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Bestraft die Landesregierung die eigenverantwortliche Vorsorge beim Hochwasserschutz?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Dr. Stefan Birkner und Dr. Gero Hocker (FDP) geantwortet.

Vorbemerkung der Abgeordneten

Mit Kabinettsbeschluss vom 3. August 2017 hat die Landesregierung die Einbringung eines Nachtragshaushalts 2017 in den Landtag beschlossen, um Haushaltsmittel für vom Hochwasser betroffene Menschen sowie kommunale Infrastruktur bereitstellen zu können.

Vorbemerkung der Landesregierung

Das Tief „Alfred“ hat ab Montag den 24.07.2017 bis zum Mittwoch den 26.07.2017 ergiebigen Dauerregen im südlichen Niedersachsen, sowie im Harz und im Harzvorland gebracht. Innerhalb von 48 Stunden wurden Niederschlagsmengen z.T. von über 100 - >150 mm registriert. An einigen Messstationen wurden vom 24.07.2017, 09:00 Uhr, bis zum 26.07.2017, 09:00 Uhr, mehr als das Doppelte des durchschnittlichen Monatsmittels für den Monat Juli verzeichnet.

Als Folge dieser Niederschläge kam es in den Flusseinzugsgebieten der Aller mit dem Nebenfluss Oker und zugehörigen Oker-Nebenflüssen im nördlichen Harzvorland, sowie der Leine mit Innerste und zugehörigen Nebenflüssen im westlichen und nördlichen Harzvorland und in einigen östlichen Nebengewässer der Weser zwischen Hannoversch-Münden und Rinteln teilweise zu Sturzfluten und großflächigen Überflutungen. Darüber hinaus haben die Niederschlagsmengen teilweise zur Überlastung der Kanalisationssysteme geführt, was ebenfalls zu Überflutungen in Siedlungsbereichen geführt hat. Durch diese Überflutungen kam es zu teilweise erheblichen Schäden sowohl an privaten Gebäuden, der öffentlichen Infrastruktur und auf landwirtschaftlichen Produktionsflächen.

Nach einer vorläufigen Auswertung von Rückmeldungen der Kommunen geht die Landesregierung gegenwärtig davon aus, dass mindestens ca. 7.000 Haushalte mit etwa 20.000 Personen von dem Hochwasser betroffen sind.

Als Hilfe für die von den Hochwasserereignissen in Niedersachsen betroffenen Menschen und Kommunen hat die Landesregierung eine schnelle und unbürokratische Hilfe zugesagt. Dafür hat der Ausschuss für Haushalt und Finanzen des Niedersächsischen Landtages am Mittwoch, 09.08.2017 einstimmig beschlossen, Mittel in Höhe von 50 Millionen Euro bereitzustellen.

Soforthilfe und weitergehende Hilfe sollen Notlagen lindern und sind an Voraussetzungen gebunden. Es handelt sich um Hilfen und nicht um Schadenersatz, den nur eine Versicherung leisten kann. Elementarschadensversicherungen sind künftig unverzichtbar. Erweiterte Soforthilfen werden grundsätzlich nachrangig geleistet. Sie können künftig nur geleistet werden, wenn eine Versicherung nicht möglich oder nicht wirtschaftlich zumutbar war. Sie sollen künftig bundesweit möglichst einheitlich gehandhabt werden. Der künftige Rahmen muss noch abgesteckt werden.

1.Wird die Landesregierung auch Hilfszahlungen an Bürgerinnen und Bürger leisten, soweit deren materielle Schäden durch eine Elementarschadensversicherung abgedeckt sind?

Bei den Hilfszahlungen orientiert sich die Landesregierung an dem Regelwerk, das seinerzeit beim Elbehochwasser 2013 praktiziert wurde. Danach besteht die Hilfe aus zwei Säulen. Zum einen - als erste Säule - soll eine Soforthilfe akute Notlagen bei der Unterkunft oder der Wiederbeschaffung von Hausrat finanziell überbrücken helfen. Zum anderen sollen - als zweite Säule – weitergehende Hilfen gewährt werden, die vor allem einen Beitrag zur Beseitigung der an den an Wohngebäuden entstandenen Schäden leisten sollen.

