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Antwort auf die mündliche Anfrage: Braunkohle als Notfallreserve

Antwort auf die mündliche Anfrage: Braunkohle als Notfallreserve
Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP) geantwortet.

Vorbemerkung der Abgeordneten

Bundeswirtschaftsminister Gabriel (SPD) hat sich Ende Oktober mit den Energiekonzernen RWE, Vattenfall und Mibrag über die Abschaltung verschiedener Braunkohlekraftwerke geeinigt. Bis zu dieser Abschaltung sollen die Kraftwerke bis zu sieben Jahre als Notfallreserve betrieben werden. Laut Gesetzentwurf müssen die Kohlemeiler erst nach zehn Tagen betriebsbereit sein. Das Anfahren auf Normalleistung am elften Tag darf laut Gesetzentwurf weitere dreizehn Stunden dauern. Für den Betrieb dieser Reservekraftwerke rechnen Experten mit Kosten von rund 1,6 Milliarden Euro.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Niedersächsische Landesregierung bekennt sich zu dem Ziel, die globale Temperaturerhöhung gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter auf zwei Grad zu begrenzen. Wesentlicher Bestandteil einer effektiven Klimapolitik sind ein internationales Klimaregime mit ambitionierten Emissionsminderungspfaden und ein effektiver, möglichst bald global ausgestalteter Emissionshandel. Die Niedersächsische Landesregierung setzt sich für einen erfolgreichen Abschluss der Klimakonferenz von Paris in diesem Jahr ein und bietet der Europäischen Kommission zugleich ihre Unterstützung bei der Etablierung eines wirksamen europäischen Emissionshandels an. Industrienationen können und müssen – nach Ansicht der Landesregierung – in ihrem Handeln Vorbild sein in Fragen des Klimaschutzes. Entsprechend ergreift und unterstütz die Landesregierung Maßnahmen, die dazu beitragen das 2-Grad-Ziel zu erreichen. Dazu gehört das Einhalten der nationalen Klimaschutzziele.

Um die nötige Treibhausgasreduktion bis 2020 zu erreichen, hat die Bundesregierung im Rahmen des Aktionsprogramms Klimaschutz ein Bündel an Maßnahmen vorgeschlagen. Für den Stromsektor wurde ein zusätzlicher Minderungsbedarf von 22 Millionen Tonnen CO2 identifiziert. Die Bundesregierung hat im Juli angekündigt, diesen zusätzlichen Minderungsbedarf unter anderem durch einen weiteren Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und die Einführung einer Sicherheitsbereitschaft im Kraftwerkspark bestehend aus Braunkohlekraftwerken zu decken.

Bereits in Ihrer Stellungnahme zum Grünbuch „Ein Energiemarkt für die Energiewende“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, hatte die Landesregierung im Frühjahr vorgeschlagen, mit Anteilseignern und Gewerkschaften verhandelte Abbaupfade für die Überkapazitäten im Kraftwerkspark, insbesondere für Braunkohlekraftwerke, zu verhandeln. Der jetzige Vorschlag der Bundesregierung, eine Sicherheitsbereitschaft zu schaffen, greift diese Idee grundsätzlich auf. Er trägt dazu bei, Kraftwerkskapazitäten über das sonst eintretende Maß hinaus zu reduzieren und den Strukturwandel für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sozialverträglich zu gestalten. Dies ist angesichts der vorhandenen Überkapazitäten ohne Einschränkung der hohen Versorgungssicherheitsstandards möglich und angesichts der zunehmenden Kapazitäten zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien sinnvoll sowie vor dem Hintergrund des Klimaschutzes geboten. Durch Einführung der Sicherheitsbereitschaft wird sich – nach Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums – die Umlagebelastung der Stromkunden durch Netzentgelte um rund 0,05 Ct/kWh erhöhen. In diesem Zusammenhang wird zu prüfen sein, ob die Höhe der Vergütung insbesondere vor dem Hintergrund der Altersstruktur der für die Sicherheitsbereitschaft vorgesehenen Kraftwerke angemessen ist. Noch offen ist die Prüfung der beihilferechtlichen Fragen.

