen haben sich die Schutzziele des BBodSchG, nämlich der Erhalt der Bodenfunktionen widerzuspiegeln. Die rechtlich und planerisch erforderliche Beurteilung des Schutzgutes „Boden“ hat über die Betrachtung und Bewertung der Bodenfunktionen zu erfolgen.

Neben der Berücksichtigung des Schutzgutes Boden im Rahmen der Planung ist auch die Bauphase von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz von Erdverkabelungen. Eine bodenkundliche Baubegleitung ist schon in der Planungsphase wichtig, gewinnt aber gerade auch in der Bauphase erhebliche Bedeutung.

Die Niedersächsische Landesregierung sieht das Erfordernis einer ausreichenden Würdigung dieser Belange im Abwägungsprozess und Begleitung und Überprüfung im Rahmen eines Monitoring während der Bauphase als Voraussetzung für eine zügige Umsetzung der Planungen und die am Ende erforderliche Akzeptanz dieser Großvorhaben durch die Grundstückseigentümer und -bewirtschafter. Entsprechend wurde der Bundesnetzagentur in der o. g. Stellungnahme der niedersächsischen Landesregierung zum Antrag nach § 6 NABEG eine frühzeitige bodenkundliche Baubegleitung empfohlen.

Die ressortübergreifende Arbeitsgruppe hat im März 2017 der Bundesnetzagentur und den Übertragungsnetzbetreibern TenneT TSO GmbH und Amprion GmbH Handlungsempfehlungen des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) zur frühzeitigen Berücksichtigung der Belange des Bodenschutzes in Planungsverfahren zur Erdkabelverlegung zugesandt (siehe auch http://www.netzausbau-niedersachsen.de/vorhaben/suedlink/index.html). Darin werden zur bodenkundlichen Baubegleitung vertiefende Aussagen getroffen.

Zu Position 8:

Die Auffassung des Landvolkes, dass für die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Böden im Rahmen der Leitungsverlegung unter bodenkundlicher Baubegleitung kein naturschutzfachlicher Ausgleichsbedarf angezeigt sei, da ein Eingriff nicht vorliege, wird in dieser Weise von der Niedersächsischen Landesregierung nicht geteilt. Im Zulassungsverfahren für den jeweiligen Leitungsbau hat die zuständige Zulassungsbehörde im Benehmen mit der jeweils zuständigen Naturschutzbehörde im Einzelfall zu prüfen ob ein Eingriff vorliegt oder nicht. Sofern festgestellt wird, dass durch den Leitungsbau erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgutes Boden zu erwarten sind, die nicht vermeidbar sind, sind Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorzusehen. Gem. § 15 Absatz 6 BNatSchG kann es in bestimmten Fällen auch zu einer Ersatzzahlung kommen. In der Stellungnahme der Landesregierung zum Antrag nach § 6 NABEG für SuedLink wird vorgeschlagen, die Auswirkungen der Kompensationsplanung auf die Agrarstruktur zu vermindern, indem eine agrarstrukturelle Begleitung der Kompensationsplanung im Sinne der Anforderungen des § 15 Abs. 3 BNatSchG angestrebt wird.

Zu Position 9:

§ 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB stellt die Auswahl der Sicherungsmaßnahme in das Ermessen der Genehmigungsbehörde. Das Niedersächsische OVG hat dazu in einer kürzlich ergangenen Entscheidung ausgeführt, ermessensleitend müsse das öffentliche Interesse an einer effektiven Sicherung sein (Nds. OVG, Urt. v. 10.01.2017 – 4 LC 198/15 - Rn. 57, 61). Zweck der Sicherungsmaßnahme sei es, umfassend sicherzustellen, dass die wirtschaftlichen Lasten des Rückbaus nicht von der öffentlichen Hand getragen werden müssten. Auch wenn die o. g. Entscheidung Windenergieanlagen betraf, sind die darin enthaltenen - vorstehend zusammengefassten - allgemeinen Ausführungen grundsätzlich auch für die Sicherung des Rückbaus anderer Vorhaben i. S. v. § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB maßgeblich.

Zu Position 10:

Die Niedersächsische Landesregierung ist der Auffassung, dass eine bodenkundliche Baubegleitung bereits in der Planungsphase, spätestens bei der Ermittlung eines Trassenverlaufs, vorgesehen werden muss. Dies gilt insbesondere für landwirtschaftlich genutzte Böden, deren Zustand wieder herzustellen ist. Die mit der Erdverkabelung verbundenen Bodenbeeinträchtigungen sind so gering wie möglich zu halten und alle Beteiligten für die Aspekte des vorsorgenden Bodenschutzes zu sensibilisieren, damit die Nutzung und nachhaltige Ertragsfähigkeit der landwirtschaftlichen Flächen erhalten bleiben.

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Chancen, dass die einzelnen Forderungen aus dem Punkte-Papier in die Praxis umgesetzt werden (bitte für die Forderungen getrennt angeben)?

Zu den Positionen 1, 3 und 4:

Die Positionen 1, 3 und 4 werden aufgrund des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam bewertet. Inwieweit die Entschädigungspraxis eine Änderung erfahren wird, hängt von den Bemühungen auf Bundesebene in diese Richtung ab. Insoweit wird auf die Ausführungen hierzu unter Frage 1 verwiesen.

Zu den Positionen 2, 5, 6 und 7:

Die Positionen 2, 5, 6 und 7 werden gemeinsam bewertet. Die niedersächsische Landesregierung geht davon aus, dass die verfahrensführende Behörde BNetzA und der Übertragungsnetzbetreiber TenneT Gespräche mit den Vertretern der Landwirtschaft führen werden, um im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten geeignete Lösungen zu finden.

Zu Positionen 8 und 9:

Diesbezüglich wird auf die Antworten unter Frage 1 verwiesen.

Zu Position 10:

TenneT TSO GmbH betont, anzustreben, die landwirtschaftliche Nutzung auf den Trassen nach dem Bau sicherzustellen.

3. Was hat die Landesregierung bisher getan und wird sie in Zukunft tun, damit die einzelnen Forderungen aus dem Punkte-Papier in die Praxis umgesetzt werden (bitte für die Forderungen getrennt angeben)?

Diesbezüglich wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung und zu den jeweiligen Positionen in Frage 1 verwiesen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.06.2017

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