Mit der Soforthilfe soll eine schnelle und unbürokratische Hilfe erfolgen. Die Betroffenen benötigen notwendigste Dinge wie Hausrat, die wiederbeschafft werden müssen, oder Unterkunft, falls sie sich nicht mehr in ihrer Wohnung aufhalten können. Hierfür sollen die Geschädigten die Soforthilfe verwenden können. Den Antragstellern ist über eine entsprechende Erklärung im Antragsvordruck bekannt, dass sie, wenn und soweit Versicherungsschutz im Rahmen der geltend gemachten Notlage besteht, etwaige Ansprüche gegenüber der Versicherung in Höhe der geleisteten Hilfe an das Land Niedersachsen abzutreten haben. Die Soforthilfe wird von den Kommunen abgewickelt.

Sie wird Privathaushalten in den betroffenen Gebieten mit einem Mindestschaden von 5.000 € gewährt. Und zwar unabhängig davon, ob sie sich vielleicht durch eine Elementarschadensversicherung hätten schützen können. Pro erwachsene Person können 500 € beantragt werden, pro Kind 250 €, maximal 2.500 € pro Haushalt. Nur bei ganz besonderen akuten Notlagen ist unter strengen Voraussetzungen eine Leistung bis zu 20.000 € möglich.

Die Regelungen für die zweite Säule sind noch nicht erarbeitet. Es ist noch keine Entscheidung darüber getroffen, in welcher Weise die Leistungen von Versicherungen auf Grund einer Elementarschadenversicherung bei diesen Regelungen Berücksichtigung finden werden. Dabei wird das Interesse verfolgt, diejenigen, die keine Elementarschadenversicherung abgeschlossen haben, nicht besser zu stellen als jene, die einen Versicherungsschutz haben. Die entsprechende Richtlinie wird derzeit vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung erarbeitet.

2.Welche Anreizwirkung für die zukünftige Eigenvorsorge der Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich eines Versicherungsschutzes gegen Elementarschäden erwartet die Landesregierung durch die Hilfszahlungen?

Von den Hilfszahlungen wird keine unmittelbare Anreizwirkung für die zukünftige Eigenvorsorge erwartet. Vielmehr führt allein das Schadensereignis jedem vor Augen, die Eigenvorsorge zu verstärken und sich gegen Elementarschäden zu versichern.

Da insgesamt die Erhöhung der Verbreitung von Elementarschadensversicherungen geboten ist, soll nach dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz bundesweit eine Elementarschadenskampagne das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger noch mehr als bisher für den Abschluss einer solchen Versicherung erhöhen.

3.Wann hat die Landesregierung die im Jahr 2012 zur Information der Bürgerinnen und Bürger erstellte Informationsplattform www.elementar-versichern.niedersachsen.de gelöscht und warum?

Die vom Bundesland Bayern durchgeführte Kampagne wurde 2012 auch von Niedersachsen unterstützt. Beteiligt waren etwa 30 Versicherungsunternehmen. Die Kampagne wurde wegen Compliance Bedenken nicht fortgeführt. Stattdessen wurde eine Initiative mit dem Ziel einer Pflichtversicherung bzw. für die Einführung von Mindeststandards für Wohngebäudeversicherungen entwickelt. Dieses Thema wurde auf der Umweltministerkonferenz vom September 2013 erörtert und im Anschluss auch von der Justizministerkonferenz und der Ministerpräsidentenkonferenz aufgegriffen und beraten. Zudem ist bei verschiedenen Anlässen für den Abschluss von Elementarschadenversicherungen auf freiwilliger Basis geworben worden.

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.08.2017

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