1. Wie bewertet die Landesregierung den Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums und darin speziell die Tatsache, dass Braunkohlekraftwerke erst nach zehn Tagen und dreizehn Stunden betriebsbereit sein müssen?

Durch die Einführung einer Sicherheitsbereitschaft zusätzlich zu Kapazitäts- und Netzreserve wird sowohl eine weitere Möglichkeit zur Schaffung von Versorgungssicherheit im Stromsektor als auch eine geeignete Maßnahme ergriffen, um den Treibhausgasausstoß zu verringern und damit das Klima zu schützen. Vorrangig sollten jedoch Pumpspeicherkraftwerke in Anspruch genommen werden, die als Netzsicherungsanlage eingesetzt werden können. Durch Einführung des Energy-Only-Market 2.0 im Stromsektor kann, nach Auffassung der Landesregierung, grundsätzlich die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass Energie- und Regelenergiemärkte zeitweise nicht die Versorgung sicherstellen können, wird eine Kapazitätsreserve geschaffen werden, deren Umfang rund fünf Prozent der Maximallast entsprechen soll. Die Größe der Sicherheitsbereitschaft bemisst sich hingegen an den klimapolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung. Die Sicherheitsbereitschaft soll nur nachrangig zur Kapazitätsreserve eingesetzt werden. Nach Ansicht der Landesregierung ist es höchst unwahrscheinlich, dass sie gebraucht wird, um Versorgungssicherheit herzustellen. Fälle in denen sie dennoch eingesetzt werden müsste, sind höchst unwahrscheinlich und erlauben aller Voraussicht nach einen entsprechenden zeitlichen Vorlauf.

In Stellungnahmen Niedersachsens wurde darauf hingewiesen, dass bei Ausgestaltung der Sicherheitsbereitschaft darauf geachtet werden muss, dass nicht diejenigen Kraftwerke in die Sicherheitsbereitschaft überführt werden, die von den Betreibern zum Beispiel aus Altersgründen ohnehin schon zur Abschaltung vorgesehen waren. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass durch die Herausnahme die Umlagebelastung der Stromkunden weiter steigen wird und darauf zu achten sei, dass dies nur im erforderlichen Maß geschehe.

2. Welchen Nutzen hat diese Notfallreserve für die Energiewende?

Die Sicherheitsbereitschaft trägt dazu bei, die Überkapazitäten im Strommarkt zu reduzieren, und zeigt einen Abbaupfad für klimaschädliche Braunkohleverstromung auf. Durch die Herausnahme von Braunkohlekraftwerken verschiebt sich die Merit-Order des Kraftwerkseinsatzes und gibt mehr Raum für den Einsatz weniger klimaschädlicher Kraftwerke.

3. Hat die Landesregierung eigene Konzepte für eine Kraftwerksreserve, wenn ja, welche?

Die Landesregierung hat sich intensiv an den Diskussionen zu Kapazitätsmechanismen und zum Strommarktdesign beteiligt. Sie hat ihre Vorstellungen in die Konsultationsprozesse zum Grünbuch und Weißbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“ des BMWi und in der Plattform Strommarkt eingebracht. Zudem hat sie zum Referentenentwurf des Strommarktgesetzes Stellung bezogen und wird sich weiter in die Rechtssetzungsverfahren zum künftigen Strommarktdesign einbringen. Da eine kostengünstige, umwelt- und klimafreundliche sowie sichere Stromversorgung nur im nationalen und internationalen Verbund erreicht werden kann, bringt sie ihre Vorstellungen in diese Prozesse ein. Die Größenordnung der Kapazitätsreserve hält die Landesregierung für die Sicherstellung der Versorgung für ausreichend. Hinsichtlich der Sicherheitsbereitschaft wird zu prüfen sein, ob sie ausreicht, um die Klimaschutzziele zu erreichen oder ob weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den bis 2020 vorgesehenen Abbau des Treibhausgasausstoßes zu erreichen. Die Maßnahme wird in jedem Fall einen geringeren Beitrag leisten als der zunächst vorgesehene Klimabeitrag. Insofern hängt die Zielerreichung auch an ergänzenden Maßnahmen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
13.11.2015

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